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Aprilgewitter

Titel: Aprilgewitter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lorentz Iny
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dem Leutnant Adresse und Zeitpunkt, an dem dieser zu ihm kommen sollte, tippte sich anschließend mit der Reitpeitsche an die Mütze und ritt mit einem zufriedenen Zug um die Lippen weiter.
    Da er von Trepkow kannte, glaubte er, dass einige diskret gereichte Geldscheine ausreichen würden, um ihn dazu zu bewegen, den russischen Fürsten zum Duell zu fordern. Immerhin war der Leutnant ein guter Schütze und würde eine Versetzung an die Memel oder einen anderen abgelegenen Ort leicht wegstecken, zumal er hoffen konnte, dass Prinz Wilhelm sich nach der Überreichung der Dampfyacht für ihn verwenden würde.
    Immer noch lächelnd erreichte von Palkow die Kadettenanstalt, übergab sein Reittier einem Pferdeknecht und betrat seine Privaträume. Dort ließ er sich von seinem Burschen die Stiefel ausziehen und setzte sich in Pantoffeln an den Schreibtisch, um seine Post zu lesen. Das meiste bestand nur aus Reklame: Der eine Fabrikant pries seine Schnurrbartwichse als die beste der Welt an, der andere machte ehrerbietig auf seine Schnupftücher aufmerksam, und ein dritter hatte sogar eine Warenprobe von mehreren Zigaretten geschickt. Da von Palkow diese als Soldatenstengel abtat und selbst Zigarren vorzog, wollte er sie schon in den Abfallkorb werfen, hielt dann aber inne.
    »Hier, die sind für dich«, sagte er zu seinem Burschen und warf diesem die Schachtel zu.
    »Danke gehorsamst, Herr Major!«, antwortete der Mann und freute sich, weil sein Herr nach einigen Tagen, an denen er die halbe Welt hätte fressen können, wieder guter Laune zu sein schien.
    Von Palkow hatte bereits den nächsten Brief geöffnet. Dieser stammte von seiner Geliebten. Wie es aussah, war Malwine bei einem Damenkränzchen wieder auf Lore von Trettin gestoßen und hatte erneut den Kürzeren gezogen. Nun ließ sie sich auf mehreren Seiten in zornigen Worten über das Weib aus. Ganz zuletzt standen ein paar Zeilen, die ihn aufhorchen ließen.
    »Wie ich eben aus sicherer Quelle erfahren habe, wird Lore von Trettin schon bald von ihrem hohen Ross herabgestoßen. Ihr Mann will sich nämlich von ihr scheiden lassen, um die Bankierstochter Wilhelmine Grünfelder zu heiraten. Für das durchtriebene Weib freut es mich. Allerdings erfüllt es mich mit Gram, dass dieser Lump Fridolin noch reicher werden soll. Ich wünsche den beiden von ganzem Herzen alles Schlechte und vergehe bis dahin vor Sehnsucht nach dir.«
    Belustigt, weil sie ihr Liebesverhältnis im selben Zug mit den Verwünschungen für ihre Verwandten genannt hatte, sperrte der Major den Brief weg. Dabei hinterfragte er seine Gefühle für Malwine. Sie war eine erregende Frau, und er unterwarf sich im Bett gerne ihren Launen. Dennoch wünschte er sich, sie würde auch einmal auf seine Vorstellungen eingehen. Das aber verweigerte sie ihm ebenso, wie es jenes Weib getan hatte, das ihm zum Verhängnis geworden war. Sein Verstand sagte ihm, Malwine sei eine Frau um die vierzig, deren Brüste bereits schlaff wurden und die langsam in die Breite ging. Wenn er es genau nahm, wünschte er sich schon längst eine jüngere Gespielin im Bett, bei der er der Herr sein konnte. Ihm fiel das
Le Plaisir
ein, und er beschloss, es noch an diesem Tag aufzusuchen. Keinesfalls durfte er sein Verhältnis mit Malwine von einem Tag auf den anderen beenden, sondern musste so tun, als glaube er weiterhin an eine gemeinsame Zukunft.
    Daher nahm er Papier und Schreibstift zur Hand und bestellte sie für den nächsten Tag eine Stunde später als von Trepkow in die Potsdamer Straße. Außerdem setzte er einige schmalzige Komplimente hinzu, von denen er wusste, dass sie ihr gefielen, und endete mit »Sehnsuchtsvoll, dein starker Hengst!«.
    Er faltete den Brief, steckte ihn in ein Kuvert und schrieb die Adresse darauf. Als er kurz darauf nach seinem Burschen rief, stürzte dieser mit einer brennenden Zigarette im Mundwinkel ins Zimmer. »Herr Major befehlen?«
    »Bring diesen Brief zu seiner Empfängerin. Unterwegs kannst du dir einen Krug Bier gönnen.« Dem Brief folgte ein Markstück, das der Soldat rasch in einer der Taschen seiner Uniform verschwinden ließ.
    Dann salutierte er und knallte die Hacken zusammen. »Herr Major können sich auf mich verlassen!«
    »Das weiß ich. Jetzt verschwinde!« Als der Bursche die Tür hinter sich geschlossen hatte, ging von Palkow seine restliche Post durch. Bis auf zwei Rechnungen, die zu bezahlen ihm die Vorsicht gebot, weil er bei den Geschäftsleuten als säumiger Schuldner bekannt

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