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Aprilgewitter

Titel: Aprilgewitter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lorentz Iny
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Droschkenkutscher durch eine Belohnung angefeuert die Gäule laufen ließ, kamen sie wahrscheinlich sogar noch vor Lore und Nathalia in Kleinmachnow an.
    Daher nickte er und trat an den Schrank, in dem Konrad neben seinen Mitbringseln aus Seemannstagen auch einen amerikanischen
     Trommelrevolver verwahrte, den er vor Jahren im Hafen von Savannah von einem anderen Seemann erworben hatte. Eine Schachtel
     mit der Munition lag daneben. Da Gregor nicht glaubte, dass Lore mit einem Colt vertraut war, lud er rasch die Trommel und
     reichte ihr die Waffe.
    »Geben Sie acht! Das Ding ist scharf. Wenn Sie am Abzugbügel ziehen, geht es los!«
    Ein mulmiges Gefühl beschlich Lore, als sie den Revolver am Griff fasste und ihn in ihrer Handtasche verstaute. Sie konnte nur hoffen, dass sie dieses tödliche Instrument nicht brauchte.
    Unterdessen wies Gregor Marys Dienstmädchen an, auf Jonny aufzupassen, und wandte sich dann noch einmal kurz an Lore. »Ich werde mich beeilen!«
    »Ich auch!«, antwortete Lore schon im Gehen und bestieg wenige Augenblicke später eine Droschke, die gerade andere Passagiere ablud.
    »Nach Kleinmachnow, aber rasch. Ich entschädige Sie, wenn Ihre Pferde sich danach ein paar Tage erholen müssen!«, rief sie dem Mann auf dem Kutschbock zu, noch während Nathalia ihr folgte.
    »Sie haben es aber eilig, gnädige Frau!«, antwortete dieser, schwang aber seine Peitsche und ließ sie so knapp an den Köpfen seiner Pferde vorbeisausen, dass diese nervös antrabten. Allerdings verließ der Droschkenkutscher sich nicht nur auf die Geschwindigkeit seines Gespanns, sondern lenkte es über Nebenstraßen, die zwar einen gewissen Umweg bedeuteten, aber weitaus weniger befahren waren als die Hauptausfallstraßen der Stadt. Dadurch näherte er sich Kleinmachnow von einer anderen Seite.
    Kurz vor dem Ort bemerkte Lore zwei Droschken, die auf einer kleinen Lichtung neben der Straße warteten, und rief: »Halt!«
    Noch während der Kutscher verblüfft seine Pferde zügelte, sprang sie aus dem Wagen. »Du bleibst hier«, rief sie Nathalia noch zu, dann folgte sie dem Pfad, der in den Wald führte.

V.
    D ie Fahrt, die sich über mehr als zwei Stunden hinzog, hatte Wilhelmine Grünfelders Sinn für Romantik bereits einen herben Schlag versetzt. Als sie schließlich schier endlos durch einen dichten Forst fuhren und zuletzt auf einer Lichtung zwischen knorrigen, hohen Bäumen anhielten, hatte sich jede Illusion verflüchtigt, dass der fesche Offizier wirklich der Ehemann sein könnte, den sie sich wünschte. Gegen einen Fridolin von Trettin kam er auf jeden Fall nicht an, und selbst sein weniger gut aussehender, aber noch mehr von sich eingenommener Kamerad Hasso von Campe wäre ihr als Begleiter lieber gewesen als von Trepkow.
    »Aussteigen!«, blaffte der Leutnant sie an.
    Trotz seines Kommandotons blieb Wilhelmine sitzen. »Bringen Sie mich sofort nach Hause!«
    Der Leutnant stieß einen Laut aus, der ein missglücktes Lachen sein konnte, packte das Mädchen bei den Handgelenken und zerrte es aus dem Wagen. Dem Droschkenkutscher befahl er zu warten. Dieser überlegte, was er tun sollte. Sein Fahrgast war ein Offizier und Edelmann, und da war es für seinesgleichen nicht gut, sich in deren Belange einzumischen. Daher blieb er auf seinem Kutschbock sitzen und sah tatenlos zu, wie von Trepkow tiefer in den Wald schritt und dabei die junge Frau rücksichtslos mit sich schleifte.
    »Lassen Sie mich los, Sie Grobian!«, schrie Wilhelmine ihn an. Unter keinen Umständen würde sie diesen Mann heiraten.
    Von Trepkow packte sie noch fester. »Zu spät, meine Liebe! Sie sind in meiner Hand! Was ich einmal besitze, lasse ich nicht mehr los. Wenn ich getan habe, was notwendig ist, werden weder Sie noch Ihr Vater sich gegen eine Ehe mit mir sträuben. Sie werden Ihrem Vater einen Brief schreiben und ihn auffordern, uns eine Summe zukommen zu lassen, die es uns erlaubt, ins Ausland zu reisen und dort standesgemäß zu leben.«
    »Ins Ausland? Aber da will ich nicht hin!« Wilhelmine versuchte sich zu befreien, kam aber gegen die Kraft des Leutnants nicht an.
    »Als meine Gattin werden Sie das tun, was ich anordne, verstanden? Und jetzt sträuben Sie sich nicht länger. Sie haben keine andere Wahl, als mir zu gehorchen!«
    Bald kam das verfallene Haus in Sicht. Wilhelmine starrte entsetzt auf die bröckelnden Mauern, das löchrige, an einer Stelle schon eingesunkene Dach und die zerbrochenen Fensterscheiben. In Romanen hatte sie von

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