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Apocalypsis Collector's Pack Deutsch - Webnovel: Apocalypsis Collector's Pack Deutsch

Apocalypsis Collector's Pack Deutsch - Webnovel: Apocalypsis Collector's Pack Deutsch

Titel: Apocalypsis Collector's Pack Deutsch - Webnovel: Apocalypsis Collector's Pack Deutsch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Webnovel
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Erinnerung, dass sie je existiert hatte. Maria konnte den Hass spüren, der diese Stadt vernichtete, sie konnte das Leid der Tausenden und Abertausenden spüren. Das Leid wuchs und wuchs und raste wie ein Sturm um die Welt. Eine ganze Welt aus Leid, nie verlöschend. Maria sah Ruinen in der schwarzen Wüste, sie sah, wie ein Mann eine Frau bestialisch ermordete. Und dieser Mann war Peter.
    Maria krümmte sich wimmernd vor dem Bett zusammen – aber sie betete weiter Perle für Perle. Perle für Perle sah sie Werden und Vergehen. Sie sah Frauen Kinder gebären, die unter ihren Schößen zu erwachsenen Menschen heranwuchsen, vergreisten und starben. Die Frauen weinten, aber sie gebaren weiter Kind für Kind. Perle für Perle. Maria sah die kleine Grace mit einer Kalashnikov in der Hand. Wie sie ihre Eltern erschoss und die Männer um sie herum nur lachten. Maria sah ihre eigenen Eltern, wie sie miteinander schliefen. Sie sah ihren eigenen Anfang. Sie sah das mittelalterliche Paris, ein heruntergekommenes Viertel an der Seine, das Haus eines Kopisten und darin ein alchemistisches Labor, wo ein Mann mit einer ledernen Mütze versuchte, einen Ofen zu befeuern. Soldaten stürmten sein Haus, verwüsteten das Labor und nahmen seine Pergamente an sich. Nur ein Buch, das der Mann mit der ledernen Mütze noch unter den Bodendielen verstecken konnte, fanden sie nicht. Maria erkannte das Zeichen des Amuletts auf dem Einband. Sie flog mit dem Wind davon und sah einen englischen Gelehrten am Hof von Elisabeth I. mit seinem Gehilfen an einem Tisch, in den Pentagramme und rätselhafte Zeichen eingeschrieben waren. Die beiden murmelten Worte in einer unverständlichen Sprache. Daraufhin begannen die Schriftzeichen auf der Tafel zu leuchten. Maria sah Pestopfer in Venedig und hörte ihre verzweifelten Schreie. Maria hörte so viel. Sie hörte das wohlige Glucksen von Millionen und Abermillionen von Babys. Sie hörte die Agonie von Millionen von Sterbenden, die Kakophonie ihrer letzten gestammelten Worte, ihr Verlöschen. In einem einzigen gepressten Stöhnen hörte Maria die Stimmen aller Menschen, die je auf dieser Welt gelebt hatten. Maria sah eine Sonnenfinsternis und dann die Apokalypse in den Bildern eines mittelalterlichen Meisters aus Bamberg. Sie erkannte die sieben Schalen des Zorns, sie hörte die Stimme der großen Hure Babylon, und es war die Stimme eines Mannes, die ihr obszöne, gotteslästerliche Dinge zuraunte. Dann sah sie einen Kardinal in einem Flughafengebäude. Er wusch sich die Hände, denn seine Hände waren voller Blut. Und als der Kardinal sich umwandte, sah Maria, dass sein Gesicht die Züge der großen Hure trug, und in seinen Händen hielt er die sieben Schalen des Zorns, die Verwüstung und Elend über die Welt bringen würden. Und die Zahl des Tieres war nicht 666 sondern 306.
    Perle für Perle betend sah Maria furchtbare und rätselhafte Dinge vor sich aufblitzen. Völker entstanden und vergingen, Die Sonne ging auf und wieder unter, alles geschah rasend schnell. Stürme und Jahreszeiten wirbelten über die Erde, Jahrhunderte in einem Atemzug. Maria sah Geburten und Tode, Kriege und kurze Momente des Glücks. Das einzige, was sie nicht sah – war Gott. Gott verbarg sich. Oder er kam in diesem entsetzlichen Tohuwabohu einfach nicht mehr vor.
    Maria sah unbegreifliche Dinge, die den Verstand eines Menschen überstiegen. Und dahinter lauerte etwas abgrundtief Böses, das sich von der Angst und dem Leid der Welt ernährte wie ein Parasit von seinem Wirtstier, und ihr wurde klar, dass dieser namenlose Parasit die Welt gierig und rücksichtslos aussaugen und ihre vertrockneten Reste dem großen Vergessen überlassen würde.
    Bis zur letzten Perle. Es gab keinen Gott, der es aufhalten konnte. Keine Hoffnung.
    Wimmernd vor seelischer Qual betete Maria die letzte Perle des Kranzes. Und als sie zum Salve Regina ansetzte, sprach eine Stimme zu ihr, mild und beruhigend wie eine geliebte Erinnerung.
    »Fürchte dich nicht, Maria.«
    Maria hob den Kopf und erblickte die Heilige Jungfrau. Leuchtend und schön stand sie vor ihr am Fenster, gehüllt in eine schlichte graue Tunika und ein Kopftuch. Die Heilige Jungfrau streckte ihr eine Hand entgegen.
    »Wofür fürchtest du dich?«
    »Vor dem Leid, dass ich gesehen habe«, flüsterte Maria. »Vor dem Bösen.«
    »Fürchte dich nicht. Du musst glauben. Das Leid und das Böse sind nur das Ausatmen der Welt. Sie gehören zum Leben dazu.«
    »Es wird uns alle vernichten«,

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