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Apollofalter

Apollofalter

Titel: Apollofalter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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denn?«
    »Na ja, Mütter schimpfen doch immer, wenn Töchter so was machen. Weil man es doch ein Leben lang behält.«
    »Ich bin eben nicht wie andere Mütter.«
    Georgina lachte auf. »Ja, ich weiß. Trotzdem.«
    »Außerdem hab ich nicht vergessen, dass ich selbst ein Tattoo habe.«
    »Schon. Aber du hast auch immer gesagt, so was würdest du nie wieder machen.«
    »Nun ja, es ist eine Entscheidung, die du bewusst getroffen hast. Und du weißt ja, dass so was nicht mehr rückgängig zu machen ist. Immer und ewig wird jetzt eine rote Rose deinen süßen Po zieren.«
    Georgina kicherte. »Du fällst aber auch auf alles herein.«
    »Wieso?«
    »Es ist doch nur eins von diesen abwaschbaren Tattoos. Ich wollte es bloß mal ausprobieren. Und hören, wie du drauf reagierst.«
    »Jetzt bin ich aber doch erleichtert«, gab Franca ehrlich zu.
    »Das hab ich mir gedacht. – Und wie läuft’s bei dir so? Viel zu tun?«, erkundigte sich ihre höfliche Tochter.
    »Nun ja, wie immer.« Sofort stand das Bild des toten Mädchens wieder vor ihren Augen. »Ich bin jedenfalls froh, dass es dir gut geht, Gina«, sagte sie weich. Im Stillen fügte sie hinzu: Ich bin heilfroh, dass du von Debbie behütet wirst, auch wenn sie es manchmal mit dem Beschützen übertreibt. Aber das ist immer noch besser als tödlich verletzt hinter irgendeinem Dornbusch zu liegen.
    »Mama, du weißt, dass ich es nicht leiden kann, wenn du mich Gina nennst.« Der alte zickige Tonfall. Doch ihre Tochter schwenkte gleich wieder um. »Hier nennen mich alle Georgie. Das finde ich echt cool. Überhaupt, Amerika ist ein echt cooles Land. Die Leute sind alle so freundlich und nett.«
    »Das freut mich. Diese Erfahrung hab ich übrigens auch gemacht. Dass die Amerikaner freundlich und nett sind.« Ganz im Gegensatz zu dem Bild, das man in Deutschland gern von ihnen malt.
    »Mammi, ich hab dich lieb.«
    »Ich dich auch, meine Süße. Lass es dir weiter gut gehen.«
    »Ganz bestimmt.«
    »Und ärgere die arme Debbie nicht allzu sehr.«
    Ein kurzes Auflachen. Noch zwei Küsschen. Dann hatte sie aufgelegt. Ihre fünfzehnjährige Tochter war gut aufgehoben, sie wurde beschützt und geliebt. Franca brauchte sich keine Sorgen um sie zu machen. Wirklich nicht.
    Sie duschte schnell und zog sich frische Sachen an. Dann fuhr sie zurück nach Winningen.
    Den Angehörigen die schlimme Nachricht überbringen, sah sie als ihre Aufgabe an. Hinterhuber sollte wenigstens den Rest seines Hochzeitstages mit seiner Frau verbringen. Aber so wie sie war, in den Sportklamotten, hatte sie Hannahs Mutter nicht unter die Augen treten wollen. Herrn Bick und den Polen war eingeschärft worden, vorerst nichts auszuplaudern. Sie wusste, dass eine Nachricht wie diese sich in dem Dorf ausbreiten würde wie ein Lauffeuer.
    Es war bereits dunkel, als sie vor dem Löwenhof hielt.
    Nachdem Franca mehrmals den Türklopfer über dem messingfarbenen Löwenkopf betätigt hatte, erschien am Fenster die Gestalt einer Frau. »Komme gleich. Ganz kleinen Moment.« Im Inneren hörte man schwere Tritte. Dann wurde die Tür geöffnet. »Ja, bitte?« Die Frau machte ein freundliches Gesicht. Offensichtlich hatte sie tatsächlich nichts von dem Polizeieinsatz oben in den Weinbergen mitbekommen. Sie war groß und dick. Auf ihrer rechten Wange prangte ein auffälliges Feuermal, das sie mit Make-up zu überdecken versucht hatte.
    »Frau Lingat?« Francas Mund war trocken. Sie hasste solche Momente. Weil sie sie so hilflos machten. »Marion Lingat?«
    Die Frau schüttelte den Kopf. »Marion ist meine Schwester. Ich bin Irmtraud. Marion ist nicht im Haus.« Ihr Lächeln wurde unsicher. »Worum geht’s denn? Vielleicht kann ich Ihnen ja auch weiterhelfen.«
    »Mein Name ist Franca Mazzari. Dürfte ich einen Moment reinkommen?«
    »Gern.« Sie drehte sich um und lief voraus. Während Franca ihr durch den schlecht beleuchteten Flur folgte, dachte sie: Was für ein furchtbares Sackkleid die anhat. Vielleicht würde sie nicht ganz so dick wirken, wenn sie sich vorteilhafter kleidete.
    Sie nahmen im Wohnzimmer Platz. Ein Zimmer, das vollgestellt war mit dunklen Möbeln und aussah, als ob dort nie ein Mensch wohnte. So was hatte es in ihrem Elternhaus auch gegeben. Die gute Stube, die man nur benutzte, wenn Besuch kam. Auf einem runden Tisch lag eine Häkeldecke, darauf stand ein Strauß Lilien in einer silbernen Vase. Beim näheren Hinsehen erkannte Franca, dass es künstliche Lilien waren. Blumen, die keinen Dreck machten

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