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Aprilgewitter

Titel: Aprilgewitter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lorentz Iny
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Nathalia sich in dieser Stadt besser auskannte als sie.
    »Woher weißt du das alles?«, fragte sie schließlich beeindruckt.
    Nathalia antwortete mit einem neckischen Lachen. »Einige meiner Mitschülerinnen stammen aus Berlin und waren gerne bereit, mir die Vorzüge ihrer Heimatstadt haarklein aufzuzählen. Die wichtigsten Sachen habe ich mir aufgeschrieben und den Rest«, sie zeigte mit dem Knöchel des rechten Zeigefingers gegen ihre Stirn, »hier behalten.«
    »Da hast du dich gut auf den Aufenthalt hier vorbereitet. Wir werden sehen, wie viel wir von deinen Plänen verwirklichen können. Eines sage ich dir aber gleich: Du wirst kein Bier trinken.«
    »Ja, Frau Gouvernante!« Allerdings blitzten Nathalias Augen so, dass Lore beschloss, sie sorgsam unter Kontrolle zu halten. Das Mädchen wäre sonst imstande, allein in einen Biergarten zu gehen und Bier zu verlangen, und würde schließlich auf der Polizeistation enden. Sie hatte wahrlich wenig Lust, ihre kleine Freundin aus einer Verwahranstalt holen zu müssen.
    Schnell verscheuchte sie diesen Gedanken und sprach ein anderes Thema an. »Meine ehemalige Zofe hat mich nicht nach Berlin begleiten wollen und deswegen gekündigt. Bislang hat Jutta mir geholfen, und da sie auch zu deiner Verfügung stehen wird, habe ich mich entschlossen, sie offiziell als Zofe einzustellen und ein anderes Dienstmädchen zu suchen. Das ist dir doch hoffentlich recht, Jutta?« Die Frage setzte Lore hinzu, weil ihr eingefallen war, dass das Dienstmädchen bereits die Beförderung zur Köchin ausgeschlagen hatte.
    Jutta war eben mit zwei Gläsern und einer Karaffe mit Limonade zurückgekehrt und sah nun ihre Herrin und dann Nathalia an. Ihren vorhergehenden Herrinnen hatte sie oft genug Zofendienste leisten müssen und glaubte zu wissen, was alles dazugehörte. Kochen war jedoch eine Kunst, die vom Kochlöffel auf gelernt werden musste, um es zur Meisterschaft zu bringen.
    »Also, gnädige Frau, wenn Sie es mit mir versuchen wollen, soll es mir recht sein. Sie müssen mir aber sofort sagen, wenn Sie nicht zufrieden mit mir sind«, antwortete sie. Ihr wurde bewusst, dass sie als Zofe über dem anderen Personal stehen würde und Nele und Jean somit offiziell Befehle erteilen durfte. Das gefiel ihr fast noch besser als die Zofentracht, die sie in Zukunft tragen würde.
    »Dann ist das geklärt«, sagte Lore und bat Nathalia, ihr zu folgen. »Ich will dich einem weiteren Hausgast vorstellen. Halte dich bitte ein wenig zurück. Fräulein von Trepkow hat erst vor kurzem ihre Mutter verloren.« Da sie das Mädchen kannte, wusste Lore, dass es ihre Warnung beherzigen würde. Nathalia konnte einen zwar zur Weißglut bringen, aber wenn es darauf ankam und ihr wichtig schien, war sie auch charmant und bestechend höflich.
    Und tatsächlich: Nathalia kondolierte Caroline mit sanfter Stimme und benahm sich in deren Gesellschaft so manierlich, dass ihre Lehrerinnen in der Schweiz sich verwundert die Augen gerieben hätten. Ein Gutes hatte ihre Anwesenheit, denn sie brachte Caroline dazu, sich stärker an den Gesprächen zu beteiligen als in den letzten Tagen. Auch huschte bei Natis Erzählungen sogar der Anflug eines Lächelns über Carolines Gesicht.

III.
    W ährend Lore mit Caroline und Nathalia zusammensaß, empfing Major von Palkow seinen ersten Gast in der Wohnung in der Potsdamer Straße. Er hatte sich von seinem Burschen Wein und einige Lebensmittel besorgen lassen und ihn dann mit einem weiteren Auftrag fortgeschickt, um allein mit Leutnant von Trepkow reden zu können. Dieser trank bereits sein drittes Glas Wein und stopfte sich dabei mit Schinken und Käse voll, als hätte er seit Tagen nichts gegessen.
    »Verteufelte Sache, Ihre Mutter gerade zum jetzigen Zeitpunkt zu verlieren«, begann der Major das Gespräch.
    Von Trepkow setzte das Weinglas ab und nickte. »Allerdings! Hätte nie gedacht, dass sie so früh gehen muss. Jetzt fehlt mir der Zuschuss, den sie mir hat zukommen lassen. Ist mir äußerst peinlich, muss ich sagen.«
    »Immerhin haben Sie bei dem Bankmenschen Grünfelder einen dicken Stein im Brett. Es würde mich nicht wundern, wenn er Sie als Schwiegersohn willkommen hieße«, fuhr von Palkow fort.
    »Ich wollte, es wäre schon so weit. Die Sache mit dieser Dampfyacht hat mich abgelenkt. Wäre sie am liebsten los.« Von Trepkows Hoffnung, sich mit Palkows Zustimmung aus seiner Verpflichtung davonschleichen zu können, erhielt jedoch einen jähen Dämpfer, als der Major den

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