Aprilgewitter
Kopf schüttelte. »Sie haben Ihr Ehrenwort gegeben! Das können Sie nicht so einfach zurücknehmen. Wenn wir anderen Ihren Anteil mit aufbringen müssten, gäbe es Schwierigkeiten.«
»Wenn ich nur meine Wette mit Campe gewinnen könnte!«, entfuhr es dem Leutnant.
Von Palkow sah ihn interessiert an. »Welche Wette?«
Zuerst wollte sein Besucher nicht so recht mit der Sprache heraus, besann sich dann aber anders. »Es geht um Frau von Trettin. Famoses Fohlen! Sie kennen sie ja. Campe und ich haben gewettet, wer sie als Erster verführen kann. Meine Schwester hat mich jedoch bei ihr verleumdet. Ärgert mich fürchterlich! Ich käme sonst ganz sicher zum Zug.«
»Davon bin ich überzeugt! Weiß aber nicht, ob es so erstrebenswert für Sie wäre, Trepkow. Habe läuten hören, dass ihr Mann sich scheiden lassen will. Wenn Sie ihr den Hof machen, haben Sie sie am Hals und können auf Ehre nicht mehr zurück.«
Friedrich von Trepkow wurde blass. Dann huschte ein höhnischer Ausdruck über sein Gesicht. »Das würde ich Campe gönnen. Wäre mir lieb, wenn er die Scheidungswitwe heiraten müsste und ich bei Grünfelders Tochter freie Bahn hätte. Die ist zwar nicht mein Traumweib, aber meinen Gaul stört es nicht, wenn ein Plebejer wie Grünfelder seinen Hafer bezahlt. Muss den Kerl ja nicht andauernd um mich haben.«
»Fragen Sie sich nicht, weshalb Trettin sich scheiden lassen will?«, antwortete von Palkow.
»Und warum?«, fragte der Leutnant gehorsam, ohne sich dafür zu interessieren.
»Weil er Fräulein Grünfelder zu ehelichen gedenkt. Bei den beiden passt alles. Sie hat Geld wie Heu, er den Freiherrntitel. Außerdem ist er der Kompagnon ihres Vaters.«
Von Trepkow öffnete den Mund, brachte aber kein Wort heraus.
Von Palkow musterte ihn spöttisch. »Verschlägt Ihnen die Sprache, was? Wenn Trettin die Bankierstochter heiratet und Campe bei dessen jetziger Frau zum Zug kommt, sieht es übel für Sie aus. Dann bleibt Ihnen auf Ehre nur noch, Ihre Pistole zu nehmen und sich zu erschießen!«
Friedrich von Trepkow musste dem Major insgeheim zustimmen, so schrecklich der Gedanke auch war: Wenn er weder seinen Anteil an dem Geschenk für den Prinzen noch die Wette bezahlen konnte, war er im Regiment und auch im gesamten preußischen Heer erledigt.
»Ich müsste das Land verlassen und mich anderswo als Offizier anmustern lassen«, sagte er bedrückt.
»Denken Sie an Frankreich und die
légion étrangère
? Vergessen Sie es! Offiziere werden dort nur Franzmänner.«
»Ich hatte eher Russland oder Südamerika im Sinn.«
»Und mit was wollen Sie dort hinkommen?«, fragte von Palkow lachend. »Glauben Sie etwa, die Bahn oder die Schiffe nehmen Sie umsonst mit? Auch wird weder der russische Zar noch einer der südamerikanischen Despoten Ihnen einen Offiziersrang auf dem Silbertablett präsentieren. Nein, Trepkow, wenn Sie die Wette und Wilhelmine Grünfelder verlieren, sind Sie tot! Das wissen Sie genauso gut wie ich.«
Der Major bemerkte zufrieden, dass seine Worte trafen, begriff aber auch, dass Friedrich von Trepkow nicht den Mumm hatte, sich selbst zu erschießen, um seine Ehre zu wahren. Und das würde von Palkow zu nutzen wissen. Denn ihm lag die Tatsache, dass der russische Geheimdienst seine Verbindung zu Delaroux aufgedeckt hatte, schwer auf der Seele. Wenn Tirassow dies an die preußischen Behörden weitergab, sähe er sich einem Erschießungskommando gegenüber.
Es musste ihm unbedingt gelingen, den Anschlag auf Prinz Wilhelm durchzuführen. Versagte er, würde er das Geld nicht bekommen, mit dem er sich in den USA eine neue Existenz aufbauen wollte. Aber zu dem Zeitpunkt wäre das sein geringstes Problem. Denn es gäbe dann wahrscheinlich keinen Ort, an dem er noch sicher war, denn Delaroux würde alles daransetzen, ihn umbringen zu lassen. Im Grunde bewegte er sich genauso auf des Messers Schneide wie von Trepkow.
Er legte dem Leutnant den Arm um die Schulter und senkte die Stimme. »Vielleicht gibt es eine Möglichkeit, Ihnen zu Fräulein Grünfelder zu verhelfen!«
»Ich werde Trettin vor die Pistole fordern und ihn niederschießen wie einen Hund!«, presste von Trepkow hervor.
»Danach zwiebeln Sie in Memel polnische und litauische Rekruten, und Berlin ist für Sie ebenso weit entfernt wie der Mond. So gewinnen Sie gar nichts. Aber wenn Sie auf mich hören …« Von Palkow brach ab, als von Trepkow ihn mit neu erwachender Hoffnung ansah.
»Bitte sprechen Sie, Herr Major! Wäre Ihnen
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