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Applebys Arche

Applebys Arche

Titel: Applebys Arche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Innes
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gehorchte Appleby. »Ein paar weiße Krümel.«
    »Natürlich gibt es Kritiker, Mr.   Appleby, die Dr.   Darwins Verse für
gar zu süßlich halten. Zuckersüß geradezu. Übrigens, Sir, halten Sie einmal
einen dieser Krümel an die Zunge.« Wieder lächelte Mudge. »Jawohl, Mr.   Appleby:
Zucker. Eine kleine Prise Zucker tut eine große Wirkung im Benzin. Arglist,
Sir.«

Kapitel 20
    Der Himmel war noch finsterer geworden, als Appleby wieder aus
dem Bootshaus kam; wenn man aufblickte, fühlte man sich wie in einer gewaltigen
Blase aus geronnenem Blut. Kein Lüftchen regte sich, selbst das Meer lag still – obwohl die Brecher nach wie vor geheimnisvoll auf das Riff schlugen und ihre
weißen Mähnen hoch in die reglose Welt warfen, wie Erstickende, die sich im
Ringen nach Luft verzweifelt aufbäumten. Die Insel wartete. Es war seltsam, daß
die Natur sich mit solch dramatischen Gesten abgab, statt daß sie sich an die
Arbeit machte und die Kräfte, die sie gesammelt hatte, zum Ausbruch kommen
ließ. Appleby ging zu Diana. »Kommst du mit?« fragte er mit ernster Miene.
    Sie sah ihn an, überrascht. »Zum Bungalow? Sicher.«
    »Ich hätte dich lieber hiergelassen – aber ich brauche dich für
meinen Plan.«
    »Galant bis zum letzten Augenblick. Und es könnte gut der letzte
sein, oder?«
    »Die Sache ist nicht ungefährlich.«
    Diana sprang von dem Geländer, auf dem sie gesessen hatte. »Schön,
wenn man gebraucht wird – mal was anderes als immer nur begehrt sein.« Sie
sagte es spöttisch, pfiff ein paar Takte von einem Schlager; dann brach sie ab.
»Kein Grammophon mehr; die Fanfaren rufen zur Schlacht. Auf in den Kampf.« Sie
streckte sich, betrachtete ihre elastischen Knie, die straffen Waden. »Obwohl
ich nicht gern in Miss Bussts zweitbesten Shorts fallen würde.«
    Sie machten sich auf den Weg, am Swimmingpool vorbei. Das Wasser war
schwarz wie Samt und glomm, als brenne an seinem Grund ein Feuer. Es hätte das
Maar sein können, in dem der Drache Grendel hauste oder ein Wikingerungeheuer.
Ein großes Gummitier, schon halb erschlafft, drehte sich langsam im Kreis. Auf
den Treppenstufen lagen Zigarettenstummel, ein angebissener Keks, eine
grellrote Kirsche, aufgespießt auf einem kleinen Stab. Alles sah nach einer
Eremitage aus, die bald nach einem neuen Besitzer suchen würde.
    »Jenner ist spurlos verschwunden – und noch ein Mann, der immer mit
ihm zusammen war.« Die Stille war so schreiend, daß Diana unwillkürlich die
Stimme senkte.
    Appleby nickte. »Sie ziehen ihre Truppen zusammen – für den Fall des
Falles.«
    »John, was hat das eigentlich zu bedeuten, daß Jenner George
getreten hat? Das ist ja neuerdings so eine Art Lieblingsthema von dir.«
    »Jenner hat George nicht getreten. Aber Hailstone wollte es mir
weismachen. Lügen aufspüren ist mein Geschäft – ich spüre die kleinen
psychologischen Ungereimtheiten, die Wahrheit und Verstellung unterscheiden –,
und diese hier fiel mir auf. Das wäre mir beinahe zum Verhängnis geworden. Ich
habe Hailstone gleich darauf gefragt, ob Jenner mit dem zweiten Schwung Gäste
gekommen sei. Ich war aufgeregt, verstehst du, und ein wenig leichtsinnig.
Wieviel auf dem Spiel stand, war mir da noch nicht aufgegangen, und ich habe
einfach geprahlt – und das sollte man als Polizist nie tun.«
    »Geprahlt?«
    »Mit meiner Frage habe ich preisgegeben, wieviel von der Sache ich
schon erraten hatte. Daß Heaven mit seinem Hotel hier auftauchte, war ein
schwerer Schlag für unsere Freunde. Sie wollten die Insel ganz für sich – das
wollen sie immer noch. Und wenn das nicht zu machen war, dann wollten sie
zumindest die Stärkeren bleiben. Also ließen sie Verstärkung kommen – und
tarnten sie klug als Gäste im Hotel. Die Verstärkung, das waren Jenner und ein
oder zwei weitere; ich denke, ich weiß jetzt, wer sie sind. Wir hätten diese
Verbindung vielleicht nie bemerkt, aber in seinem Eifer, sie zu verbergen,
erzählte mir Hailstone, was für ein unangenehmer Bursche Jenner sei – er habe
George getreten. Instinktiv spürte ich die Lüge, aber das hätte ich für mich
behalten müssen. Statt dessen habe ich mich beinahe verraten, als ich die Frage
stellte, die logisch daraus folgte. Ob dieser Jenner mit der zweiten Gruppe
Gäste gekommen sei? Hailstone bekam einen Schrecken, und ich hatte mein
Vergnügen dabei. Aber ich glaube – wenn er nicht besser blufft als ich mir
vorstellen kann –, daß er es inzwischen als Zufall abgetan hat. Von

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