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Applebys Arche

Applebys Arche

Titel: Applebys Arche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Innes
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können. Denn sie hätten gelernt, daß
physische Gefahr, wenn sie erst einmal eintritt, oft leichter zu ertragen ist
als die Furcht davor, denn anders als wenn sich die Phantasie eine
mögliche Bedrohung nur ausmalt, sorgt die Natur dann dafür, daß die richtigen
Chemikalien ins Blut kommen. Sie hätten erfahren – denn so seltsame Wege geht
das Menschenherz –, daß es sogar, wenn man erst einmal mit den Gefahren
ringt, jene raren Augenblicke gibt, in denen man ganz das Gefühl hat, daß man
sich prächtig amüsiert. All das lernten die Hotelgäste nun. Mr.   Rumsby
hatte sich ein nasses Handtuch um den gefährlich aufgerissenen Mund gebunden
und einen Ausfall mit einer Kanne Kerosin gewagt, um eine Lücke in den Flammen
zu schließen. Miss Busst rollte schwungvoller ihre Benzinfässer als sie je die
fetten Gentlemen über den Strand gejagt hatte. Das ganze Hotel war ein
Schlachtfeld im Miniaturformat geworden.
    Das Feuer breitete sich in Richtung Dschungel aus. Behende und
kraftvoll wie eine Schlange huschte es durchs Unterholz. Es hüpfte wie ein
großes goldenes Eichhörnchen die Stämme der dunkel belaubten Bäume hinauf, und
überall brachen Blütenflammen auf. Es würde den Feind in seinem Vorrücken
behindern. Aber eine unüberwindliche Barriere bildete vorerst nur das Hotel mit
seinem Halbkreis von Nebengebäuden. Wer an dieser Flammenhölle vorbeiwollte,
mußte schwimmen. Und jeden Schwimmer hatte Glover mit seiner Flinte im Visier.
    Diana hatte das letzte Faß gezuckertes Benzin vorgerollt und
betrachtete die hüpfenden Flammen. »John«, sagte sie, »hast du eigentlich
überlegt, daß der Wind umspringen könnte, bevor das Boot bereit ist?«
    »Keine Sorge. Ich bin kein Anfänger, nicht wie Poulish. Ich habe so
etwas schon oft gemacht.«
    »Häuser angezündet?«
    Er lächelte gedankenverloren. »Na, zumindest einmal. Auch wenn es
ein kleineres Haus war – und eine größere Sache … Was meinst du, was tun
unsere Freunde jetzt gerade?«
    »Gehen zurück und holen schwereres Geschütz.«
    Appleby nickte munter. »Bei ihrem Kannibalenüberfall haben sie auch
dafür gesorgt, daß keiner von uns einen Fluchtversuch unternimmt. Zucker im
Benzin, der Dynamo außer Gefecht. Da werden sie davon ausgehen, daß sie eine
halbe Stunde riskieren und die Dicke Berta holen können. Allerdings werden sie
sich auch denken, daß wir einen Notvorrat an Benzin haben und nicht zu lange
warten … Ah!«
    Der Sturm hatte weit genug nachgelassen, daß aus einiger Ferne der
Schlag einer Explosion durch das Tosen herüberdrang. Diana schürzte, was von
Miss Bussts Shorts noch übrig war, und riß die blauen Augen auf. »Sind das etwa
Bomben?«
    »So schlimm ist es nicht. Immer noch Handgranaten – aber große.
Allerdings lassen sie sie im Augenblick noch weiter draußen detonieren – der
reine Nervenkrieg.« Er drehte sich wieder zur Tür des Bootshauses um. »Wie
lange brauchen Sie noch, Mudge?«
    »Eine Viertelstunde, Sir. Aber unser altes Heim wird länger brennen
als das.«
    »Zweifellos.« Appleby sondierte sorgsam das Terrain. Auf der einen
Seite stand das Hotel in Flammen; auf der anderen gab es nur das Bootshaus, den
niedrigen, aus Beton gebauten Anleger und das Meer. Der Anleger bot Deckung,
und nach der ersten Detonation trieb Glover die Gäste, auch wenn sie klagten,
in das flache Wasser dahinter. Die Granate war jenseits des Hotels explodiert,
aber es konnte nicht allzu schwer für den Feind sein, so nahe heranzukommen,
daß er die nächsten zu ihnen herüberwerfen konnte. Und es war ja nur ein
kleiner Bereich, der zu zerstören war.
    Diana zählte, wieviele sie waren. »Die schwarzen Diener sind weg.
Willst du alle anderen mit aufs Boot nehmen?«
    »Alle, die sich nicht lieber gefangennehmen lassen.« Hoppo rief eine
Warnung, und Appleby drehte sich eilig um. Ein kleines Stück hinter ihm
steckte, noch vibrierend, einer der nun schon vertrauten Eingeborenenspeere im
Sand. Er lief hin und zog ihn heraus; an den Schaft war ein Zettel gebunden. Er
riß ihn ab und faltete ihn im Zurückgehen auf. »Bedingungslose Kapitulation
binnen der nächsten fünf Minuten, und wir können als Gefangene an Bord eines
Versorgungsschiffes gehen, sobald es hier anlegt.« Er drehte den Zettel um,
holte aus seiner Tasche einen Bleistift. »Das wäre Dunchues Ultimatum. Was
antworten wir?«
    »Rule, Britannia.«
    Er schrieb es hin; dann überlegte er. »Mudge«, rief er, »staken Sie
vor bis zum Vorderende des Stegs;

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