Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Aprilgewitter

Titel: Aprilgewitter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lorentz Iny
Vom Netzwerk:
Ferien auf diesem Gestüt zu verbringen und dort gleich am ersten Tag einen als schwierig geltenden Hengst zu besteigen. Ich frage mich, ob die Frau noch ganz bei Sinnen ist.« Fridolin schüttelte den Kopf und machte eine wegwerfende Handbewegung. »Wenigstens bleibt sie jetzt auf Gut Trettin, weil sie wegen irgendeines Vorfalls nicht mehr nach Berlin zurückkehren kann.«
    »Dann hat die Sache wenigstens etwas Gutes! So, ich hoffe, ich kann dich jetzt unbesorgt allein lassen. Ich will nämlich Mary von ihrem Atelier abholen.« Konrad wollte sich schon erheben, doch da klang Fridolins Stimme düster auf.
    »Geh ruhig und beschütze deine Frau! Ich kann es nicht. Dabei muss ich immer daran denken, dass Lore derzeit ganz ohne Schutz ist.«
    »Wenn es dich beruhigt, kann ich in die Schweiz fahren und nach ihr sehen. Vielleicht lässt sie sogar mit sich reden. Übrigens will auch Gregor Hilgemann dorthin reisen. Seine Familie hat inzwischen genug Geld geschickt, damit er dort sein Studium beenden kann.«
    »Herr Hilgemann reist ab?« Caroline von Trepkow war unbemerkt eingetreten und hatte Konrads letzte Worte gehört.
    »Das wird er, aber gewiss nicht, ohne sich vorher von Ihnen zu verabschieden, gnädiges Fräulein. Wer weiß, vielleicht sagt er sogar noch mehr. Er will nämlich, wenn er sein Studium beendet hat, nach Amerika auswandern. Und ich kann mir nicht vorstellen, dass er diesen Weg allein antreten möchte.«
    Eine leichte Röte überzog Carolines Wangen. »Ich wünsche ebenfalls, dieses Land zu verlassen, und Gregor Hilgemann ist ein Ehrenmann, dessen Schutz ich mich gerne anvertrauen würde.«
    Leidenschaft sieht anders aus, dachte Konrad. Doch in seinen Augen passten die beiden zusammen und würden eine gute Ehe führen.
    »Gregor kann in der Schweiz auch Lore im Auge behalten, wenn dich das beruhigt«, bot er seinem Freund an.
    Vor ein paar Wochen hätte Fridolin noch starke Bedenken geäußert, doch mittlerweile hatte auch er Gregors sanfte Werbung um Caroline wahrgenommen.
    »Ich würde mich darüber freuen«, sagte er daher und beschloss, bei seinem Regimentskommandeur noch einmal auf Urlaub zu drängen. Immerhin war der Sommer bereits dem Herbst gewichen, und er hoffte, Lore noch vor dem Winter nach Hause zurückholen zu können.

XVI.
    F ridolins militärische Pflichten hinderten ihn jedoch daran, sich auf die Reise in die Schweiz zu machen. Das große Herbstmanöver stand an, danach waren Paraden und festliche Empfänge an der Reihe, und schließlich wartete der große Weihnachtsball des Regiments. Zwar waren inzwischen zwei neue Offiziere als Ersatz für von Trepkow und von Campe zu den Zweiten Garde-Ulanen abkommandiert worden, dennoch hatte Fridolin seinen provisorischen Rang als Sekondeleutnant behalten und musste zusammen mit Wachtmeister Kowalczyk die Reiter ihrer Eskadron drillen.
    Mit den Anforderungen stieg auch sein Wille, die Sache durchzustehen, und als das Regiment das nächste Mal Unter den Linden paradierte, war er stolz, dazuzugehören. In der Nähe des Brandenburger Tores entdeckte er Grünfelders Wagen. Der Bankier hob grüßend den Hut, während Frau und Tochter ihm zaghaft zuwinkten. Fridolin dachte an eine andere Parade, bei der ihm die Damen ebenfalls zugewinkt hatten und er ihnen geantwortet hatte. Das hatte Lore völlig missverstanden. Obwohl seine Frau immer noch in der Schweiz weilte, verkniff er sich jede Geste, die als vertraulich gewertet werden konnte, und richtete den Blick starr geradeaus.
    Ein Stück weiter entdeckte er Hede Pfefferkorn und hob seinen Degen zum Gruß. Neben Hede stand Lenka, jene Hure, mit deren Misshandlung Elsie unfreiwillig den Schlüssel zu seiner Freiheit geliefert hatte. Inzwischen wusste er, dass Hede in jenen schlimmen Tagen seine Frau aufgesucht und mitgeholfen hatte, seine Unschuld zu beweisen. Er war ihr dankbar, hatte aber dennoch nicht gewagt, ihr Bordell noch einmal zu betreten. Da Wachtmeister Kowalczyk als Bote zwischen Hede und ihm fungierte, wusste er, dass sie das
Le Plaisir
wieder hatte eröffnen dürfen. Zwar kehrte die hochrangige Kundschaft nur zögernd zurück, doch Hede machte nicht den Fehler, dies auszugleichen, indem sie auch Männern der unteren Schichten Zutritt gewährte. Wer als Gast im
Le Plaisir
empfangen wurde, besaß mindestens das Recht, die Mitglieder des preußischen Abgeordnetenhauses wählen zu dürfen.
    Erleichtert, dass es seiner alten Freundin wieder besser zu gehen schien, setzte Fridolin die Parade fort

Weitere Kostenlose Bücher