Aprilgewitter
Gespräch, und er brachte seinen Neffen in von Palkows Zimmer zurück.
»Ich danke Ihnen, Major, dass Sie mir Gelegenheit geboten haben, mit meinem Mündel zu sprechen. Wie es aussieht, richtet Wenzels Neigung sich mehr auf das Artilleriekorps als auf die Ulanen. Ich unterstütze diesen Schritt und bitte Sie, dies in die Wege zu leiten!«
Während der Junge aufatmete, huschte ein abweisender Ausdruck über von Palkows Gesicht. Doch er hatte sich rasch wieder in der Gewalt und nickte. »Ich werde es in den Akten vermerken, Trettin. Entschuldigen Sie mich nun. Äußerst dringender Termin!«
»Ich wollte ohnehin gerade gehen«, sagte Fridolin und reichte ihm die Hand.
»Wollte Sie nicht vertreiben. Bleiben Sie ruhig noch bei Ihrem Neffen.«
Fridolin schüttelte den Kopf. »Das ist nicht nötig. Mein Junge, ich werde mich jetzt verabschieden. Lerne fleißig weiter, damit ein guter Artillerieoffizier aus dir wird!«
»Das werde ich tun, Herr Vormund. Auf Wiedersehen!« Wenzel salutierte, drehte sich um und verließ das Zimmer.
Fridolin spürte, dass der letzte Satz ernst gemeint war. Der Junge würde sich tatsächlich freuen, ihn zu sehen. In dieser Hinsicht zufriedengestellt, wandte er sich von Palkow zu. »Gott befohlen, Herr Major. Wünsche Ihnen einen guten Tag!«
Beinahe hätte er über sich selbst gelacht, weil er nun auch in jenem abgehackten Stil zu reden begann, der bei den Herren vom Militär üblich war.
»Gute Heimfahrt, Trettin! Grüßen Sie Grünfelder und die anderen Herren von mir. Ich kümmere mich umgehend um unsere gemeinsame Sache!«
Von Palkow drückte Fridolin die Hand und öffnete die Tür. Kaum war sein Gast gegangen, verließ auch er den Raum und wandte sich dem Teil des Gebäudes zu, in dem seine Unterkunft lag. Kurz darauf trat er durch einen Seiteneingang ins Freie, blickte um die Ecke und sah, wie Fridolin eine Droschke bestieg. Der Major wartete, bis dieser losgefahren war, dann eilte er zum Haltepunkt des nächsten Pferdeomnibusses und stieg in das erste Gefährt, das in die gewünschte Richtung fuhr. Seine Uniform sorgte dafür, dass ihm Platz gemacht wurde, und so saß er auf der Bank, während sich um ihn die übrigen Passagiere drängten.
VIII.
A ls von Palkow die kleine Wohnung betrat, die er als Liebesnest für sich und Malwine von Trettin angemietet hatte, wurde er erneut von Delaroux empfangen. Der französische Agent saß auf seinem Stuhl, rauchte eine seiner Zigarren und hatte eine Flasche Wein aus seinen Vorräten geöffnet.
»Willkommen,
mon ami!
Ich hatte doch richtig in Erinnerung, dass Sie heute um diese Zeit hierherkommen würden.«
»Muss sagen, Sie sind zu einer ungünstigen Zeit erschienen«, antwortete von Palkow ärgerlich.
Der Besucher hob beschwichtigend die Hand. »Mein lieber Major, ich habe nicht die Absicht, Ihr
rendezvous d’amour
mit Ihrer
maîtresse
zu stören. Ich trinke nur noch dieses Glas Wein aus und werde dann aufbrechen. Vorher will ich Ihnen noch mitteilen, dass ich fündig geworden bin. Ich habe die Schiffswerft, die für unsere Zwecke geeignet ist. Sie fertigt im Allgemeinen Schleppkähne für Kanäle und Flüsse, doch ist der Ehrgeiz des Besitzers groß genug, auch andere Schiffe zu bauen, um dadurch das Augenmerk Seiner Königlichen Hoheit auf sich zu lenken. Außerdem gibt es dort einen jungen Mann, der für uns sehr wertvoll sein wird. Es handelt sich um einen einfachen Arbeiter, der früher Student war und wegen einiger unbedachter Äußerungen von der Universität verwiesen und für fünf Jahre an diesen Ort verbannt worden ist. Gegen einen gefälschten Pass und eine Summe, die es ihm ermöglicht, in der Neuen Welt einen ebensolchen Anfang zu machen, ist er bereit, die notwendige Menge an Sprengstoff an Bord zu schmuggeln und die Zündanlage einzubauen.«
Delaroux trank einen Schluck, während von Palkows Gedanken rasten. Offenbar hatte der Franzose überall Helfer, die er nach Belieben einsetzen konnte. Im Grunde konnte ihm das gleich sein. Die Summe, die er für diesen Streich erhalten würde, war weitaus höher, als er für treue Dienste an König und Vaterland bekam. Dazu kam Tirassows Versprechen, ihm einen Generalsrang im russischen Heer zu verschaffen.
Delaroux schien seine Gedanken lesen zu können, denn mit einem Mal lachte er. »Es wäre übrigens ganz nützlich, wenn Sie dafür sorgen, dass der Verdacht nach dem Attentat auf Ihren russischen Freund fiele. Ich habe bereits entsprechende Vorarbeit geleistet und würde
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