Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Apple - Die Geburt eines Kults

Apple - Die Geburt eines Kults

Titel: Apple - Die Geburt eines Kults Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Moritz
Vom Netzwerk:
fehlenden formalen elektronischen Ausbildung schloss Jobs schnell die Lücke zwischen Techniker und Ingenieur. Zu seinen ersten Aufgaben gehörte es, Verfeinerungen an einem Spiel namens Touch Me zu erreichen, das dicke Gummitasten hatte. Jobs arbeitete diszipliniert innerhalb vorgegebener Grenzen und stimmte die Leistung der Chips auf das ab, was auf dem Bildschirm gewünscht war. Er verstand die Feinheiten der Chips, plante ein neues Design und nahm an dem Spiel erhebliche Verbesserungen vor. Wozniak bewunderte die Arbeit von Jobs: „Er machte die kreativen Sachen. Er begriff, wie er das gleiche Ding viel einfacher und besser bauen konnte. Das war Ingenieursarbeit.“

    Als Jobs beschloss, seinen Collegefreund Dan Kottke nach Indien zu begleiten und sich die topografische und intellektuelle Landschaft anzusehen, die den Hintergrund von Robert Friedlands farbigen Erzählungen bildete, bat er Alcorn um einen Zuschuss zum Flugticket. Alcorn erteilte der Anfrage eine unverblümte Absage: „Bullshit, ich gebe Dir kein Geld, um den Guru zu besuchen.“ Die beiden einigten sich jedoch auf einen Kompromiss. Ein paar Spiele, die Atari nach Westdeutschland geliefert hatte, verursachten Störungen in Fernsehgeräten, und die deutschen Ingenieure waren nicht in der Lage, das Problem zu lösen. Alcorn gab Jobs einen Crashkurs in Erdung und war einverstanden, ihm den Flug nach Europa zu bezahlen. Er trug ihm auf: „Grüß den Guru von mir.“
    Jobs’ Ankunft in Europa konsternierte die Deutschen ein wenig und sie telegrafierten an Alcorn, was er ihnen da denn geschickt habe. Jobs hingegen (der unglücklich war, weil er das deutsche Wort „Vegetarier“ nicht kannte) gelang es, die störenden Atari-Geräte geschickt zu reparieren.
    In den Erzählungen über Jobs’ und Kottkes Indienfahrt wimmelt es nur so vor Schnappschüssen junger Unschuldiger im Ausland, schwachgläubiger Westbürger im grellen Licht von Ashrams, Swamis und Sadhus. Kottke meinte: „Die Reise war eine Art asketische Pilgerfahrt, bloß dass wir nicht wussten, wohin wir gingen.“ Vor Kottkes Ankunft verbrachte Jobs ein paar Wochen allein, und in späteren Jahren wurden diese Wochen in surrealistischen Bildern ausgemalt. Er besuchte das Kumbhmela, eine große religiöse Feier, die alle zwölf Jahre in Hardwar im nördlichen Zentralindien stattfindet. Jobs dazu: „Sieben Millionen Menschen in einem Städtchen so groß wie Los Gatos.“ Er sah Priester aus dem Fluss steigen, sah den Flammen von Leichenverbrennungen zu und er sah die Leichen, die den Ganges hinunter trieben. In einem Ashram traf er einen Pariser Modedesigner und einen Guru, der von seiner glatten Haut beeindruckt war, ihn einen Hügel hinaufzerrte und ihm den Kopf rasierte. Er verbrachte eine unruhige Nacht in einem verlassenen Tempel neben einem Feuer, das um einen Dreizack herumzüngelte. Sein einziger Gefährte war ein Shivait mit verfilztem Haar und aschebedecktem Körper, der bis zum Morgengrauen an einem Schillum zog.
    Kottke und Jobs trugen leichte, weiße Hosen und Jacken aus Baumwolle, und New Delhi war ihre Ausgangsbasis. Nächtliche Spaziergänge führten sie durch Slums mit Baracken aus Transportkisten und Wellblech, an Müll fressenden Kühen und an Menschen vorbei, die auf Feldbetten auf den Gehsteigen schliefen. Von Delhi aus unternahmen sie Ausflüge in Bussen mit abgenutzten Stoßdämpfern und schmalen Metallsitzen, und sie wanderten mehrere Tage, um einige Yogis zu besuchen. Sie durchquerten ausgetrocknete Flussbetten, hatten Wasserflaschen dabei und rieben sich die Füße an Sandalen wund. Angelockt von den Verheißungen Tibets reisten sie in die Vorgebirge des Himalaja, aber sie landeten nur in dem alten Badeort Menali, wo sie sich beide an schmutzigen Laken die Krätze holten.
    Zwar waren Neem Karolie Baba und seine karierte Decke von einem spektakulären Begräbnisfeuer verzehrt worden, aber trotzdem pilgerten Jobs und Kottke pflichtbewusst nach Kainchi. Sie gingen zwischen den bunten Ikonen und Plastik-Krishnas herum und beobachteten, dass der Ashram von Musikern zweckentfremdet worden war, die dafür bezahlt wurden, dass sie fromme Gesänge aufführten. Ungeachtet der Veränderungen blieben die beiden etwa einen Monat in Kainchi und mieteten von einer Familie, die eine Kartoffelfarm betrieb, eine aus einem Zimmer bestehende Hütte aus Beton. Sie war bequem genug, dort konnten sie in Ruhe und Frieden lesen, und sie hatte noch einen Vorteil: Sie stand neben einem Feld

Weitere Kostenlose Bücher