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Apollonia

Apollonia

Titel: Apollonia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annegret Held
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von seinen achtzig Cent, die er jeden Tag verdient hat, im Kriegsgefangenenlager Atlanta in Nebraska. Der violette Ring, der nachher in der Küchenschublade lag bei den Palottinerheften, und meine Großmutter sagte, der ist aus Frankreich, meine Mutter aber sagte, mein Großvater hat ihn aus der Gefangenschaft mitgebracht, so oder so, Apollonia besaß in ihrem Leben nur einen einzigen Ring, und er schimmerte violett und war viereckig, und mein Großvater schenkte ihn ihr in Frankreich, als sie glücklich war, und er brachte ihn ihr mit, als er aus der Gefangenschaft kam in Amerika.
    Meine Großmutter hatte nun begriffen, dass sie sich mehr Mühe geben musste um meinen Großvater, da sie ja froh sein musste, dass sie ihren Mann lebend wiederbekommen hatte und die anderen nicht. Alle hatten gesagt, sie müsse ein schöneres Gesicht machen und auch mal einen Spaß vertragen, und es sei auch nicht immer richtig gewesen, was der Dapprechter Gustav gesagt hätte: Wer lacht, ist töricht und eine dumme Gans. Mit einem bösen Gesicht kann man einen Mann vergraulen, und dann vertreibt man den Sonnenschein aus dem Heim, und die Milch wird sauer, und das kann kein Mensch leiden. Dass es auch anders geht, sieht man ja an den Amerikanern, sie sind freundlich immerzu, sie gehen in Honiels Saal und zeigen den Leuten Filme von Scharlie Schäplin. Da kann man sich kaputtlachen, da muss man lachen, bis einem die Rippen wehtun, da kommt man von den Knien gar nicht mehr hoch und wird man beim ersten Mal richtig nervös, weil man es nicht gewöhnt ist.
    Meine Mutter Marianne, ja die, die konnte da mittun, und als die Amis auf die Struderlehe zogen und anfingen, mit der Band Musik zu machen, da ging es richtig rund, da herrschten ganz andere Sitten!
    Glenn Miller, sagte sie. Die Amis spielten auf der Struderlehe vor dem Kasino einfach Glenn Miller, und alle verloren den Verstand. Die Mädchen waren nicht mehr zu halten! Sie kamen von nah und fern auf die Struderlehe gestürmt, sie kamen von Scholmerbach und von Hellersberg, von Böllsbach und von Ellingen und von Wällershofen und von Pfeifensterz, von Linnen und von Wennerode, sie kamen zu Fuß und mit dem Fahrrad und mit den Karren gefahren, und sie kreischten und sie tanzten und sie lachten! Glenn Miller war der letzte Schrei, und die Amis spielten ihn, bis die Wangen glühten und den Amis die Augen hervortraten und kein Blut mehr in ihren Fingern war, und dann mussten sie ihn noch zehnmal spielen. Pennsylvania five six o-o-o! Alle waren sie außer Rand und Band, und das Lachen quoll und schrie und stürzte aus ihnen heraus.
    Denn die Mädchen hatten fünf Jahre keine Kirmes gehabt.
    Da die Mädchen nun so lachten und die Amerikaner und die Zimmermänner schon immer viel und laut gelacht hatten und Marianne mit den Mädchen zum Honiels ging und dort im Saal Dick und Doof sah und noch mehr lachte, und alle so lachen mussten, dass sie beinahe gestorben wären, da musste auch Apollonia sich um das Lachen bemühen und um die Geselligkeit, und sie wollte es von nun an besser machen und auch mal einen Spaß vertragen und einen aufgesetzten Kirsch mittrinken und die Kriegskameraden von Klemens in der Küche bewirten oder die leidigen Ruhrpottwitwen. Auch wenn es nicht viel gab, ein wenig Brot konnte man braten und Kartoffeln, und Klemens hatte von den Amerikanern Korned Beff bekommen. Und am Abend sollte mal ordentlich gelacht werden.
    Aber was bei Klemens leicht und aus voller Kehle und zwei Lungenflügeln nur so herausdröhnte, war bei Apollonia ein rechter Murks und klang anfangs wie ein Frosch. Auch wusste sie noch nicht so recht, an welchen Stellen, und lachte immer, wann die anderen auch lachten, oder bei den Witzen von Tünnes und Schäl: Tünnes, warum trägst du denn den Kopf so hoch? Ei, ich hab einen neuen Schlips! Ei, Tünnes deshalb brauchst du doch den Kopf nit so hoch zu tragen? Ei, den Schlips hat aber doch meine Frau selber gemacht! Ei, deshalb brauchst du doch trotzdem den Kopf nit so hoch zu tragen! Doch! Ei, wieso dann? – Ja, die hat den Schlips aus meiner alten Unnerbux gemacht!
    Da lachten alle wie verrückt. Man konnte aber auch lachen, weil Apollonia ein Pferd hatte und die anderen nicht. Oder weil man ein Schnäpschen getrunken hatte, und schon trank meine Großmutter auch einen in froher Runde.
    Wilhelmine Wratzlaff und Luise Auguste wohnten noch immer da, und es ließ sich nicht ändern, also konnte man sich auch mal gemütlich einen hinter die Binde gießen, und

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