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Applebys Arche

Applebys Arche

Titel: Applebys Arche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Innes
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ich die Wellen gerade noch hören. Das ist
immerhin Orientierung. Ich denke, wir versuchen es.«
    Sie gingen weiter, und sogleich packte der Wirbel sie wieder. »Was
wohl passiert, wenn diese Achterbahn zum Stillstand kommt?« fragte Diana.
    »Wahrscheinlich kaum etwas. Die Insel kehrt zum normalen Leben
zurück. Obwohl ich wünschte, daß es anders kommt.« Er warf einen besorgten
Blick hinter sich; die Seeäpfel sanken nieder und hüpften wieder über den
Strand, und der seltsame Vorhang, der sie umhüllt hatte, wurde dünner. »Die
Elemente waren unser Unglück. Aber sie haben uns auch das Leben gerettet, und
eine Weile sind wir noch auf ihre Hilfe angewiesen. Was wir jetzt bräuchten,
wäre Nebel oder ein dichter Regenguß. Oder ein Erdbeben oder eine Flutwelle.
Alles, was Verwirrung stiftet und ein wenig Deckung gibt. Wir müssen laufen.«
    Sie liefen, auch wenn sie nach wie vor fast nichts sehen konnten. Es
wäre unmöglich gewesen zu hören, ob die Verfolger ihnen auf den Fersen waren;
ein Panzerbataillon hätte hinter ihnen sein können und sie hätten es nicht
bemerkt. Denn die ganze Insel war erfüllt von Stimmen: vom gleichförmigen
Knarren großer Wasserräder, von Monstren, die durchs Unterholz brachen oder sich
in Wasserbecken stürzten, von Zuschauermassen, die ein Tor beim Fußballendspiel
bejubelten, von Xylophonen, die rasend schnelle Tonleitern klimperten. Und das
war nur der Generalbaß zum Gesang der versammelten Dämonenschar in den Lüften.
Sie hatten ein Geschrei angestimmt, mit dem sie das Himmelszelt hätten sprengen
können; selbst König Lear in all seinem Wahn hätte sich keinen heulenderen
Sturm wünschen können. Jede Verständigung, selbst mit Brüllen, war unmöglich
geworden; nichts war mehr von der Brandung zu hören; nur die Neigung des
Strands gab ihnen Orientierung, und sie gingen bergab, bis sie ans Wasser
kamen. Von da an war der Weg vergleichsweise leicht. Aber das galt für den
Feind ebenso.
    Der Sturm, der in der Höhe tobte, als hätte sich ein Stück vom Chaos
losgerissen, war am Boden launisch und unberechenbar; es kam vor, daß sie aus dem
Wirbel unvermutet in ein Fleckchen schwüler Stille stolperten, und schon mit dem
nächsten Schritt packte der Wind sie wieder; sie arbeiteten sich voran, als wateten
sie durch einen gräßlichen Brei, der zuweilen dicker und dünner angerührt war. Von
Augenblick zu Augenblick wurde es unwirklicher. Zu ihrer Linken explodierte plötzlich
die Luft, und der Schlag warf sie fast um; dann geschah das Gleiche zur Rechten,
und die Gischt durchnäßte sie; vor ihnen hob sich der Sand in die Höhe wie ein donnernder
Geysir. So ungefähr stellte Diana sich ein Schlachtfeld vor – und im Augenblick,
in dem ihr der Gedanke kam, riß Appleby sie auch schon herum, und sie stürmten verzweifelt
den Strand hinauf in die Deckung des Dschungels. Allmählich begriff sie, was geschah.
Etwas landete ihr mit einem schweren Schlag vor den Füßen. Es sah aus wie ein Cricketball.
Sie rannten, so schnell sie konnten. Sie spürte einen Schlag, der ihr in den Ohren
schmerzte und sie zu Boden warf, und Sand regnete auf sie herab.
    Die Welt zog im Schneckentempo an ihr vorbei – was wohl ein Zeichen
war, daß sie nach wie vor krochen. Jetzt wieder durchs Unterholz. Und der
Dschungel schirmte das schlimmste Unwetter ab, so daß sie hören konnte, was
Appleby brüllte.
    »Sie sind uns ans Wasser gefolgt und werfen Handgranaten. Aber hier
sind wir in Sicherheit.«
    »Sollten wir uns nicht lieber für eine Weile verstecken?«
    »Nein. Wir müssen versuchen, vor ihnen am Hotel zu sein. Komm.« Und
weiter ging es. Diana fühlte sich naß bis auf die Knochen. Vielleicht
regnete es in Strömen. Oder sie war schweißgebadet. Oder blutüberströmt
womöglich, von einer Wunde, die sie gar nicht spürte, oder von den Dornen, die
sie streiften. Aber kriechen konnte sie noch. Und plötzlich, sie wußte nicht
wie, waren sie wieder auf dem kleinen Pfad durch den Dschungel und liefen. Die
stickige Luft war so voller Sand, daß sie kaum etwas sahen. Aber es konnte
nicht mehr weit sein. Diana spürte etwas Hartes, Festes unter den Füßen.
Bevor sie überlegen konnte, was das war, war es schon wieder fort, und sie
stürzte kopfüber ins Wasser. Sie hielt sich an etwas fest, das sich weich und
glitschig anfühlte, und einen Moment lang dachte sie, es sei der von einer
unbekannten Gewalt entsetzlich zerschmetterte Appleby; dann ging ihr auf, daß
sie in den Swimmingpool gestürzt

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