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Applebys Arche

Applebys Arche

Titel: Applebys Arche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Innes
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sie. »Am liebsten
wollt ihr alle Amerikaner sein.«
    Er stand auf. »Du bist ein Dämon. Dir traue ich wirklich alles zu.«
    »Jedenfalls könnte ich dir mehr zu tun geben als jeder Mordfall, den
du je gelöst hast. Das kannst du mir glauben.« Auch sie erhob sich, braun und
golden. »Ich könnte dich über Jahre auf Trab halten, John Appleby.« Und wie ein
goldener Blitz war sie davon.
    Eine Hand am Hosenbund, sprang er ihr nach – ein solider Sprung,
doch an Eleganz nicht zu vergleichen. Das Ambiente war wie für sie gemacht, und
vielleicht hatte sie ja recht; solange es Sonne und See und Strand gab, standen
ihr ganze Armeen von Geistern zu Diensten, und sie konnte wirklich tun und
lassen, was sie wollte. Jedenfalls war er ihr so unwillkürlich in die Tiefe
gefolgt wie ein Seehundsbulle einer Lieblingskuh. … Er kam an die Oberfläche,
entschlossen, sich zu wehren. »Ich wünschte«, sagte er zu der entsetzlichen
Leere, die ihn umgab, »es geschähe etwas. Ich wünschte, es gäbe eine Wendung in
der Geschichte, einen Wechsel der Tonart, etwas Neues auf dem Bild.«
    Dianas Lachen, von der unvermuteten Stelle, an die sie unter Wasser
geschwommen war, klang wie Spott auf dieses Sehnen. »Wir schwimmen um die
Wette«, rief sie, »auf die andere Seite der Bucht. Und los!«
    Es war typisch, daß ihr die Idee kam, als sie bereits einen
deutlichen Vorsprung hatte, und als sie rief, platschte sie auch schon mit
spektakulären Stößen davon. Prompt ließ er sich auf dasselbe beklagenswert
niedrige Niveau hinabziehen, überlegte eine Sekunde lang, ob er sie trotzdem
noch überholen konnte, und schwamm ihr dann mit aller Kraft nach. Das Wasser
war warm und weich, auch tief, aber, da hatten sie sich vergewissert, durch
Sandbänke vor den Gefahren der eigentlichen Lagune geschützt. So konnte man
halbwegs sicher schwimmen und mußte nur sehen, daß man mit keiner der beiden
Sorten von Quallen zusammenstieß: den Nesselquallen und denen, von denen man
einen leichten elektrischen Schlag bekam. Man mußte nicht fürchten … »John,
zurück! Ein Hai! «
    Er spürte den Schrecken wie einen Stich, denn das war das eine, was
sie nicht aus Übermut sagen würde. Er schwamm mit aller Macht. Und dann hörte
er wieder ihre Stimme. »Halb so wild! Er ist gestrandet! Und es ist auch gar
kein Hai, es ist eine Schildkröte! Eine gestrandete Schildkröte!« Ihre
Aufregung war absurd, wie ein Kind, das eine tote Katze gefunden hat. »John,
komm her.«
    Er schwamm energischer denn je. Heldentum war nicht gefragt, sie
kehrten zur Idylle zurück; der Hai hatte sich in Luft aufgelöst, und der Schock
hatte die Sirene nur um so verlokkender gemacht. »Gut«, rief er – und fügte
automatisch, wie man es bei Kindern tut, hinzu: »Aber nichts anfassen, bis ich
da bin.«
    Vor ihnen spülte das Wasser um einige Felsen, die fast bis an
die Oberfläche reichten, und er sah die schwarze, schimmernde Rundung
dessen, was da angespült lag. Möwen schwebten darüber, und ihre scharfen
Schreie zerrissen die Stille; ein Schwarm winziger Fische mit langen Nasen
huschte an ihm vorbei. Er richtete sich im Wasser auf. Ein prächtiger Anblick,
wie die Schildkröte im Sonnenlicht glänzte. Aber irgendwie hatte er das Gefühl,
daß er sie kannte – daß er sie noch vor kurzem gesehen hatte. Dann stockte ihm
der Atem. Es war Unumunu, der dort auf dem Felsen lag. Die Wellen schwappten
träge um seine Schenkel, der Kopf lag unter Wasser. Nur der Torso war zu sehen.
Der Schwarze war tot.
    Ein weiterer Schwarm Fische kam ihm entgegen, schlug einen Haken wie
ein Automobil in einem Slapstickfilm. Von irgendwo auf der Insel hörte man
einen Lachenden Hans; ein zweiter, dann ein dritter nahmen den Ton auf, und
einen Moment lang war die Luft erfüllt von diabolischem Vogellachen, dann ebbte
es ab und nur das leise Platschen der Wellen war noch zu hören, wenn sie auf
den Körper des Toten trafen.
    »Diana, das ist Unumunu; er ist ertrunken. Geh’ du schon ans Ufer;
ich hole ihn an Land.«
    Aber sie schwamm unbeirrt weiter, obwohl sie erkannt haben mußte,
was da lag, schon bevor er sprach. Nun drehte sie sich um, trat auf der Stelle;
sie war bleich und öffnete zögernd die Lippen, als fürchte sie sich vor dem,
was sie sagen würde. »Ich helfe.« Sie warf das Haar zurück, daß das Wasser
spritzte, und der Klang ihrer eigenen Stimme machte ihr offenbar Mut. »Das ist
gar nicht so leicht, eine Leiche an Land zu ziehen. Nicht mal eine, die schon
ordentlich Gas im Bauch

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