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Aprilgewitter

Titel: Aprilgewitter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lorentz Iny
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Geld für die Reise und für die Zeit, in der ich drüben auf dich warten muss.« Für einen Augenblick befürchtete Elsie, der Major wolle sie um die vereinbarte Belohnung betrügen, damit ihr in New York nichts anderes übrig blieb, als tatsächlich auf ihn zu warten. Doch da steckte er ihr ein dickes Geldbündel zu, bei dessen Anblick ihr beinahe schwindlig wurde.
    »Hier! Ich will nicht, dass du drüben in Armut leben und erneut deinen Leib verkaufen musst. Du gehörst mir, verstanden! Mir allein und keinem anderen!«
    Von Palkow klang so drohend, dass Elsie Angst vor ihm bekam. Doch mit einigen geschickten Worten gelang es ihr, ihn zu beruhigen, und sie deutete schließlich auf die kleine Pistole, die noch immer auf dem Tisch lag.
    »Ist sie geladen? Ich würde Lenka am liebsten genauso erschießen, wie ich Hanna erschossen habe!« Sie streckte die Hand nach der Waffe aus, doch da krallte ihr von Palkow die Finger um den Arm.
    »Das wirst du bleiben lassen! Du hast das Weibsstück genug gequält. Morgen verlassen wir diese abscheuliche Absteige. Trepkow sollte sich schämen, das Haus so verkommen zu lassen. Bis er seinen Rausch ausgeschlafen hat, sind wir beide weg. Meinetwegen kann er Lenka noch einmal vögeln und sie dann zu Fuß nach Berlin schicken.«
    Der Major wollte nun endlich schlafen, um am nächsten Morgen früh genug den Bahnhof Wannsee zu erreichen. Von dort aus würde er Elsie zum Lehrter Bahnhof bringen, wo sie in den Zug nach Hamburg steigen konnte.
    Während es im Zimmer still wurde, überlegte Lenka, was sie tun sollte. Wenn sie jetzt in die Nacht hinaus floh, würden Elsie und der Major wahrscheinlich Verdacht schöpfen, sie könnte sie belauscht haben. Dann war ihr Leben keinen schimmeligen Pfennig mehr wert. Wozu die beiden fähig waren, hatte sie eben erfahren. Es schüttelte sie bei dem Gedanken, dass Fridolin von Trettin für einen Mord verantwortlich gemacht wurde, den Elsie begangen hatte. Zudem hatte das Weib keinen Hehl daraus gemacht, dass es sie am liebsten auch umbringen würde.
    »Solange der Leutnant dabei ist, kann sie das nicht tun, und morgen muss sie früh nach Hamburg aufbrechen«, sagte Lenka sich und erschrak dann beim Klang der eigenen Stimme. Lange lauschte sie, ob ihre Peiniger sie vernommen hatten. Doch im Haus blieb alles ruhig. Dafür hörte sie die Geräusche des nächtlichen Waldes und spürte, wie ihre Angst davor wuchs. So nahe an Berlin gab es sicher keine Bären und Wölfe, die sie fressen konnten. Mit diesem Gedanken versuchte sie sich Mut zu machen. Doch die Angst überwog. Allein die Vorstellung, sie könnte über eine Baumwurzel oder einen Kaninchenbau stolpern und sich ein Bein brechen … Mitten im Wald würde sie so schnell keine Hilfe erhalten und vielleicht elendiglich zugrunde gehen.
    Diese Überlegung bewog sie, wieder in ihr Gefängnis zurückzukehren und schlimmstenfalls noch eine Vergewaltigung durch den Leutnant in Kauf zu nehmen. Damit Elsie und der Major nicht sahen, dass sie freigekommen war, steckte sie den Schlüssel von außen ins Schloss und kauerte sich in eine Ecke.

XIII.
    A m nächsten Morgen schreckte Lenka durch ein Geräusch hoch und vernahm Elsies Stimme. Diese schien das Frühstück für sich und den Major zuzubereiten und spottete dabei über von Trepkow, der noch immer mit voller Lautstärke Balken sägte.
    Nach einer Weile näherten sich Schritte und endeten vor der Tür. Während Lenka sich bereits verfluchte, weil sie doch nicht in der Nacht geflohen war, rief Elsie nach ihr.
    »Bist du schon wach, du Hure? Einen schönen Gruß an Hede Pfefferkorn. Sag ihr, ich bedauere es, dass sie nicht ebenfalls mitgekommen ist. Aber man kann halt nicht alles haben. Die gestrige Nacht sollte ein Vorgeschmack für dich sein, wie du einmal enden wirst. Verrecke in der Gosse! Ich fahre jetzt nach Amerika und werfe, wie du einmal so schön gesagt hast, meinen Bockschein mitten auf dem Ozean ins Wasser. Dann komme ich drüben als ehrbare, bürgerliche Auswanderin an.«
    Elsie lachte noch einmal hämisch, dann entfernten sich ihre Schritte. Den Geräuschen zufolge verließ ihre Kollegin zusammen mit dem Major das Haus. Also war nur noch von Trepkow da.
    Lenka gedachte nicht so lange zu warten, bis der Leutnant aufgewacht war. Im Stillen dankte sie Gott, dass Elsie die unverschlossene Tür nicht bemerkt hatte, und trat nach kurzem Horchen hinaus.
    Das graue Licht des regnerischen Morgens vermochte das Innere des Hauses kaum zu erhellen. Lenka

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