Apocalypsis 1 (DEU)
weshalb sie ihm nicht verdächtig erschienen war. Zudem war sie von der persönlichen E-Mail-Adresse des Papstes verschickt worden. Bühler hätte dem Mann am liebsten die Fresse poliert.
»Diese verdammten italienischen Arschlöcher!«, brüllte Bühler im Kommandoraum der Garde. »Ich will wissen, woher diese verdammte E-Mail kam!«
Ein junger Gardist reichte ihm ein Internet-Protokoll, das den Weg der E-Mail dokumentierte.
»Herr Oberst, melde, wir haben leider die IP-Adresse des Ursprungsservers nicht verifizieren können.« Der Mann sprach langsam, mit schwerer Berner Zunge. »Die Mail ist vermutlich über verschiedene Proxies verschickt worden.«
»Und das bedeutet?«
»Der Absender hat seine Spuren verwischt. Sehr geschickt, übrigens.«
»Wie ist es möglich, dass diese Mail von der Privatadresse des Papstes und mit seinem Sicherheitszertifikat verschickt wurde – aber nicht vom internen Server des Vatikans?«
»An dieser Frage arbeiten wir noch, Herr Oberst.«
Bühler zwang sich zur Ruhe. »Was ist mit dem Video? Ist es echt oder ein Fake?«
Der junge Hellebardier räusperte sich.
»Nach allem, was wir nach einer ersten Bildanalyse zurzeit sagen können … ist es echt.«
Bühler stöhnte und sah sich das Video erneut an. Es war nicht länger als knapp 4 Minuten. Wenn es tatsächlich echt war, dann konnte es in Bühlers Augen womöglich eine Verschärfung der Lage bedeuten. Es konnte bedeuten, dass der ehemalige Papst selbst Teil des Problems war. Wenn nicht gar schlimmer.
XII
9. Mai 2011, Vatikanstadt
D ie Erschütterung war Peter Adam immer noch deutlich anzusehen. Er saß blass in Don Luigis Küche und trank seinen dritten Espresso, den ihm der Exorzist in einer alten, etwas schmuddeligen Aluminiumkanne zusammen mit Grappa aufgebrüht hatte. Maria betrachtete ihn mitfühlend, nur der Jesuit schien ganz die Gelassenheit selbst zu sein und schenkte Peter Grappa nach. Schweigen spannte sich zwischen den dreien auf. Von draußen hörte man Vogelgezwitscher.
»Ich halte Sie nicht für besessen, mein Freund«, unterbrach Don Luigi schließlich die Stille und beendete seine Überlegungen.
Peter sah ihn verwundert an. »Danke, sehr beruhigend«, murmelte er sarkastisch. »Und was ist Ihre Erklärung dafür ?«
»Sie hatten eine Vision, ganz einfach. Das ist ein großer Unterschied. Was Sie im Traum gesehen und gehört haben, war eine Vision. Eine ziemlich erschreckende und konkrete Vision, wie ich zugeben muss.«
»Wollen Sie damit sagen, dass in sieben – nein, jetzt nur noch sechs Tagen der Vatikan wirklich in die Luft fliegt?«
Don Luigi hob die Hände. »Das weiß nur unser Herrgott. Eine Vision stellt keine unausweichliche Tatsache dar.«
»Sondern?«
»Eine Wahrscheinlichkeit. Einen von mehreren möglichen Wegen, die das Schicksal nehmen kann. Mit Leibniz gesprochen, eine von vielen möglichen Welten. Wem der Herr eine Vision schickt, den ruft er damit auf zu handeln. Das Schicksal zu wenden. Die Welt zu warnen.«
»Sie meinen, ich sollte mit meinem Traum an die Medien gehen und Alarm schlagen? Hey, Leute, hört mal alle her, ich hab geträumt, dass der Vatikan in die Luft fliegt. Bringt euch besser in Sicherheit und sucht nach der Bombe!«
Maria atmete wieder missbilligend aus. Don Luigi lächelte sie an und wandte sich dann wieder an Peter.
»Für verrückt gehalten zu werden ist das Berufsrisiko aller Propheten.«
»Danke, ich verzichte. Ich glaube nicht, dass ich eine Vision hatte. Es muss eine Erklärung geben. Massensuggestion, Hypnose, irgendwas.«
Vergiss es, du weißt es besser.
»Denken Sie nach, Peter. Sie wissen es besser.«
Peter stöhnte.
»Sie kennen doch die Prophezeiung von Fátima, nicht wahr?« fragte Don Luigi.
»Ja. Angeblich ist 1917 im portugiesischen Fátima drei Kindern die Jungfrau Maria erschienen und hat ihnen drei Prophezeiungen diktiert. Die erste wurde als Vision der Hölle gedeutet, die zweite als Ankündigung des zweiten Weltkrieges und die dritte, die der Vatikan bis ins Jahr 2000 unter Verschluss gehalten hat, entwirft eine krude apokalyptische Szenerie voller Zerstörung, in der der Papst ermordet wird. Man hat die dritte Prophezeiung mit dem Attentat auf Johannes Paul II. im Jahr 1981 in Verbindung gebracht, das am Jahrestag der ersten Prophezeiung erfolgte.«
»Sehr gut!« rief Don Luigi aus. »Aber wussten Sie, dass es noch eine vierte Prophezeiung gibt?«
Peter sah Don Luigi entgeistert an, und auch Maria starrte den alten
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