Applebys Arche
»Aber hören Sie, Appleby, wenn das, was Sie sagen, stimmt …«
»Ganz richtig«, unterbrach Appleby ihn laut, »wenn meine Theorie
stimmt, dann steht uns noch einiges bevor.« Er wandte sich an Jenner. »Ich habe
dem Colonel erklärt, daß es für meine Begriffe mit dem Neumond zu tun hat.
Wahrscheinlich feiern sie ein großes Fest, und dafür brauchen sie Opfer. Ich
würde vermuten, daß sie am Abend wiederkommen und ihn holen wollen.« Bei diesen
Worten warf er Glover einen Blick zu, der alles andere als schmeichelhaft war.
»Die Frage ist nur: Wie ist dieser Bursche – ein Weißer – hierhergekommen? Es
ist doch undenkbar, daß er auf der Insel lebte. Fällt Ihnen da eine Erklärung
ein, Mr. Jenner?«
Jenner schüttelte den Kopf, wobei die Augen, was sehr merkwürdig
aussah, auf Appleby geheftet blieben. »Ich habe keine Ahnung.«
»Eine Idee hätte ich schon.« Appleby machte eine Pause, als wolle
er, daß auch alle dies Zeichen seines Scharfsinns vermerkten. »Keine schöne,
muß ich sagen. Ich könnte mir vorstellen, daß sie ihn schon vor einer ganzen
Weile gefangen und stets bei sich gehabt haben. Bis der Zeitpunkt des Rituals
gekommen war. Der arme Kerl.« Er sah die Leiche recht herzlos an, fast ein
wenig sinister. »Am besten, wir bringen ihn gleich unter die Erde. Da haben wir
ja inzwischen Übung.« Er lachte hart. »Und danach sollten wir an unsere eigene
Sicherheit denken. Die Barrikaden weiter verstärken.« Er ging nervös auf
und ab. »Ich wünschte, dieses Handelsschiff käme. Wir müssen schließlich
an Dian… an die Frauen denken.« Plötzlich blickte er auf, sah grimmig das
Grüppchen Männer an. »Oder etwa nicht?« Wieder ging er auf und ab, in sichtlich
gereizter Stimmung. »Hailstone und Dunchue sind entschlossen zu bleiben. Aber
sie müssen selbst wissen, was sie riskieren. Es sei denn« – es war, als
entschlüpften die Worte ihm unfreiwillig –, »sie verstehen sich mit diesen
Wilden besser als ich.« Abrupt, ärgerlich blieb er stehen. »Glover, Hoppo – nun
holen Sie doch endlich ein paar Schaufeln. Und nicht mehr als ein Vaterunser,
Hoppo. Gott weiß, was sich da an Sturm zusammenbraut, so wie der Himmel über
uns aussieht.« Er blickte noch einmal den Toten an, und sein Lachen war
hart wie zuvor und heiser dazu. »Nicht einmal die Hosen haben sie dem armen
Kerl gelassen.«
Der Fremde wurde begraben – ohne Applebys Hilfe, denn Appleby
war anderswo. Hätte jemand gewußt, wo er zu suchen hatte, so hätte er ihn im
Bootshaus des verstorbenen Mr. Heaven gefunden, wo er im Halbdunkel mit
beklommener Miene Mudge zusah, der über die Maschine gebeugt stand.
»Ich hatte es schon befürchtet«, sagte er. »Das sind tüchtige Leute.
Aber ich will sehen, daß ich genauso tüchtig bin … Wie schlimm ist es?«
»Nicht allzusehr, Mr. Appleby. Offenbar lag ihnen daran, nichts zu
Offensichtliches zu tun. Arglistig, Sir. Haben Sie je die Ökonomie
der Botanik von Dr. Erasmus Darwin gelesen?«
Appleby starrte ihn an. »Was zum Teufel hat das hiermit zu tun?«
Mudge machte ein überraschtes Gesicht. »Nicht das Geringste, Sir.
Nur ein wenig Konversation.«
»Oh, verstehe. Bitte um Verzeihung. Nein, das habe ich nie gelesen.«
»Ich glaube, ich könnte Ihnen das Liebesleben der
Pflanzen empfehlen. Nicht wirklich philosophisch, aber sehr hübsch auf
seine Weise. Wir haben Glück, Sir. Es ist der Dynamo. Ich habe noch einen
zweiten in der Schachtel dort in der Ecke. Besser als wenn sie die Zündkerzen
mitgenommen hätten. Sehr lehrreich, Mr. Appleby. Man muß seine Sinne
beieinander haben, bevor man Gedichte über botanische Themen schreiben kann.
Würden Sie wohl so freundlich sein und die Fußbodendielen anheben, auf denen
Sie stehen, und sehen, was darunter ist? Sie werden feststellen, daß sie lose
sind, auch wenn man es ihnen nicht ansieht.«
Appleby tat, wie ihm geheißen. »Ich sehe einige Kanister Benzin.«
»Das ist doch immerhin etwas.« Im Dämmerlicht lächelte Mudge
grimmig. »Man kann nie wissen. Das habe ich mir gesagt, als ich sie dort in
Sicherheit brachte. Ich wünschte nur, ich hätte mehr hinuntergeschafft.«
»Aber das Hotel hat doch mit Sicherheit mehr Benzinvorräte als das?«
»Oh ja, Mr. Appleby. Man könnte eine lange Fahrt damit machen. Aber
auch hier wieder Arglist, Sir. Die Deckel scheinen gut verschraubt. Aber leuchten
Sie einmal mit Ihrer Taschenlampe den Boden rings um die Fässer dort ab und
sehen Sie, was Sie finden.«
Wieder
Weitere Kostenlose Bücher