Aprilgewitter
obligatorische Bild des Kaisers sowie mehrere Zeichnungen und Fotografien, die Major von Palkow in den verschiedenen Phasen seiner Karriere zeigten, sowie zwei gerahmte Urkunden, die von den Orden kündeten, die der Offizier erhalten hatte.
Dies war mehr als das berühmte Foto auf dem Schreibtisch, auf das Grünfelder angespielt hatte, fuhr es Fridolin durch den Kopf. Von Palkow war eben Berufsoffizier und kein Reservist.
»Auf Ihr Wohl, Trettin! Und auf unser Vorhaben! Muss mich entschuldigen. Ich habe bislang noch nichts unternommen. Hoffe aber, die anderen Herren sind deshalb nicht aufgebracht.«
»Keine Sorge, Herr Major. Noch üben Grünfelder und die anderen Herren sich in Geduld. Ich bin auch nicht wegen des Geschenks für Prinz Wilhelm zu Ihnen gekommen, sondern um mich nach einem Ihrer Zöglinge zu erkunden.«
Der Major dachte kurz nach. »Meinen wohl den jungen Trettin. Mit Ihnen verwandt?«
»Ich bin sein Vormund.«
»Vormund, ach ja! Bin nicht in Ihre Familienverhältnisse eingeweiht.« Von Palkow lachte auf, schenkte sich und Fridolin einen weiteren Cognac ein und prostete ihm zu.
»Ein prachtvoller Bursche, der junge Trettin. Wird ein guter Offizier werden – wie zum Beispiel Ihr Vater!«
Obwohl es gewiss nicht so gemeint war, empfand Fridolin es als Stichelei, weil er selbst nicht gedient hatte.
»Ich freue mich, dass mein Neffe Ihren Ansprüchen genügt«, antwortete er und sagte sich insgeheim, dass der Junge sich anscheinend zum Besseren gewandelt hatte. Früher hatte er Wenzel im Stillen nur einen Teufelsbalg genannt. Doch wie es aussah, hatte die Zucht, die in der Kadettenanstalt herrschte, die positiven Seiten des Jungen zum Vorschein gebracht.
Von Palkow erklärte ihm, dass Wenzel von Trettin ein ausgezeichneter Schüler sei, dem das Wissen in Mathematik und Physik nur so zufliege.
»Der Beste seines Jahrgangs!«, fuhr er fort. »Er übertrifft auch in den anderen Gymnasialfächern die meisten. Allerdings ein schlechter Reiter. Dabei ist er der Sohn eines Landedelmanns!«
Fridolin hätte ihm sagen können, dass der Junge in Berlin aufgewachsen war und dessen Vater Ottokar kaum mehr als ein Jahr lang das Leben eines Landedelmanns hatte spielen können. Da diese Familieninterna den Major nichts angingen, beschränkte er sich darauf, kurz zu nicken. »Sie meinen, Wenzel ist auf einem guten Weg, ein brauchbarer Offizier Seiner Majestät, des Kaisers und Königs, zu werden?«
»Sehe ich so!«, versicherte ihm von Palkow. »Soll ich Ihnen seine Akte zeigen?«
»Ich wäre Ihnen sehr verbunden.«
Der Major ging zum Schrank, öffnete diesen und zog eine Mappe hervor, die er mit Stolz präsentierte. Fridolin nickte beeindruckt. Wie es aussah, war sein Neffe tatsächlich ein ausgezeichneter Schüler. Dabei hatte er Wenzel nicht gerade als Streber in Erinnerung.
»Das Militär scheint ihm gutzutun.«
»Erst das Militär macht einen Jungen zum Mann. Wer sich dem Dienst am Vaterland verweigert, bleibt sein Leben lang eine Kanaille. Verzeihung, sollte keine Beleidigung sein.«
Fridolin empfand es zwar als solche, hielt es jedoch für klüger, nicht auf diese Bemerkung einzugehen. Stattdessen erklärte er von Palkow, dass er in Bälde sein Freiwilligenjahr beim Militär ableisten wolle. »Bis jetzt waren die Umstände dagegen, mein lieber Major, aber mittlerweile bin ich in der Lage, meine Pflichten für das Vaterland zu erfüllen.«
»Wusste doch, Sie sind ein Mann nach meinem Geschmack! Welchem Regiment wollen Sie beitreten? Vielleicht gar dem meinen? Besser gesagt, meinem ehemaligen? Wurde abberufen und hierher versetzt. Campe und Trepkow kennen Sie ja bereits.« Während von Palkow ihm scheinbar gerührt die Hand drückte, dachte Fridolin, dass die Erwähnung dieser beiden Männer eigentlich ein Grund für ihn wäre, dieses Regiment zu meiden. Doch sein Vater hatte bei den Zweiten Garde-Ulanen gedient, und er kannte den neuen Kommandeur persönlich.
»Ich danke Ihnen für diesen Rat, Herr von Palkow. Da Sie in diesem Regiment gedient haben, dürfte es zu den besten im ganzen Heer zählen, und es wäre eine Ehre, dort aufgenommen zu werden.«
»So ist es!«, bestätigte der Major.
Fridolin wechselte das Thema. »Ich würde gerne mit meinem Neffen sprechen. Wäre das möglich?«
»Gewiss! Ich lasse den Jungen rufen. Gehen Sie mit ihm spazieren und examinieren Sie ihn.«
Während der Unteroffizier davoneilte, um Wenzel von Trettin zu holen, trank der Major seinen dritten Cognac und
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