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Apollofalter

Apollofalter

Titel: Apollofalter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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Blick von dem innige Verliebtheit demonstrierenden Paar. »Sag mir, wer Kriege führt. Wer seit Menschengedenken schon immer Kriege geführt hat. Etwa Frauen? Aber so weit brauchen wir gar nicht zurückzugehen. Schau dir doch die Statistiken an. Wie viel Prozent gewalttätige Männer gibt es? Und wie viel Prozent sind Frauen? Wer bevölkert die Gefängnisse und kostet den Staat einen Haufen Geld?«
    »Oh, jetzt bemühen wir also die Statistiken.«
    »Statistiken sprechen eine klare und nicht zu widerlegende Sprache«, antwortete sie mit Nachdruck.
    Die Kellnerin stellte die dampfenden Blumenkohlmedaillons vor Hinterhuber auf den Tisch. Er griff nach seinem Besteck.
    »Männer sind wenigstens nicht hinterlistig. Wenn sie zuschlagen, dann spricht das ebenfalls eine klare Sprache«, sagte er, während er sich seinem Essen zu widmen begann.
    »Was meinst du denn jetzt damit?« Sie hielt einen Augenblick inne. Ihre Gabel schwebte in der Luft.
    »Nun, es soll Frauen geben, insbesondere Kriminalhauptkommissarinnen, die grundsätzlich gegen die Einstellung von männlichen Kollegen sind. Und dies mit einer ziemlichen Nachhaltigkeit durchzusetzen versuchen«, sagte er und schob sich eine Gabel voll Blumenkohl in den Mund. Sofort blies er die Backen auf und produzierte hechelnd Abkühlgeräusche. »Mann, ist das heiß«, mümmelte er mit vollem Mund.
    »Was willst du damit sagen?« Sie kniff die Augen zusammen. Die rechte Kontaktlinse verrutschte, sodass sie ihre Umgebung nur noch verschwommen wahrnahm. Gleichzeitig musste sie heftig blinzeln. Sie legte ihre Gabel beiseite, fasste mit einem geschickten Griff Oberlid und Unterlid und rückte die Linse wieder gerade. Dabei vermied sie es, direkt ins Auge zu fassen. Nach einigen Lidschlägen saß die Kontaktlinse wieder korrekt.
    »Du weißt genau, was ich damit sagen will. Es gibt auch ein wenig schönes Wort dafür und das heißt Mobbing. Da sind die Frauen den Männern eindeutig überlegen. Wo du doch so gern den Statistiken vertraust.«
    »Du meinst also, ich hätte dich gemobbt«, konstatierte sie. Gleichzeitig wunderte sie sich, wieso er sie erst jetzt darauf ansprach. »Nur weil ich eine Frau als Kollegin wollte«, fügte sie hinzu.
    »Wie würdest du denn diesen Tatbestand nennen?«
    Sie zuckte mit den Schultern. »Ganz davon abgesehen, dass dies längst passé ist – ich hatte ja gar nichts gegen dich persönlich. Du hattest eindeutig die besseren Trümpfe.« Sie lächelte ihn mit Verschwörermiene an. »Und mittlerweile kommen wir doch ganz gut miteinander klar, oder nicht?«
    »Obwohl ich ein Mann bin.« Er schob sich ein weiteres Stück seines Blumenkohlmedaillons in den Mund, diesmal nicht ohne vorher darüber zu blasen.
    »Obwohl du ein Mann bist und ein Bayer dazu.« Sie hoffte, mit dieser Bemerkung seine grimmige Miene wieder aufzuhellen.
    »Obwohl Frauen die besseren Menschen sind.« Witzig klang das nicht.
    »Ach, Hubi, komm schon. Das ist doch alles relativ.«
    »Jetzt auf einmal?«
    Sie stocherte nach dem letzten Salatblatt und schob es in den Mund. Richtig satt war sie nicht geworden. Als sie den Blick hob, schaute sie direkt in seine Augen. Es lag ein merkwürdiger Ausdruck darin, den sie nicht recht zu deuten wusste.
    »Dann spielt es also auch überhaupt keine Rolle, dass die vorsitzende Richterin, die den Freispruch für diesen Menschen dort erwirkt hat«, er wies in die Richtung des Tisches, an dem Julius Melzer saß, »weiblichen Geschlechts war – oder?«
     

5
    Er packte seine Wäsche aus. Legte sie ordentlich in den Schrank. Zwei seiner wichtigsten Schmetterlingsbücher hatte er mitgebracht. Den Fotoapparat und die Filmkamera legte er griffbereit auf den kleinen Schreibtisch. An der Wand hing ein Moselpanorama in Aquarellfarbtönen. Es sah naiv und wenig künstlerisch aus. Vielleicht das Bild eines Kindes. Den Nabokov legte er auf den Nachttisch. Neben seine Uhr.
    Dann ging er nach draußen, die Treppe hinunter. Gut, dass er seine Jacke übergezogen hatte. Es war nach wie vor sonnig, aber kühl. Für die Jahreszeit zu kühl, wie auch der Wetterbericht bestätigt hatte. Eine anhaltend kühle Witterung würde den Schlüpf-Prozess des Apollofalters verzögern. Wenn er geduldig genug ausharrte, gelang es ihm vielleicht, diesen Vorgang zu filmen. Er sah nach oben. Der blaue Himmel war durchzogen von einigen Schleierwolken. Die Kondensspur eines Flugzeugs durchschnitt das transparente Blau und ging mit dem schlierigen Wolkenweiß eine interessante, an

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