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Apple - Die Geburt eines Kults

Apple - Die Geburt eines Kults

Titel: Apple - Die Geburt eines Kults Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Moritz
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öffentliche Präsenz zahlte sich schnell aus. Die meisten Mitarbeiter hörten oder sahen, was vor sich ging. Wenn jemand vom Stevens Creek Boulevard hereinspaziert kam und 1.200 Dollar für einen neuen Computer hinblätterte, trauten die Apple-Teenager kaum ihren Augen. Sherry Livingston emfand es wie „ein großer Krake. Jeder machte von allem ein bisschen. Ich hatte nicht das Gefühl, dass es Präsidenten und Vizepräsidenten gab. Ich hatte das Gefühl, als wären wir alle Kollegen.“ Der Arbeitstag begann oft vor acht Uhr morgens und dauerte bis spätabends, dazwischen gab es Sandwich-Pausen. Viele der rund zwei Dutzend Angestellten arbeiteten manchmal oder immer am Wochenende. Gary Martin kam zum Beispiel am Wochenende auf die Arbeit, um die Post nach Schecks zu durchforsten. Don Bruener, der bei der Platinen-Fehlersuche half, genoss den Abwechslungsreichtum: „Jeden Tag gab es etwas anderes zu tun. Da alles neu war, gab es keine echten Routinearbeiten.“ Wenn ein Demonstrationsprogramm fertig war oder irgendeine Macke des Computers identifiziert war, inspizierte das gesamte Gefolge den Fortschritt. Wigginton erinnert sich: „Dann gab es ein großes Hallo und alle waren begeistert.“ Scott, der sich ganz besonders über das Fehlen einer formellen Bürokratie freute, erklärt: „Für Papierkram war keine Zeit. Wir waren vollauf damit beschäftigt, zu rennen und zu versuchen, Schritt zu halten.“ Auch Apples Anonymität stärkte die Bande und ließ Leute wie Don Bruener erröten: „Ich erzählte meinen Freunden, dass ich bei diesem kleinen Unternehmen namens Apple arbeitete, und die lachten bloß.“
    Dann gab es noch die amüsanten Eigentümlichkeiten der regelmäßigen Besucher. Einer der häufigsten Gäste war John Draper, der aus einem Minimal-Sicherheitsgefängnis im kalifornischen Lompoc entlassen worden war, nachdem er wegen Phone-Phreaking verurteilt worden war. Bei Apple traf er mit Wozniak eine lockere Vereinbarung über den Entwurf einer Platine, die man in einen der Steckplätze des Apple schieben und die den Computer in eine großartige automatische Telefon-Wählmaschine verwandeln konnte. Sie bekam den Spitznamen „The Charlie Board“ und war in der Lage, Wähltöne zu produzieren. Man konnte sie über Nacht Datenbanken mit kostenlosen Telefonnummern durchsuchen und sie mit den Code-Nummern von Kunden zusammenbringen lassen. Mit diesen Codes konnte man Gebühren auf Anrufe kassieren. Die Ergebnisse der aufwendigen Tests wurden auf einem Drucker ausgegeben. Wozniak fand, „das wäre eins der tollsten Produkte aller Zeiten“, und programmierte einen Apple so, dass er immer wieder bei einem Freund daheim anrief. Wozniak half zwar, den Entwurf abzuwandeln, aber Markkula, Scott und Jobs wollten nichts mit Draper zu tun haben, und dieser kam zu dem Schluss: „Die hatten die Hosen voll und waren paranoid, wenn ich in ihren Geschäftsräumen war.“ Und das aus gutem Grund: Draper nahm einen Apple mit Steckkarte mit nach Pennsylvania und wurde verhaftet. Am Ende bekannte er sich schuldig, Telefonanrufe im Wert von mehr als 50.000 Dollar gestohlen zu haben, und wurde wieder inhaftiert.
    Die nutzenorientierte Konstellation bildete den Hintergrund für ein Unternehmen, das bei vielen Mitarbeitern ein emotionales Bedürfnis erfüllte. Für die Teenager war der Computer die größte Verlockung. Wigginton, der die meiste Zeit mit Wozniak an Software arbeitete, machte als jugendlicher Ingenieur Nachtschichten. Er arbeitete von drei Uhr morgens bis sieben Uhr morgens, verschwand in die Schule und zum Schlafen, und dann kam er spätabends wieder zu Apple. „Meine Eltern waren davon nicht sehr begeistert, aber sie waren gerade dabei, sich zu trennen. Apple ersetzte mir definitiv die Familie.“ Als er im Juni 1977 die Highschool ein Jahr früher abschloss, nahm sich fast das ganze Unternehmen den Nachmittag frei, um zu der Abschlussfeier zu gehen und ihm einen Geschenkgutschein über 50 Dollar zu überreichen.
    Chris Espinosa fing indes an, den Unterricht an der Homestead High School zu schwänzen, und hatte am Ende einen Notenschnitt, mit dem er kaum an eine gute Universität gekommen wäre. Er gab seinen Job als Zeitungsausträger, der ihm einen Cent pro Zeitung einbrachte, zugunsten eines Teilzeitjobs bei Apple auf, für den er drei Dollar pro Stunde bekam. Nach einer seiner ersten Nachtschichten, in denen er mit Wozniak an Software arbeitete, verbot ihm seine Mutter (die später selbst zu Apple

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