Applebys Arche
Freund muß bei Hailstone wohnen. Und dahin wollen
wir doch.«
Sie stiegen hinauf auf die Veranda, wo ihr Gastgeber schon die
ersten Korbstühle umwarf. Einen davon packte er. »Wollen die Herrschaften« – er
hielt inne, die Brauen zusammengezogen, als er angestrengt zählte – »Wollen Sie
bitte Platz nehmen, Sie beide? Hailstone hat schon gewartet, daß jemand von
Ihnen vorbeikommt. Ich bin Dunchue.« Er stand da, überlegte, erschöpft und doch
amüsiert. »Dunchue. Auf der Schule haben sie mich immer …« Der unstete Blick
blieb an Diana hängen. »Trinken wir ein Glas«, sagte er und verschwand.
Appleby lachte. »Das wird der Curricle zu denken geben. Sieht nicht
aus wie ein Gentleman, ist aber einer. Nur daß ein Nicht-Gentleman es nicht
merken würde. Ah! Das Patschen flinker brauner Füße.« Aus dem Dunkel des Hauses
kam lautlos ein Junge – kupfern, schlank, furchtsamen Auges – mit einem
Tablett. »Ob der Bursche wohl einen der Speere geschleudert hat? Immer
mißtrauisch bleiben, Diana. Das A und O unseres Berufes … Eine wunderbare
Aussicht haben Sie hier.«
Dunchue war zurückgekehrt und unternahm mehrere Anläufe, den Stopfen
aus einer Karaffe zu ziehen. »Aussicht! Die einzige Aussicht auf diese Sch… diese blödsinnige Insel, die mir gefallen könnte, wäre von einem Schiff
möglichst weit weg. Das oder endlich anständige Arbeit. Aber ich habe
allmählich das Gefühl, wir bekommen das nie in Gang. Schlimm genug, bevor
dieses Dreckshotel kam. Die Lümmel« – er wies mit unsicherem Daumen in die
Richtung, in die der Diener verschwunden war – »sind für jeden nichtsnutzigen
Unsinn zu haben. Aber wenn sie auf die Grabungsstätte sollen, nehmen sie
Reißaus. Tabu oder sowas. Und jetzt wo sie sich bei Heaven in seiner
verfluchten Kaschemme den Bauch vollschlagen können, lassen sie sich überhaupt
nichts mehr sagen.« Er füllte drei Gläser bis zum Rand und verteilte sie.
»Früher habe ich gedacht, Hailstone will überhaupt nicht wirklich graben. Aber
ich glaube, der alte Bast… der alte Knabe hat’s wirklich versucht. Und ich habe
das Gefühl« – Dunchue setzte sich, plötzlich mit einem seltsam gejagten
Gesichtsausdruck –, »ich habe das Gefühl, diese Insel ruiniert uns noch alle,
wenn wir nicht bald von hier verschwinden.«
»Es ist sicher nicht leicht.« Appleby hielt sich unbestimmt. Er
hatte einen Schluck aus seinem eigenen Glas genommen und starrte es an, mit
einem vagen Gefühl, daß etwas nicht stimmte.
»Manchmal denke ich …« Dunchue hielt inne und sah sie mißtrauisch an – ein Mann, der überlegt, wieviel er schon ausgeplaudert hat oder wieviel der
andere errät. »Manchmal habe ich das Gefühl, daß ich bald endgültig die Fassung
verliere. Daß ich – daß ich hier wirklich vor die Hunde gehe.«
»Kann ich mir vorstellen. Aber die Chancen sind doch gut, daß es nur
vorübergehend ist. Sobald Sie in andere Umgebung kommen, ist alles wieder in
Ordnung.«
»In Ordnung? Was zum Teufel soll das heißen, in Ordnung? Was ist denn
mit mir nicht in Ordnung?« Dunchue war aufgesprungen und hatte sich dabei den
Schnaps übergeschüttet. Er stand da, bebte am ganzen Leibe; er stürzte
herunter, was noch in seinem Glas war, und ging dann auf der Veranda auf und
ab, wo der Kontrast zum perfekt gepflegten Haus noch auffälliger war. Plötzlich
blieb er stehen. »Gott!« sagte er. »Ich bin betrunken.« Er sagte es mit der
Überraschung eines Mannes, der mitten im Kampfgetümmel plötzlich merkt, daß er
tödlich getroffen ist.
Es folgte ein verlegenes Schweigen. Diana hatte ihr Glas abgestellt;
es war ihr anzusehen, daß sie sich fragte, ob sie nicht doch besser an der
Limonadentheke geblieben wäre. George suchte schnüffelnd die Veranda ab, als
hätten ihn die anderen, eingebildeten Georges verwirrt, die anscheinend im
Bungalow hausten. Von einem Wirtschaftsgebäude hinter dem Haus hörte man leise
Eingeborenenstimmen, ein einziger langer Singsang. Dann ergriff Dunchue wieder
das Wort.
»Wäre nicht richtig, wenn ich mich jetzt davonmachte. Dazu ist die
Sache zu spannend. Ich bin ja überzeugt, daß er recht hat, auch wenn es noch so
unglaublich klingt. Sie wissen natürlich, daß er eine Koryphäe auf seinem
Gebiet ist« – Dunchue riß sich zusammen, plötzlich ganz der ewige Assistent;
»niemand kann ihm das Wasser reichen, seit der alte Sempel tot ist. Da lohnt es
sich doch, daß ich hierbleibe. Aber ein komischer Kauz ist er schon – wie große
Männer so
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