Aprilgewitter
verteufelt zu Dank verpflichtet, wenn Sie mich aus dieser scheußlichen Lage befreien könnten.«
»Das, glaube ich, kann ich«, antwortete von Palkow und sah auf die Uhr. »Wir werden später drüber reden müssen. Ich habe gleich noch eine Verabredung. Muss Sie daher bitten zu gehen. Denken Sie über mein Angebot nach! Wenn Sie tun, was ich sage, wird Grünfelder Sie als Retter empfangen und Ihnen seine Tochter geben. Campe mag sich mit der schönen Trettin begnügen.«
Bevor er Elsie bei ihrem Diebstahlsversuch ertappt hatte, war es von Palkows Absicht gewesen, von Trepkow auf Fürst Tirassow zu hetzen. Nun hatte er seine Pläne geändert, wollte sich aber des Leutnants versichern, falls sein jetziger Plan schiefging und er einen anderen Handlanger benötigte.
»Habe vor kurzem eine kleine Erbschaft gemacht. Es ist nicht viel, aber ich könnte Ihnen das Geld für Ihren restlichen Anteil an dem prinzlichen Geschenk leihen. Falls Sie die Wette mit Campe verlieren, auch mehr. Zahlen Sie mir die Summe zurück, wenn Sie Ihren Goldfisch geheiratet haben.«
Der Major amüsierte sich im Stillen darüber, wie sich die Miene des Leutnants veränderte. Angst und Unsicherheit machten unendlicher Erleichterung Platz. Im nächsten Moment flammten die Augen auf. »Können Sie mir dann nicht vielleicht jetzt schon eine kleine Summe leihen?«
Raffgieriger Narr!, dachte von Palkow, zog aber seine Börse heraus und reichte dem Leutnant ein paar Geldscheine. »Ich will ja nicht so sein. Aber vergessen Sie nicht: Von nun an sind Sie mir verpflichtet. Gehorchen Sie nicht, mache ich Sie hier in Berlin und beim Heer unmöglich. Dann bleibt Ihnen wirklich nur, sich eine Kugel in den Schädel zu jagen.«
Einen anderen hätte die Drohung vielleicht erschreckt oder gar über die Beweggründe des Majors nachsinnen lassen. Friedrich von Trepkow aber steckte unbesorgt die Banknoten ein und salutierte. »Herr Major können sich voll und ganz auf mich verlassen!«
»Das weiß ich, mein lieber Trepkow!« Mit diesen Worten führte von Palkow seinen Besucher zur Tür und ließ ihn hinaus. Ein Blick auf die Uhr zeigte, dass ihm bis zu Malwines Erscheinen noch Zeit für eine Zigarre blieb, und so setzte er sich auf einen Stuhl und brannte sich eine an.
IV.
M alwine von Trettin erschien beim Stundenschlag, gekleidet in ein elegantes kanariengelbes Kleid und einen krempenlosen Hut
mit Federbesatz. Mit einer heftigen Bewegung legte sie die seidene Handtasche und den zierlichen Sonnenschirm auf eine Kommode.
Dabei wirkte ihre Miene angespannt und ihr Mund verkniffen.
Von Palkow drückte die fast fertig gerauchte Zigarre aus und umarmte seine Geliebte. Einige Augenblicke lang lag sie steif in seinen Armen, dann endlich entspannte sie sich und erwiderte die zärtliche Begrüßung. »Ich bin glücklich, wenn du da bist!«, sagte sie. »Du gibst mir Kraft und das Gefühl, begehrenswert zu sein.«
»Du bist begehrenswert!«
In diesem Moment bedauerte von Palkow es, Malwine nicht in die Neue Welt mitnehmen zu können. Sie war ihm in den letzten zwei Jahren nicht nur eine leidenschaftliche Geliebte gewesen, sondern hatte ihm immer wieder mit ein paar diskret gereichten Geldscheinen ausgeholfen. Doch das durfte seine Entscheidung nicht beeinflussen, sagte er sich, während er sie langsam auszog. Als sie nackt vor ihm stand, spürte er ihre Anziehungskraft noch stärker. Bis zu diesem Zeitpunkt hätte er nicht zu sagen vermocht, was ihn an dieser Frau so faszinierte, doch nun begriff er, dass es ihre innere Härte war und die Bereitschaft, notfalls über Leichen zu gehen, um ihr Ziel zu erreichen.
»Du bist bewundernswert«, stieß er keuchend hervor und riss sich die Uniform und die Unterwäsche vom Leib.
Malwine schenkte unterdessen Wein in zwei Gläser, reichte ihm eines und trank selbst in einer lasziven Pose. »Komm her und liebe mich, damit ich endlich an etwas anderes denke als an diese verdammte Lore und ihren dreimal verfluchten Ehemann!«
Diesen Gefallen tat von Palkow ihr gerne. Doch als er auf ihr lag und ihren Anweisungen zufolge langsamer oder schneller wurde, dachte er an Elsie, die er ohne jede Rücksicht hatte nehmen können. Das hätte er sich auch einmal bei Malwine gewünscht, doch als er unvermittelt rauer wurde, rief sie ihn sofort zur Ordnung. Selbst im Bett ist sie die Stärkere von uns, dachte er und schämte sich dafür. Bevor er sie hier in Berlin zurückließ, wollte er so mit ihr schlafen, wie er es sich vorstellte.
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