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Aprilgewitter

Titel: Aprilgewitter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lorentz Iny
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gerade hatte trinken wollen.
    »Also war es Elsie, die den Russen und das andere Mädchen erschossen hat«, sagte sie, als Lenka geendet hatte.
    Hede nickte. »Ja! Und Fridolin soll dafür büßen. Elsie muss ihm und mir wie auch Tirassow und Hanna ein Betäubungsmittel in den Wein gemischt haben, sonst wäre ihr diese Untat nicht gelungen. Doch wird der Staatsanwalt uns Glauben schenken?«
    Sie sah Lore so verzweifelt an, als habe sie keine Hoffnung mehr. Da Lore Herrn von Bucher selbst erlebt hatte, war ihr klar, dass sie mit dieser Geschichte erst gar nicht zu ihm gehen brauchte. »Wir müssen Beweise in die Hand bekommen. Am besten wäre es, wenn Elsie verhört werden könnte. Dann kann sich auch der Staatsanwalt den neuen Erkenntnissen nicht mehr verschließen.«
    »Aber Elsie wird übermorgen … – Oh Gott, nein! – … schon morgen an Bord des Dampfers
Hammonia
gehen, um nach Amerika zu reisen«, rief Mary aus.
    Lores Augen blitzten kriegerisch auf. »Jutta, pack rasch eine Reisetasche mit den nötigsten Sachen. Wir werden den Nachtzug nach Hamburg nehmen. Beeile dich! Wenn wir diesen Zug versäumen, ist alles zu spät.«
    »Was willst du tun?«, fragte Mary.
    »Elsie von den Gendarmen verhaften lassen!«
    Konrad schüttelte den Kopf. »Wegen der Forderung einer Zivilperson werden sie dieses Miststück nicht daran hindern, das Schiff zu betreten.«
    Gregor Hilgemann lachte hart auf. »Aber wenn ein Offizier es verlangt, werden sie es tun! Ich wusste doch, dass ich mir diese verdammte Uniform nicht nur deshalb besorgt habe, um die Damen bei Ausfahrten vor Belästigungen zu schützen. Liebe gnädige Frau, warten Sie bitte auf mich. Ich werde mich beeilen!«
    Gregor Hilgemann ärgerte sich, weil er in Zivil erschienen war und damit Zeit verlorenging, bis er die Kleidung gewechselt hatte. Bevor er jedoch loseilen konnte, klang Lores Ruf auf. »Halt, Herr Hilgemann! Wir fahren getrennt zum Lehrter Bahnhof und treffen uns dort. Jutta, bist du schon fertig?«
    »Ich warte nur noch auf Sie, gnädige Frau«, antwortete ihre Zofe gelassen.
    »Ich komme mit!«, rief Nathalia.
    Lore wollte es ihr schon verbieten. Doch da sie befürchten musste, dass ihre kleine Freundin ihr dann auf eigene Faust folgen würde, nickte sie. »Also gut. Beeile dich!«
    Mit wehenden Röcken verließen sie den Salon, um sich für die Reise umzuziehen. Währenddessen sah Konrad seine Frau und Caroline an. »Und was machen wir derweil?«
    »Ich möchte mir das Haus ansehen, das angeblich meinem Bruder gehört. Wenn es stimmt, was Lenka erzählt hat, ist er ein noch größerer Schurke, als ich bisher angenommen habe.«
    »Das ist er auch ohne diesen Beweis. Nach allem, was diese junge Dame«, Konrads Blick streifte Lenka, die sich gerade heißhungrig über das nächste Wurstbrot hermachte, »berichtet hat, war Leutnant von Trepkow in den infamen Plan, Fridolin als Mörder zu verleumden, eingeweiht. Wahrscheinlich wollte er ihn als Konkurrenten bei Wilhelmine Grünfelder ausschalten.«
    Lore hörte diese Worte durch die offene Tür und kniff die Lippen zusammen. Der Gedanke, Fridolin an dieses nichtssagende Mädchen zu verlieren, für das nur das Vermögen ihres Vaters sprach, tat weh. Doch noch war er ihr Gatte, und ihre Pflicht als preußisch erzogene Ehefrau gebot ihr, alles zu tun, um ihn vor dem Schafott zu retten.

XV.
    D ie Bahnfahrt nach Hamburg verlief nach Plan, auch wenn Lore unterwegs das Gefühl hatte, der Zug krieche wie eine Schnecke dahin. In Hamburg angekommen, ärgerte sie sich, weil Elsie von einer ihr unbekannten Stadt aus nach Amerika aufbrechen wollte. In Bremerhaven hätte sie jeden Stein des Straßenpflasters gekannt, hier aber musste Gregor Hilgemann sich erst bis zu den Landebrücken der HAPAG durchfragen. Dennoch erreichten sie die Abfertigungshalle zu so früher Stunde, dass sie dort nur ein paar Männer antrafen, die gerade den Boden fegten.
    »Die haben es aber eilig, aus unserem Deutschland wegzukommen«, meinte einer von ihnen kopfschüttelnd zu seinem Kollegen. Der zuckte nur mit den Achseln und schwang den Besen, um fertig zu werden, bevor weitere Reisende erschienen.
    Für Lore, Nathalia, Jutta und Gregor hieß es nun tatenlos dasitzen und warten. Da sie nicht wussten, in welcher Klasse Elsies Schiffspassage gebucht worden war, hielten sie die gesamte Halle unter Beobachtung. Dies war nicht einfach, denn im Grunde kannten nur Lore und Nathalia das ehemalige Dienstmädchen genauer. Die beiden anderen hatten

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