Apollofalter
bunten Seiten lächelten ihm Elfen mit zarten menschlichen Gesichtern und Schmetterlingsflügeln entgegen. Und Fühlern so zart wie eine Daunenrispe.
»Du hast einen Wunsch frei«, flüsterte die Zauberfee dem Jungen zu. »Was immer du dir wünschst, ich werde es dir erfüllen.« In einer der Elfen erkannte er Hannah. Sie klimperte mit dichtbewimperten Lidern über aquamarinblauen Augen. Ihre kleine Zunge schnellte zwischen rosa Lippen hervor, eine zarte Hand schloss sich um die seine. Führte sie an ihren Körper. Lächelnd. »Komm doch«, flüsterte sie. »Ist es nicht das, was du dir wünschst?«
Das Bild zerstob. Im nächsten Moment waren ihre Augen tot. Leblos lag das Mädchen in seinen Armen. Voller Angst schüttelte er sie. Bedeckte ihr Gesicht mit Küssen. Hannah, Hannah, wach auf. Du sollst mich nicht so erschrecken! Wach doch bitte, bitte auf!
Jäh schnappte er nach Luft und fasste sich an die schmerzende Brust. Die Schlafanzugjacke war schweißnass. Sein Herz hämmerte wild. In seinem Kopf jagte eine Explosion die nächste.
Hannah, Hannah, hallte es wider. Ein schier unerträgliches Echo.
Gleichzeitig breitete sich dieses schreckliche Verstehen in ihm aus: Hannah ist tot. Nie wieder wirst du ihre Hand spüren. Nie wieder wirst du ihre Haut streicheln, ihren Mund küssen können. Diesen schrecklich süßen verheißungsvollen Mund.
Mit einem furchtbaren Engegefühl in der Brust lag er im Bett und starrte in die Dunkelheit. Die Hände um die Bettdecke gekrampft. Erinnerungen stürmten auf ihn ein, die ihn fast in ihrer Plastizität fast erdrückten. Seine erste Nacht in diesem Bett. Als er bemerkte, wie sich sein Glied zu regen begann, sobald er an Hannah dachte. Eine Erektion, ebenso angenehm wie schmerzhaft. Ein Druck, den er loswerden wollte. Schließlich setzte er sich auf. Ging im Zimmer umher. Als er den Vorhang zur Seite schob, sah er, dass draußen am nachtschwarzen Himmel ein kalter Mond hing.
Alles schien sich zu wiederholen.
Damals war er über den Gang hinüber auf die Toilette getappt. Ohne Licht zu machen, hatte er im Stehen gepinkelt. Zurück auf dem Flur lauschte er in die Stille. Hannahs Zimmer lag ein Stockwerk tiefer am Ende des Flurs. Bevor er sich richtig im Klaren über sein Tun war, schlich er bereits die Treppe hinunter. Das Holz knarrte. Er versuchte, so wenig Lärm wie möglich zu machen. Zögernd stand er vor ihrer Tür. Drückte vorsichtig die Klinke. Die Tür war nicht abgeschlossen.
Das Mondlicht schien zum Fenster herein und tauchte das Innere des Zimmers in ein diffuses Licht. Seine Augen hatten sich an die Dunkelheit gewöhnt. Er konnte ihre Silhouette sehen. Sie lag auf dem Bauch, das Haar verwuschelt auf das Kissen gebreitet. Die Bettdecke war halb heruntergerutscht. Sie trug nur ein kurzes Hemdchen. Darunter lugten ihre Pobacken hervor.
Es war einer jener Augenblicke, auf die er sein ganzes Leben lang gewartet zu haben schien. Der ihn für alles entschädigte. Das Blut stieg ihm in den Kopf. Er stand da, die Hand im Schritt. Fest auf sein Glied gepresst. Und wagte nicht, sich zu regen. Stundenlang hätte er so stehen können. Und auf das Bett starren, in dem sie lag. Sein kleines Püppchen mit den zarten Gliedern.
Hannah bewegte sich. Ein kleines schmatzendes Geräusch trat über ihre Lippen.
Urplötzlich tauchten orangegelbe Feueraugen aus der Dunkelheit auf. Augen, die ihn anstarrten. Augen, die ihn anklagten. Er löste sich aus seiner Erstarrung.
Schämst du dich nicht? Schämst du dich denn gar nicht?
Vorbei war der wundervolle Augenblick. Aus und vorbei. War er denn von allen guten Geistern verlassen? Hatte er noch alle sieben Sinne beisammen? Was, wenn Hannah aufwachte und ihn neben ihrem Bett stehen sah? Was, wenn ihn irgendjemand beobachtet hatte, wie er in ihrem Zimmer verschwunden war?
Leise zog er die Tür hinter sich zu. Wie ein geprügelter Hund schlich er den Gang entlang die Treppe hinauf in sein Zimmer. Legte sich ins Bett und deckte sich zu. Aber gegen die Bilder konnte er sich nicht wehren. Sobald er die Augen schloss, sah er sie wieder. Die runden nackten Pobacken. Das schlafende Gesicht. Den verheißungsvoll offenstehenden Herzmund.
Ein Gedankenfilm, der schmerzte. Auch, weil er sah, wie sich ein schweres Gewicht auf dieses Zarte legte und ihren kleinen Körper zu erdrücken drohte.
Von draußen ertönte ein langgezogener Klageruf. Rollige Katzen im Liebeskampfgeschrei. Lang anhaltend und wehklagend. Im Tierreich war dies nichts
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