Apple - Die Geburt eines Kults
Gelächter begrüßt. „Wir dachten uns: ‚Jetzt ist es so weit. Jetzt kommt der Papierkram, die Formulare kommen, und jede Woche Besprechungen.‘ Die Organisation war einfach nicht auszuhalten.“
Die schleichende Professionalisierung schlug sich auch darin nieder, welche Art von Software produziert wurde. Die Jungen waren treue Anhänger der Programmiersprache BASIC, die im Homebrew Club regiert hatte, die Lingua franca der Bastlergemeinde war und bewiesen hatte, dass sie für Spiele wie Breakout mehr als ausreichend war – aber für umfangreichere Anwendungen war sie nicht wirklich geeignet. Jef Raskin, der die erste richtige Apple-Bedienungsanleitung geschrieben hatte, argumentierte mit den Vorzügen der leistungsfähigen Sprache Pascal und trug dazu bei, Jobs zu überreden, dass er es wenigstens einmal damit probieren sollte. Der Programmierer Bill Atkinson, der einen großen Teil der Arbeit an Pascal erledigte, erinnert sich: „Mike Scott hielt nichts von Software. Er meinte, wir sollten heiße Hardware herausbringen, dann würden andere Leute schon die Software liefern. Steve Jobs sagte: ‚Unsere User wollen zwar nur Maschinensprache und BASIC, aber ich gebe Dir drei Monate, mich eines Besseren zu belehren.‘“
Jobs ließ es zu, dass seine Skepsis von seinem angeborenen Hang überwältigt wurde, bessere Möglichkeiten zu finden. Sobald Pascal portiert und auf dem Apple lauffähig war, gab es dem Unternehmen eine neue Sprache, die es verkaufen konnte, vereinfachte die Entwicklung neuer Programme und verbesserte vor allen Dingen den Ruf des Unternehmens bei erfahrenen Programmierern, die Pascal als Gütesiegel der Seriosität betrachteten. Raskin und andere beschwerten sich aber weiterhin, dass Apple die Software wie eine Stiefschwester der Hardware behandelte: „Die Software ist die Brille, durch die die Mehrzahl unserer Nutzer den Apple sieht. Wenn sie nicht funktioniert, dann funktioniert der Apple nicht richtig.“ Raskins Beschwerden, die Ankunft weiterer Graubärte und die Nachfrage des Marktes brachten Apple nach und nach von der reinen Hardware-Orientierung ab.
Der Drang, die Gebräuche und Prozeduren eines größeren Unternehmens einzuführen, beschränkte sich nicht auf das Einstellungsverfahren und auf die Software. Er erstreckte sich auch auf den unsichtbaren Strang von Systemen, die begannen, sich durch die ganze Firma zu ziehen. Scott merkte, dass sich seine Bewunderung für Ordnung und sein Interesse an Computern zu einem Management-Informations-System kombinierten, das die meisten Aspekte des Unternehmens miteinander verband. Zuerst leaste Apple Computer von einer anderen Firma. Als die monatlichen Kosten stiegen, kaufte es eigene Minicomputer. Das Management-Informations-System war nichts Glanzvolles und es war größtenteils unsichtbar. Und doch wurde es zu einem der entscheidenden Faktoren für Apples Wachstum und es war vielleicht Scotts wichtigster Beitrag. Das System wurde Scotts Steckenpferd. Wenn er – oder ein anderer Topmanager – sich an ein Terminal setzte, bekam er einen Überblick über das gesamte Unternehmen. Wenn er einen Code eingab, konnte er feststellen, wie viele Widerstände auf Lager waren, welche Teile langsam knapp wurden, wie viele Neubestellungen aufgelaufen waren und welche Kunden ihre Rechnungen nicht bezahlten.
Es gab eine Funktion, die Scott vollständige Kontrolle verlieh: Er konnte andere User aus dem System werfen; er konnte sein Terminal in ein anderes einklinken, um herauszufinden, wie jemand anders mit dem Computer zurechtkam, und er konnte die Unglücklichen mit Botschaften bombardieren. Es war ein ausgeklügeltes elektronisches Spielzeug, das seiner Launenhaftigkeit und seiner Leidenschaft für Kontrolle exakt entsprach. Da in dem Unternehmen eine Menge Programmierer mit sensiblen Dateien Schindluder treiben konnten, wurde Scotts Master-Passwort häufig geändert. Sein Lieblings-Spitzname war der Name seiner Katze: Baal.
Die Ankunft von Managern mit grauen Strähnen und von Business-School-Absolventen mit ehrgeizig flackernden Augen sorgte für Stirnrunzeln. Die Alteingesessenen betrachteten die Neuankömmlinge mit wachsendem Misstrauen. Sie empfanden sie als Emporkömmlinge. Als Gerüchte über die Aktienbezugsrechte und Anreizsysteme durchsickerten, mit denen sie angelockt wurden, verstärkte sich die Bitterkeit noch um einiges. Sie wurden als Karrieristen betrachtet, die bereit wären, überall hinzugehen, wo sie absahnen konnten. Und so
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