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Aprilgewitter

Titel: Aprilgewitter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lorentz Iny
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es musste doch eine Möglichkeit geben, dieses Paar auseinanderzubringen, sagte er sich. Die einzige Lösung, die er sah, war Geld. Damit konnte man heutzutage alles erreichen. Er versuchte, die Summe zu schätzen, für die Lore von Trettin ihren Mann aufzugeben bereit war. Billig würde es nicht werden, das wusste er. Doch Fridolin war der einzige Adelige, dem er seine Bank anvertrauen konnte. Die übrigen Herren, die sich um seine Tochter bemühten, waren Mitgiftjäger, die sich mit seinem schwer verdienten Geld ein faules Leben machen wollten.
    Zwar bewunderte Grünfelder Offiziere wie von Trepkow und von Campe und hätte nachgeborene Töchter mit Freuden mit diesen verheiratet. Doch Wilhelmine war seine einzige Erbin, und ihr Gatte sollte einmal sein Lebenswerk weiterführen. Dazu waren diese Herren weder bereit noch in der Lage.
    Die beiden Offiziere, mit denen Grünfelders Gedanken sich eben beschäftigten, waren ebenfalls verblüfft. Auch sie hatten Lore trotz ihrer blendenden Erscheinung für einen Landtrampel aus den ostpreußischen Wäldern gehalten und mussten sich nun eines Besseren belehren lassen.
    Lore ignorierte die feinen Spitzen, die einige weibliche Gäste anzubringen versuchten, unterhielt sich ausgezeichnet mit Emil Dohnke und dem ältlichen Gutsherrn und wechselte ohne Probleme in die englische Sprache, die Fürst Tirassow besser beherrschte als die deutsche.
    Sogar Kriemhild von Wesel, die ihre Ahnen bis vor das Jahr 1000 zurückverfolgen konnte, musste zugeben, eine vollkommene Dame vor sich zu sehen. Trotzdem konnte sie sich einiger kleiner Ausfälle nicht enthalten.
    »Haben Sie Ihr Kleid selbst genäht, gnädige Frau?«, fragte sie.
    Lore sah sie freundlich lächelnd an. »Es stammt aus Mrs. Penns englischem Modesalon. Ich lasse alle meine Kleider dort herstellen!«
    Einige Damen, die Lores hellblaues Gewand schon die ganze Zeit über bewundert hatten, notierten sich in Gedanken diesen Namen. Als Frau von Stenik noch erklärte, ihr Kleid stamme von derselben Schneiderin, war selbst Kriemhild von Wesel überzeugt.
    »Kein Wunder, dass die Stenik heute mal nicht so aussieht, als hätte man sie in eine zu enge Wurstpelle gestopft«, raunte sie Wilhelmine zu. Diese musste unwillkürlich lachen und fühlte den empörten Blick der genannten Dame auf sich ruhen, der Kriemhilds Bemerkung nicht entgangen war.
    August Grünfelder sah seine Tochter bereits Frau von Steniks spitzer Zunge ausgeliefert und beschloss, den Kredit, den der Neffe der Dame wünschte, auch gegen Fridolins Rat zu genehmigen. Danach hoffte er nur noch, dass die Festlichkeit zu Ende ging, bevor es wirklich zu einem Eklat käme.

V.
    D as Fest bei Grünfelder hinterließ bei den Teilnehmern unterschiedlichste Empfindungen. Während Fridolin zu Recht stolz auf Lore war, zeigte diese sich erleichtert, weil sie ihre Isolation hatte aufbrechen können. Sowohl Kriemhild von Wesel wie auch einige andere Damen hatten sie zu sich eingeladen. Unterdessen haderte Grünfelder samt Frau und Tochter mit ihrem Schicksal.
    »Es war eine einzige Demütigung, Papa«, rief Wilhelmine am Frühstückstisch und versuchte, die Tränen zurückzudrängen.
    Ihre Mutter reichte ihr ein Taschentuch. »Hier, mein Schatz. Du darfst dir diese Sache nicht so zu Herzen nehmen. Wenn du erst einmal Herrn Fridolins Gattin bist, kann dir keine dieser Damen mehr an den Karren fahren!«
    »Wenn ich es je werde!«, klagte Wilhelmine. »Die Harpyie, die ihn in ihren Klauen hat, wird ihn gewiss nicht so leicht freigeben.«
    »Ich muss zugeben, Frau von Trettin hat auch mich überrascht. Aber selbst eine Frau wie sie kann aus dem Weg geschafft werden.«
    »Du klingst ja gerade so, als wolltest du sie ermorden«, tadelte Grünfelder seine Frau, dem das Gejammer der beiden zunehmend auf die Nerven ging. »So, wie ihr euch benehmt, werdet ihr Herrn von Trettin noch vergraulen. Er ist ein Herr mit strengen Prinzipien.«
    »Das sieht man schon daran, dass er einen Landtrampel von Schneiderin geheiratet hat«, brach es aus Wilhelmine heraus.
    »Ich wünsche solche Worte nicht mehr in meinem Hause zu hören!«, antwortete der Vater streng. »Herrn von Trettins Gattin ist seine Nichte zweiten Grades, sprich die Tochter einer Base. Soviel ich erfahren habe, hat sein Oheim, der Freiherr auf Trettin, in seinem Testament verfügt, dass Herr Fridolin dessen Enkelin heiraten sollte. Damit wollte er Lore, deren Vater bürgerlicher Herkunft war, wieder einen adeligen Namen verschaffen.

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