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Apple - Die Geburt eines Kults

Apple - Die Geburt eines Kults

Titel: Apple - Die Geburt eines Kults Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Moritz
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einem Netzteil, das Bill Fernandez gebaut hatte, weil er sich umgekehrt verhielt als die meisten anderen Knöpfe. Fernandez sagte später: „Das war das erste Mal, dass ich mir Gedanken über Standards und benutzerfreundliches Design machte.“
    Um die Macht der Elektrizität zu offenbaren, zog McCollum eine regelrechte Show ab. Er entsetzte seine Schüler mit Geschichten darüber, dass sich Menschen, die beim Fremdstarten von Automotoren nicht aufgepasst hatten, das Gesicht mit Säure verätzt hatten. Mit großer Geste holte er Requisiten aus einer abgeschlossenen Schreibtischschublade und führte altbewährte Tricks vor. Er ließ sich auch zu banalen Dingen herab, rieb einen Luftballon an seinem Pullover und hängte ihn unten an den Fernseher. Oder er verdunkelte den Raum und legte den Schalter eines Tesla-Transformators um, der hochfrequenten Wechselstrom erzeugte. Die Klasse sah zu, wie 100.000 Volt von dem Ende der Spule sprangen und eine fluoreszierende Röhre aufleuchten ließen, die man danebenhielt. An anderen Tagen sahen die Schüler im Klassenzimmer F-3 Funken an den Elektroden einer Jakobsleiter hinaufklettern. McCollum machte seinen Anspruch klar: „Ich versuche, das Geheimnis der Elektronen zu lüften. Man kann sie nicht sehen, aber man kann ihre Wirkung beobachten.“
    Die Elektronik war allerdings keine rein intellektuelle Suche. Sie war auch eine praktische Angelegenheit, die schon mit sehr wenig Geschick allerlei Quietschen, Sirenengeheul, Ticken und andere Geräusche produzierte, die unterhalten, irritieren und erschrecken konnten. Die gleichen Bauteile, aus denen plumpe Voltmeter und Widerstandsmessgeräte zusammengesetzt waren, konnte man auch für viel unterhaltsamere Zwecke verwenden. Stephen Wozniak hatte von Kindesbeinen an einen Hang zu Streichen, und gewöhnlich gelang es ihm, ihnen eine persönliche Note zu geben. Im Dunklen Eier auf vorbeifahrende Autos zu werfen fand er weder unterhaltsam noch einfallsreich. Aber ein Ei schwarz anzumalen, es mit einer Schnur so an Laternenpfählen neben der Straße zu befestigen, dass es genau einen Kühlergrill treffen würde, das war schon eher sein Stil. Die Elektronik eröffnete ein neues Feld für Bubenstreiche.
    So baute Wozniak in seinem letzten Jahr auf der Homestead High School Zylinder aus einer alten Batterie aus, die Dynamitstangen täuschend ähnlich sahen. Er band einen Oszillator an die Zylinder und legte das Ganze so in den Spind eines Freundes, dass verräterische Drähte aus der Tür hinausragten. Es dauerte nicht lange, da erregte das Ticken des Oszillators Aufmerksamkeit. Kurz danach riskierte der Schuldirektor Warren Bryld sein Leben, als er mit dem Gerät auf den Footballplatz rannte. „Ich habe einfach die Drähte herausgezogen und die Polizei angerufen. Die haben mich zusammengestaucht, weil ich mich hatte zum Narren halten lassen.“ Der Übeltäter wurde schnell dingfest gemacht, auch wenn Wozniak auf dem Weg zum Büro des Direktors dachte, dieser würde ihm gratulieren, weil er einen Mathematik-Wettbewerb gewonnen hatte. Stattdessen fiel er den örtlichen Polizisten in die Hände und wurde zu einer Übernachtung in der Jugendstrafanstalt von San Jose gebracht. Margaret Wozniak war am nächsten Morgen durch den Anblick ihres Sohns nicht besänftigt und brüllte die Wärter an: „Warum habt Ihr ihm nicht gleich eine Nummer auf die Brust tätowiert?“ Wozniaks Schwester Leslie, die Redakteurin bei der Schülerzeitung war, sagte, sie würden Platz für einen Bericht über die Bedingungen in dem Gefängnis freihalten. Als Wozniak in die Homestead High School zurückkehrte – gezüchtigt, bloßgestellt, aber ohne dass Anzeige gegen ihn erstattet worden war –, bekam er von seinen Klassenkameraden stehende Ovationen.

    Manchmal baten Schüler John McCollum wegen eines launischen Oszillators um Hilfe, und normalerweise gab er ihnen praktische Ratschläge. Aber McCollum brachte seinen Schülern etwas über Elektronik bei, nicht über Computer. Die Schüler an der Homestead High School, die sich Ende der 1960er-Jahre für Computer interessierten, waren nicht nur die kleinste Minderheit an der Schule, sondern man konnte sie an den Fingern einer Hand abzählen. Elektronik und Computer waren männliche Beschäftigungen, auch wenn die meisten Jungs das für einen eher merkwürdigen Zeitvertreib hielten. Somit überbrückten spezielle Interessen Alters- und Klassenunterschiede und brachten Einzelgänger zusammen. Sie pendelten mit

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