Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Apple - Die Geburt eines Kults

Apple - Die Geburt eines Kults

Titel: Apple - Die Geburt eines Kults Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Moritz
Vom Netzwerk:
Schaltungen entwickeln, die den Druck auf einen Taster in klare, immer gleiche Töne umwandelten. Für gewisse Berechnungen schrieb er ein Programm, das er auf einem Computer in Berkeley laufen ließ.
    Nach ein paar Wochen hatte er seine erste digitale Blue Box fertig. Aufgrund eines cleveren Tricks besaß die Box, die einen kleinen, von einer 9-Volt-Batterie gespeisten Lautsprecher enthielt, keinen speziellen Einschaltknopf. Ein beliebiger Taster schaltete den Strom ein. Jobs und Wozniak versuchten als Erstes, Wozniaks Großmutter in Los Angeles anzurufen, aber sie wählten die falsche Nummer, sodass sich ein irritierter Bewohner von Los Angeles vermutlich fragte, weshalb jemand ins Telefon schrie: „Es klappt echt. Das klappt ja echt. Wir haben Dich umsonst angerufen.“
    Bald waren Wozniak und Jobs genauso besessen davon, Captain Crunch aufzutreiben und so den ungekrönten König der Phreaks ausfindig zu machen, wie von dem Versuch, eine zuverlässige Blue Box zu bauen. Sie riefen den Autor des Esquire -Artikels an, der sich höflich weigerte, Crunchs echten Namen zu offenbaren. Dann erfuhr Jobs, dass Crunch einem UKW-Sender in Los Gatos ein Interview gegeben hatte. Also trottete das Duo zum Sender und bekam wieder zu hören, dass der Name nicht offenbart werden durfte. Da aber die Welt des Phreaking klein und intim war, erzählte ein anderer Phreak aus Berkeley Wozniak, dass er bei KKUP – einem UKW-Sender in Cupertino – mit Captain Crunch zusammengearbeitet hatte und dass sein echter Name John Draper lautete. Jobs rief bei KKUP an, fragte nach Draper und bekam von der Telefonistin zu hören, er könne eine Nachricht hinterlassen. Ein paar Minuten später klingelte das Telefon: Captain Crunch war dran. Sie machten für ein paar Abende später einen Termin in Wozniaks Wohnheimzimmer in Berkeley aus, dort war er seit 1971 immatrikuliert.
    Es lief sozusagen auf eine päpstliche Audienz hinaus und wurde auch entsprechend behandelt. Als Jobs aus Los Altos ankam, saß Wozniak auf der Bettkante und konnte seine Begeisterung kaum verhehlen, und mehrere andere warteten, dass es an der Tür klopfen würde. Als sie es klopfen hörten, machte Wozniak die Tür auf, und eine abgerissene Gestalt stand auf dem Flur. Sie trug Jeans und Turnschuhe, hatte eine wirre Frisur, war unrasiert, schielte, und ihr fehlten mehrere Zähne. Wozniak erinnert sich: „Er sah absolut fürchterlich aus, und ich fragte ihn: ‚Bist du Captain Crunch?‘“ Draper antwortete: „Der bin ich.“ Trotz seiner schrulligen Angewohnheiten und seines geschmacklosen Äußeren lieferte Draper eine abendfüllende Unterrichtsstunde. Er führte an dem Wohnheimtelefon Tricks vor, führte ein paar Auslandsgespräche, rief Witze-Hotlines an und zeichnete Wettervorhersagen aus ausländischen Städten auf.
    Außerdem zeigte er seinen Zuhörern, wie man eine Vermittlungskaskade durch die Tandemschaltungen verschiedener Städte in ganz Amerika auslöste, die schließlich mit einem Anruf bei einem Telefon am anderen Ende des Flurs endete. Als er die telefonische Kettenreaktion in Gang gesetzt hatte, legte Draper den Hörer auf, während Jobs und Wozniak auf das Telefon lauschten, das am anderen Ende des Wohnheimflurs klingelte. Sie hörten, wie die Tandemschaltungen entlang der Leitung nacheinander klackerten, während sich die Anrufkaskade ihrem Ende näherte: ka-tschig-a-tschig-a-tschig; ka-tschig-a-tschig-a-tschig.
    Die Lektionen wurden fortgesetzt, nachdem sie in eine Pizzeria in Berkeley namens Kips umgezogen waren. Draper war von Wozniaks Blue Box beeindruckt: „Sie verstimmte sich nicht und musste nie gestimmt werden, aber sie klang ein bisschen blechern.“ Draper gab Jobs und Wozniak die Telefonnummern von anderen Phone-Phreaks und dazu noch spezielle Telefonnummern: Ländercodes, Codes für Unterseekabel, Satellitencodes und Zugangscodes. Er bombardierte sie mit Einzelheiten über Gebührenumschaltungen, Konferenzschaltungen, Vermittlungsanzeigen, Überwachungssignale und Signalstellen für den Telefonverkehr. Draper warnte Wozniak und Jobs, sie sollten die Blue Box nie bei sich haben und sie sollten Blue-Box-Gespräche nur von Telefonzellen aus führen. Wozniak fand: „Das war die erstaunlichste Begegnung, die wir je hatten.“
    Am gleichen Abend hatte der rote Fiat von Jobs auf der Rückfahrt von Los Altos (wo Wozniak sein Auto stehen ließ) eine Panne. Zum ersten Mal benutzten sie ihre Blue Box von einer Telefonzelle in der Nähe einer

Weitere Kostenlose Bücher