Apple - Die Geburt eines Kults
die wollten es den Händler aufhalsen, das wieder in Ordnung zu bringen. Die sagten mehr oder weniger: ‚Wir liefern den Quatsch aus, pfeif auf den Kunden.‘“ Ein anderer fasste die Art zusammen, wie seine National-Kollegen mit Zulieferern und anderen umgingen, die ihnen im Weg standen, und sprach über sie wie über Kleinkriminelle: „Die machten das in dem Stil: ‚Wenn’s geht, wollen wir diese Hurensöhne legal umbringen. Aber wenn nicht, müssen wir sie trotzdem umbringen.‘“
Viele der Männer von National Semiconductor oder mit einer vergleichbaren Herkunft hegten die gleiche Verachtung für diejenigen, die von Hewlett-Packard angeworben worden waren. Sie betrachteten sie als zimperliche Kleingeister. Sie stellten nicht etwa ihren Professionalismus infrage, sondern hatten eher das Gefühl, sie wären zu professionell. Rod Holt fand: „Die Hewlett-Packard-Typen verbringen mehr Zeit damit, aufzuschreiben, was sie tun sollten und was ihre Untergebenen tun sollten, als damit, irgendetwas zu tun.“ Ein anderer bezeichnete einen Kollegen als „noch so ein Country-Club-H.P.-Typ“ und Michael Scott jammerte: „Das sind keine Pfennigfuchser. Was die machen, ist Schönfärberei.“
Zwar waren die Differenzen zwischen den Männern von Hewlett-Packard und denen von National am ausgeprägtesten, aber auch andere brachten die Praktiken mit, die sie gewohnt waren. Als Ann Bowers, die einige Jahre bei Intel gearbeitet hatte und mit einem der Intel-Gründer verheiratet war, die Zuständigkeit für Apples Personalangelegenheiten übernahm, bemerkte Sherry Livingston: „Alles musste auf Intel-Art gemacht werden. Da wich sie keinen Schritt nach rechts oder links ab.“ Da Apple Unternehmen wie Hewlett-Packard, National Semiconductor und Intel wegen bestimmter Stärken anzapfte und da einige Pioniere wesentlich daran beteiligt waren, andere aus ihrem Revier herauszulocken, war es üblich, dass sie am Ende in kleinen Enklaven zusammenarbeiteten. In Kombination mit dem enormen Druck und den Reibereien zwischen Jung und Alt vergrößerte dies die normalen Konflikte, die zwischen den Abteilungen beliebiger Unternehmen auftreten.
Beispielsweise fanden die Ingenieure, den Männern von der Herstellung gehe es nur darum, Störungen und Schwankungen zu beseitigen, damit die Produktionslinie reibungslos lief und sie ihre Produktionsfristen einhielten. „Im Großen und Ganzen“, behauptete Rod Holt, „haben bei Apple die Herstellungsleute die Zügel in die Hand genommen“. Dieses Gefühl beruhte auf Gegenseitigkeit und besserte sich gewiss nicht, als die Produktionsleute die Ingenieur-Akten plünderten und alle sorgfältig gedruckten Testverfahren und Beschreibungen von Endmontagen abschafften. Die Produktionsmänner dachten gern, man gehe mit den Ingenieuren zu zimperlich um und man sollte sie mit strengen Fristen und Meilensteinen disziplinieren. Sie verfluchten die Ästheten, die bei Dingen keine Kompromisse eingingen, die das Leben erleichtert hätten – zum Beispiel bei der Gehäusefarbe.
Außerdem gab es in der Anfangszeit beträchtliche Spannungen zwischen der Herstellungsabteilung und den Männern, die den Strom von Material und Lieferungen überwachten. In Mollards Erinnerung reichte die Feindseligkeit so tief, dass „sich die Leute beinahe auf dem Parkplatz prügelten“. Der „Hintern“ des Unternehmens – die Publikationsabteilung – konnte seine Handbücher erst fertigstellen, nachdem die Ingenieure und Programmierer aufgehört hatten, an einem Gerät oder an einer Software herumzubasteln, und bekam auch noch Druck von der Marketing-Seite, die schnell Produkte ausliefern wollte. Als Apple noch sehr jung war, entwickelten die technischen Redakteure eine Weile ihre eigene kleine Welt. Sie veranstalteten Madrigal-Sessions zur Mittagszeit, stellten Sitzsäcke in ihre Büros, errichteten Wände aus Pappkartons und wehrten Eindringlinge mit Pingpong-Pistolen ab.
Bis September 1980, also dreieinhalb Jahre nach der Einführung des Apple II, wurden 130.000 Stück verkauft. Der Umsatz war in dem Geschäftsjahr, das am 30. September 1980 endete, auf 117,9 Millionen Dollar gestiegen, und der Gewinn von 793.497 auf 11,7 Millionen Dollar. Und in jenem Herbst – 31 Monate, nachdem der 30. Angestellte in das Unternehmen eingetreten war, und nur zwölf Monate, nachdem der 300. Angestellte gekommen war, stieg die Zahl von Apples Beschäftigten über 1.000. Das Unternehmen belegte 15 Gebäude im Silicon Valley, von
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