Apocalypsis 1 (DEU)
verstummten zwar nicht, aber ich hatte nun wenigstens einen offiziellen Status, der meine Anwesenheit im Apostolischen Palast rechtfertigte. Zwar beklagten gewisse kuriale Kreise ständig, ich könnte zu viel Einfluss auf den Papst haben, aber vor allen den Römern schien es zu imponieren, dass der Papst in dieser Sache nicht nachgab. Wirklich schlimm war nur, ständig mit einer Lüge leben zu müssen.«
»Musste Maria deswegen unbedingt ins Kloster gehen?«, fragte Peter.
»Das war ihre Entscheidung«, antwortete Sophia Eichner. »Glauben Sie, dass sich Maria irgendetwas von irgendwem vorschreiben ließe? Wir konnten sie ja noch nicht einmal überzeugen, sich mit uns in Sicherheit zu bringen.«
Peter sah zu Don Luigi, der ununterbrochen rauchte, als ginge es darum, das Wohnzimmer dadurch dämonenfrei zu halten.
»Wussten Sie davon, Pater?«
»Natürlich. Ich kannte zwar nie das ganze Ausmaß der Bedrohung, aber ich wusste, wer Maria ist.«
»War das der Grund für Ihren Rücktritt?«, fragte Peter den ehemaligen Papst.
»Ja und nein. Seth hat versucht, mich mit meiner Vaterschaft zu erpressen. Aber der Rücktritt war vor allem eine Flucht und ein taktischer Zug, um Seths weit fortgeschrittenen Pläne zu durchkreuzen.«
»Wer ist Seth?«
»Ich weiß es nicht«, stöhnte Laurenz. »Bei Gott, ich wünschte, ich wüsste es. Ich bin ihm nie begegnet.«
»Sie lügen.«
»Es ist die Wahrheit, Peter. Alles, was wir wussten, ist, dass Seth einem sethianischen Orden vorsteht, der sich Träger des Lichts nennt. Eine ursprünglich frühchristliche gnostische Gemeinschaft, die an die Apokalypse des Adams und das sogenannte Ägypterevangelium glaubte. Die Gruppe war lange Zeit völlig unbedeutend. Wir haben es Ihnen zu verdanken, dass wir inzwischen mehr wissen. Wir konnten eine Insel in der Lagune von Venedig identifizieren, wo die Gruppe ein Zentrum unterhielt. Mit Hilfe von Mr. Nakashima konnten wir dort eine Geisel retten und eine Festplatte sicherstellen. Die meisten Dateien müssen noch entschlüsselt werden, aber wir wissen inzwischen ein wenig mehr über die Träger des Lichts . Wir wissen, dass sie sich als Nachfolgeorden der Templer verstehen. Wir wissen, dass sie sich im 16. Jahrhundert zu einer okkulten Sekte gewandelt haben. Ihr erster Ordenführer war John Dee.«
»Der Mann, der mit dem Sigillum Dei Kontakt zu den Engeln aufnahm?.«
Laurenz nickte. »Zusammen mit seinem Gehilfen Edward Kelly hat er aus einer harmlosen gnostischen Splittergruppe ein gefährliches okkultes Netzwerk geschaffen. Don Luigi und ich gehen inzwischen davon aus, dass John Dee irgendwie in den Besitz eines Manuskriptes von Nicolas Flamel gelangt ist. 1357 erwirbt Flamel angeblich ein geheimnisvolles Buch mit verschlüsselten alchemistischen Rezepturen. Er braucht 21 Jahre, um es zu dechiffrieren. Den entscheidenden Hinweis dazu gibt ihm ein jüdischer Gelehrter in Santiago de Compostela, der das Werk als Buch Abrahams des Juden, Prinz, Priester-Levite und Astrologe identifiziert. Angeblich soll Flamel 1382 dann die erste Metall-Transmutation gelungen sein. Er stirbt jedenfalls viele Jahre später als reicher Mann.«
»Aber woher stammte das Buch?«, rief Don Luigi dazwischen und gab gleich darauf die Antwort. »Wir vermuten, dass es auf Hermes Trismegistos zurück geht, oder auch Manetho oder Thoth genant. Diese Vermutung legt die nachträglich angebracht Hieroglyphe auf der Rückseite des Amuletts nahe. Aber vermutlich ist das Wissen noch viel älter. Ein offenbar extrem gefährliches Wissen, denn wer auch immer damit in Verbindung kam, schien alle Anstrengungen unternommen zu haben, es zu chiffrieren. Nur eingeweihte Adepten sollten die ganze Wahrheit verstehen können.«
Don Luigi hustete hart und drückte die nächste MS im bereits überquellenden Aschenbecher aus. »Wir nehmen an, dass Hugo von Payens Teile davon im Sinai entdeckte.«
»Und Hugo von Payens berichtet umgehend Bernhard von Clairvaux davon«, ergänzte Peter. »Der gründet flugs den Templerorden, ermöglicht den zweiten Kreuzzug – und alles nur, um an dieses Geheimnis zu gelangen. Und Malachias muss sterben, weil er dieses Geheimnis in seinen Visionen gesehen hatte und den Papst davon unterrichten wollte.«
»Die Frage ist, ob die Templer dieses Geheimnis tatsächlich gefunden haben«, sagte Don Luigi.
»Ich glaube nicht«, sagte Peter. »Nach dem, was ich auf der Ile de Cuivre erlebt habe, suchen die Träger des Lichts fieberhaft nach etwas, das
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