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Applebys Arche

Applebys Arche

Titel: Applebys Arche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Innes
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hatten. Das beschrieb sie aufs Schönste – und es
waren, wie Miss Curricle so richtig gesagt hatte, wirklich nicht die Ideale, die man fördern sollte. Immerhin konnte man sich eine Notiz
machen, daß Mudge allem Anschein nach ein verläßlicher Mann war …
    Und dann war da noch Heaven selbst, kurios genug, daß er ein gutes
Paar mit seiner grotesken Frau abgab. Er war schlaksig, doch mit einem
schwammigen Gesicht, wie ein monströs in die Länge gezogenes Baby; die wenigen
Pausen seines aufgeblasenen Geschwätzes füllte er mit unwillkürlichen
infantilen Lauten, als sei er in der langen Zeit, die er seine Stimmbänder nun
schon nutzte, nie ganz über die ersten Sprechversuche hinausgekommen. Appleby
blieb einen Moment lang stehen und beobachtete ihn. Vielleicht war auch seine
Philatelie eine Art Fossil vergangener Zeiten. Aber Appleby bezweifelte es.
    »John!« Es war Diana, die keuchend angelaufen kam. »Nimm mich mit.«
    »Ich wollte ein wenig nachdenken.«
    »Dann helfe ich. Das habe ich doch schon einmal getan, oder? Als du
gesagt hast, du hättest besser auch Kurse besucht.«
    »Ja, da hast du geholfen. Es war der erste Lichtstrahl – oder Funken
jedenfalls. Und davon brauchen wir mehr.«
    »Es ist alles so furchtbar vage, nicht wahr?« Sie ging nun im
Gleichschritt neben ihm.
    Er lächelte. »Ein allgemeiner Mangel an Präzision ist im Augenblick
der hervorstechendste Zug der ganzen Affäre. Aber willst du wirklich mitkommen?
Ich dachte, jetzt wo du wieder eine Limonadentheke hast …«
    »Hörst du das?« Sie blieben stehen, und in der Ferne war das Grammophon
gerade noch laut genug, daß man die Worte verstehen konnte. »Die kleine Jacke
von Blau, nur die kennt der Seemann genau. Das hat man vor fünf Jahren, als ich
neunzehn war, an jeder Ecke gehört. Als ich geheiratet habe. Ich halte das
nicht aus.«
    Er sah sie aufmerksam an, aber so, daß sie ihm ja nicht ihre
Lebensgeschichte erzählte. »Ja, die haben schon etwas Trauriges, die alten
Schlager.«
    »Da wird mir wieder ganz blümerant, John. Wie damals auf dem
Schiff.« Sie betrachtete den Strand, das Sonnenlicht, das durch die Blätter
fiel, das Wasser, die Menschen, die müßig am Beckenrand saßen – sie sah, wie
vertraut es war, und war ratlos. »Es müßte mir doch
gefallen. Ein bißchen wie Bondi Beach. Aber ich finde es gräßlich.«
    »Der Krieg …«
    »Ich weiß. Und für einen Mann ist es noch schlimmer.« Sie blickte
hinüber zu Jenner, dem Mudge den Rücken knetete. »Für einen echten Mann. Aber
als – als Weißer in den Tropen wird man eben ein wenig melancholisch. Eine
Insel wie diese hier, die ist etwas für Ponto – für Ham. Und jetzt ist Ponto
nicht mehr da. Nur diese ganzen – diese …«
    »Japhets.«
    »Genau. Und dann …« Sie hielt inne. »Aber ich halte dich vom
Nachdenken ab. Geht es um Ponto und die Wilden?«
    »Um die Wilden bestimmt nicht.«
    »Da ist George!« Sie wies auf eine Anhöhe zu ihrer Rechten. Und
tatsächlich, dort oben saß George. Von einem schattigen Flecken aus, in einer
Haltung, die von innerer Ruhe zeugte, beobachtete er mit größter Verachtung das
Treiben am Pool. Doch nun erhob er sich und kam zu ihnen hinunter, schnüffelte
leise mit der großen schwarzen Nase, setzte bedachtsam die kleinen Pfoten.
Diana begrüßte ihn überschwenglich, und er quittierte es mit der knappen
Höflichkeit eines königlichen Gastes auf einer Party. George – das war
offensichtlich – wußte, daß die Neuankömmlinge nicht waren wie die anderen
Gäste im Hotel. Zu dritt gingen sie weiter.
    »John«, sagte Diana ungewöhnlich nachdenklich – »das waren gar keine
Wilden, nicht wahr?«
    Er blieb abrupt stehen. »Woher weißt du das?«
    »Na, ich habe doch gesagt, daß es ein – ein Widerspruch ist. Wir
haben uns vorgestellt, wie die Wilden Miss Curricle im Kochtopf haben, und das konnte man sich ja auch wirklich vorstellen. Aber Wilde,
die einen Toten klammheimlich im Meer verschwinden lassen …«
    »Genau das. Unumunu wurde im Dschungel erschlagen, und dann hat
jemand unter Mühen den Leichnam durchs Unterholz gezerrt, bis er auf Höhe der
Stelle kam, an der die Strömung ihn aufs Meer tragen würde. Das sah mir nicht
nach Wilden aus. Aber ich konnte nicht sicher sein. Vielleicht mußten Wilde nur
weit genug herunterkommen, ihre alten Gebräuche verlieren, und dann fänden sie
nichts mehr dabei, jemanden so hinterhältig beiseite zu schaffen. Aber ich
hatte meine Zweifel, und daß Hailstone es auf seine

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