Apocalypsis 1 (DEU)
und auf sich selbst, der sich so leicht ins Bockshorn jagen ließ.
»Vielleicht sollte ich mich lieber gleich der Polizei stellen«, presste er heraus. »Dann wird ja keine Gefahr bestehen.«
»Das denke ich nicht«, meldet sich jetzt Maria. »Don Luigi hat Recht. Sie dürfen sich nicht so einfach in Ihr Schicksal ergeben.«
»Und was soll ich Ihrer Meinung nach bitteschön tun?«
Don Luigi schenkte ihm noch einen Grappa nach. »Wir erleben die vielleicht größte Krise, die die Kirche und die ganze Welt je erlebt haben. Die Welt ist in Gefahr, Peter. Vielleicht sind Sie auserwählt.«
Auserwählt.
Das Wort bestürzte ihn zutiefst. Weil es nicht wahr sein konnte. Nicht wahr sein durfte. Er glaubte nicht an Gott, an keinen Gott. Der Mensch war allein in der Welt! Sein ganzes Selbstverständnis kreiste um diese Überzeugung. Allein in der Welt und allein für sich verantwortlich. Als junger Journalist hatte er sich deswegen die katholische Kirche als Gegner ausgesucht, um ihr Lügen und Manipulation nachzuweisen. Ellen hatte ihm oft vorgehalten, dass er mit seinem missionarischen Atheismus im Grunde nicht besser sei als die religiösen Eiferer, gegen die er sich wandte.
Peter stöhnte. »Ich lehne dankend ab, hören Sie? Ich verzichte! Das ist nicht meine Kirche! Ich habe weder einen Grund, sie zu vernichten, noch sie zu retten.«
Don Luigi verwarf den Einwand abermals mit einer Handbewegung. »Ich weiß, Sie halten sich für einen Atheisten, aber glauben Sie mir, ich weiß es besser. Sonst hätten Sie nie so leidenschaftlich über uns berichtet. Nein, Peter, Sie sind kein Atheist, Sie sind nur ein Zweifler. Das ist gut.«
Peter wollte etwas einwenden, schwieg aber betroffen.
Auserwählt! Du hast es immer geahnt!
»Der Papst ist zurückgetreten«, fuhr Don Luigi unbeirrt fort, »und er wird, so wie ich ihn kenne, gute Gründe dafür gehabt haben. Wussten Sie, dass Monsignore Duncker, sein Privatsekretär, am Tag des Rücktritts ermordet wurde?«
»Ich denke, es war ein Unfall mit dem Hubschrauber?«
»Das ist die offizielle Version. Die Wahrheit ist, dass er mit einer Machete buchstäblich zerhackt wurde. Furchtbare Dinge passieren, Peter. Der Chauffeur des Papstes ist ebenfalls ermordet worden.«
»Was ist mit Sophia Eichner?«
Don Luigi ging nicht darauf ein. »Papst Johannes Paul III. besaß noch eine Wohnung in der Via Palermo. Er hat sie auf den Namen seines Chauffeurs gekauft und für verschiedene inoffizielle Treffen benutzt.«
»Sie meinen als Liebesnest?«
»Nein, das meine ich nicht!«, donnerte Luigi unvermittelt. »Ein bisschen Respekt vor dem höchsten Amt der Kirche darf ich auch von Ihnen noch erwarten, oder?«
»Tut mir leid, Pater. Was wollen Sie mir sagen?«
»Irgendeine Macht ist dabei, die Kirche anzugreifen. Wenn Sie es nicht verhindern, Peter, wird von heute an in sechs Tagen der ganze Vatikan in die Luft fliegen.«
Peter stöhnte wieder und dachte nach.
»Ich muss mit Laurenz sprechen«, erklärte er schließlich. Er zeigte Don Luigi und Maria das Spiralsymbol und berichtete kurz, was Loretta herausgefunden hatte. Weder der Pater noch Maria konnten sich jedoch einen Reim auf den Zusammenhang zwischen dem Symbol, den drei Todesfällen und dem Rücktritt des Papstes machen.
»Wie auch immer«, erklärte Peter nun fester. »Ich muss Laurenz finden. Werden Sie mir dabei helfen, Don Luigi?«
XIII
9. Mai 2011, Apostolischer Palast, Vatikanstadt
D er ehemalige Kardinalstaatssekretär Menendez hatte alle Hände voll zu tun. Als Vorsitzender des Kardinalskollegiums musste er das Konklave vorbereiten, und er war entschlossen, das Machtvakuum zu füllen, das Franz Laurenz hinterlassen hatte. Er wollte der nächste Papst werden, der erste Papst des Opus Dei. Keine leichte Aufgabe in dieser Krisensituation, die die wahlberechtigten Kardinäle verunsicherte und mit Misstrauen erfüllte.
Menendez war nach wie vor überzeugt, dass der Ex-Papst mit seinem Rücktritt und seinem spurlosen Verschwinden einen Plan verfolgte, der die Kirche spalten sollte. Menendez hatte speziell ausgebildete Numarier des Opus Dei auf die Suche nach Laurenz angesetzt und stand überdies in ständigem Kontakt mit Vertretern verschiedener Regierungen und Geheimdienste. Bislang ohne Ergebnis. Umso mehr war Menendez entschlossen, Laurenz aufzustöbern und für alle Zeit zu neutralisieren. In welcher Form, würde sich zeigen.
Seit einigen Tagen trafen die ersten wahlberechtigten Kardinäle in Rom ein. Die meisten
Weitere Kostenlose Bücher