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Aprilgewitter

Titel: Aprilgewitter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lorentz Iny
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soll ich diese Uniform wählen, oder hältst du sie für einen schlichten Fähnrich für zu auffällig?«
    Lore sah von ihrer Stickerei auf. Auf sie wirkte jede der gezeigten Uniformen mit ihren Tressen, Aufschlägen und Epauletten, als fehlten den Trägern nur noch Schwanzfedern, um ein Pfauenrad schlagen zu können. Da sie dies Fridolin allerdings nicht so direkt sagen wollte, zeigte sie auf die schlichteste Version.
    »Ich glaube, diese würde dir stehen. Du willst ja kein Berufssoldat werden, sondern nur dein Freiwilligenjahr ableisten.« An Fridolins unwilliger Miene erkannte sie, dass ihm eine prachtvollere Uniform ins Auge stach, und versuchte sogleich einzulenken: »Aber wenn dir diese besser gefällt, solltest du diese wählen!«
    Fridolin überlegte kurz und schüttelte dann den Kopf. »Du hast recht. Hier steht sogar, dass die von dir ausgewählte Uniform für Fähnriche des einjährigen Dienstes empfohlen wird. Danke, dass du mich darauf aufmerksam gemacht hast. Mit der anderen hätte ich mich in die Nesseln gesetzt!«
    Sein Lächeln wirkte so entspannt, dass Lore erleichtert aufatmete. Wie es aussah, hatte sich die alte Vertrautheit zwischen ihnen wieder eingestellt. Da kam ihr eine Bemerkung in den Sinn, die ihr Mann am Vortag gemacht hatte. »Wolltest du dich nicht heute mit diesem Kreis um Grünfelder und Rendlinger treffen, Fridolin?«
    Ihr Mann schoss hoch. »Bei Gott! Das hätte ich vor lauter Uniformen beinahe vergessen. Der heutige Abend ist äußerst wichtig für unsere Pläne, und die anderen wären zu Recht böse auf mich, wenn ich ihn versäumen würde.« Mit diesen Worten eilte Fridolin in sein Umkleidezimmer, um eine andere Hose und ein Jackett auszusuchen. Lore folgte ihm und lehnte sich gegen den Türrahmen.
    »Kommst du heute auch wieder später?«
    »Ich hoffe nicht«, antwortete Fridolin, wandte aber den Blick ab. Die anderen würden mit Sicherheit wieder Hedes Bordell aufsuchen, und da war es schwer für ihn, sich auszuschließen.
    Lore bemerkte seine Verlegenheit und erinnerte sich wieder an jenes Parfüm, das sie bereits mehrfach an ihm gerochen hatte. Der Gedanke, Fridolin könnte hier in Berlin eine Geliebte gefunden haben, schmerzte, zumal sie gehofft hatte, die Vertrautheit, die sie in Bremen gefühlt hatte, würde sich nun wieder einstellen. Doch welchen anderen Grund konnte es für sein langes Ausbleiben geben?
    »Nun, dann wünsche ich euch viel Erfolg«, erklärte sie gekränkt und kehrte zu ihrer Stickerei zurück.
    Da Fridolin rechtzeitig zu Grünfelder kommen wollte, fehlte ihm die Zeit, über ihre Reaktion nachzudenken. »Jean!«, rief er nach dem Diener. »Geh rasch hinaus und besorge mir eine Droschke!«
    Jean legte missmutig seine Zeitung beiseite und stand auf. Allerdings dachte er nicht daran, sich in eigener Person auf die Suche nach einer freien Droschke zu machen, sondern trat in die Küche, in der Jutta und Nele gerade das Geschirr vom Abendessen wegräumten.
    »Eine von euch muss eine Droschke für den Herrn besorgen. Ich habe in seinen Privaträumen zu tun!« Er sagte es, drehte sich um und saß eine Minute später wieder im Sessel, um den Artikel weiterzulesen, den er eben hatte unterbrechen müssen.
    Jutta sah Nele fragend an, doch die zog sich sofort in Richtung Tür zurück. »Ich glaube, die Herrin hat eben nach mir geklingelt«, rief sie und verschwand wie ein Blitz.
    »Arbeitsscheues Gesindel!«, schimpfte Jutta und machte sich selbst auf den Weg. Sie fand gerade noch rechtzeitig eine Droschke, so dass Fridolin nur noch einsteigen und als Fahrziel Grünfelders Villa angeben musste.
    Als er dort ankam, hatten sich die anderen Herren bereits eingefunden. Major von Palkow zog seine Uhr aus der Tasche und blickte missbilligend darauf. »Sie kommen spät, Trettin!«
    »Er hat sich wohl nicht so rasch von seiner Frau losreißen können«, warf von Campe spöttisch ein.
    Er hatte Frau von Stenik dazu gebracht, Lore zu ihrem Besuchsnachmittag einzuladen, und wollte dort seinen ersten Angriff auf sie starten. Sein Wettpartner von Trepkow hatte sich inzwischen den dritten Cognac einschenken lassen und versuchte, zuversichtlich zu erscheinen. Doch ihm brannten die Geldsorgen unter den Nägeln, und er wusste, dass er die Wette mit seinem Kameraden dringend gewinnen musste. Daher hatte er sich in den letzten Tagen mehr im Tiergarten als in der Kaserne aufgehalten, Trettins Frau aber nirgends entdeckt. Als Nächstes plante er, seine Schwester einzuspannen, um mit

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