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Apfeldiebe

Titel: Apfeldiebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Tietz
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heutigen wünschte er sich, Rufus Freund nennen zu können, doch Rufus besaß nur sehr wenig Interesse an einem Freund. Eigentlich gar keins. Er wirkte immer ein wenig abgehoben, als sei er nur zu Besuch in diesem Leben und wenn er einmal von sich aus den Mund aufmachte, sagte er Sachen, die keiner verstand und über die Kasi manchmal abends im Bett noch nachdachte. Zum Beispiel das mit dem Müll. Rufus meinte, dass die Menschen diesen Planeten zerstören und sich selbst am Ende mit, was nicht das Schlechteste sei. Alex und Max hatten nur gelacht, sich an den Kopf getippt und das Thema gewechselt. Kasimir aber hatte diese Worte mit nach Hause genommen und darüber nachgedacht. Und war zu dem Schluss gekommen, dass Rufus vielleicht ein klein wenig recht haben könnte. Überall gab es Müll, oft nahm man ihn gar nicht mehr wahr. Im Wald konnte man an den abgelegensten Stellen Plastikreste finden. Oder Flaschen und Konservenbüchsen. Das stimmte. Aber warum sollte es gut sein, wenn es keine Menschen mehr gab? Wer kümmerte sich dann um alles? Gern hätte Kasi sich darüber noch länger mit Rufus unterhalten, aber normalerweise packte der, wenn ihn jemand ansprach und er keine Lust auf eine Antwort hatte, einfach seinen schwarzen Rucksack und verschwand, entweder nach Hause oder, wahrscheinlicher, hoch auf seinen Berg. Aber heute hatte er den Weg herabgefunden und Kasimir freute sich darüber, was bedeuteten da noch Alex’ Stänkereien?
    Max blockierte das Tor, Alex kommandierte herum, forderte ständig den Ball und gab, wenn er vorbeischoss, den anderen die Schuld. Timi, Max’ Bruder, spielte Balljunge und Leni saß am Spielfeldrand und interessierte sich scheinbar viel mehr für ihre Puppe als für das Spiel der großen Jungs. Anhängsel nannte ihr großer Bruder sie meist und, wenn sie ihm besonders auf die Nerven ging, überflüssiges Anhängsel , was Leni so sicher wie das Amen in der Kirche zum Weinen brachte. Keiner wollte ein Anhängsel sein, am wenigsten, wenn man gerade erst fünf Jahre alt war. Heute aber stellte sie keine dummen Fragen, saß im Schatten der Birke, an der ihr Bruder sie mit einem langen Seil angebunden hatte, und spielte in dem so geschaffenen Radius mit ihrer Puppe.
    » Pause!« Mitten in Alex’ Angriff hinein räumte Max seinen Platz zwischen den Pfosten, Alex’ Protestschreie prallten von ihm ab wie die meisten der heutigen Torschüsse. Max setzte sich neben Leni ins Gras und trank mit der Selbstverständlichkeit des Stärkeren aus Rufus’ Flasche.
    » Fragen kannst du wohl nicht?« Max ignorierte Rufus’ Worte, trank weiter. Er trank und betrachtete dabei über die Flasche hinweg den Zugezogenen, den Besitzer der Flasche, die er gerade leerte. Dass Rufus nichts unternehmen konnte, außer den Dieb aus dunklen Augen heraus mit Pfeilen zu bombardieren, machte die Sache noch reizvoller. Das Wasser schmeckte so besonders gut und erst, als er seinen Durst gelöscht und kaum mehr als zwei, drei kleine Schlucke übrig gelassen hatte, setzte er ab. Rufus riss ihm die Flasche aus der Hand, sie kippte um und was eben noch Rufus gehörte, ergoss sich ins Gras.
    » Selber schuld«, lautete Max’ Kommentar. Rufus packte die Flasche und richtete sich auf. Hand und Plastikflasche zitterten. Nur zu gern hätte er sich auf den Älteren gestürzt, es ihm heimgezahlt. Aber er wusste, dass er in einem direkten Kampf keine Chance hatte. Man muss warten können, warten, auch wenn es das Letzte ist, was man gerade tun möchte. Rufus presste die Lippen aufeinander.
    » Hier, kannst was von mir haben.« Kasimir streckte Rufus die eigene Flasche hin und als der nicht gleich reagierte, stieß er ihn an. »Hier.«
    » Wollt ihr mal was richtig Tolles sehen?« Alex schob Rufus und Kasimir auseinander und fiel neben seinem Freund ins Gras. Hinter ihm spielte die kleine Schwester. Sie hatte ihrer Puppe ein Zelt aus Zweigen und Blättern gebaut mit einem Eingang, vorn, und einem Ausgang auf der gegenüberliegenden Seite. In Lenis Puppenwelt gefangen spazierte das Spielzeug an der Hand des Mädchens und verschwand schließlich im neuen Zuhause. Alex streckte sich nach hinten und zog etwas aus einem Versteck im Gras. Er vergewisserte sich noch einmal, dass die Schwester sich auf ihre Angelegenheiten konzentrierte und legte schließlich, beinahe feierlich, die Lanzenspitze vor seine gekreuzten Beine.
    Alex und Max hatten in den vergangenen Stunden mehr als eine Hypothese, die Bedeutung des von Alex entdeckten Raumes

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