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Aprilwetter

Aprilwetter

Titel: Aprilwetter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thommie Bayer
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und verlangte »Une chambre avec un très grand lit, s’il vous plait.«
    Daniel und Benno sahen jeder in eine andere Richtung, als Christine sich ihnen zuwandte und fragte: »Oder? Ist doch okay?«
    »Klar«, sagte Daniel, und »sicher«, sagte Benno, und die Madame lächelte in sich hinein – das gefiel ihr. So hätte sie das früher vielleicht auch gern mal gemacht.
    Noch nasser konnten sie nicht mehr werden, also schlenderten sie, um das Gepäck aus dem Wagen zu holen, lässig durch den immer noch anhaltenden Wasserfallregen, bestrebt, einander zu zeigen, dass ihnen das bisschen Wasser nichts ausmachte. Auf der Treppe hinterließen sie eine Tropfspur, und im Zimmer befahl Christine: »Alle nassen Sachen ausziehen.«
    Daniel und Benno wickelten sich in die dünne Zudecke und ließen ihr den Vortritt ins Bad. Sie rauchten eine Zigarette zusammen und sahen sich das wilde Wetter durchs Fenster an, während die Dusche nebenan dazu rauschte. »Hoffentlich ist sie nicht sauer, wenn wir das Zimmer vollqualmen«, sagte Daniel, aber Benno beruhigte ihn mit der Erklärung, das gehöre so, das sei französisch. Und sie könnten ja immer noch lüften. Darüber, ob das alles hier, diese Truffaut-Film-Szene, auf Sex rauslaufen sollte, ob sie das dann zulassen oder abbiegen würden, sich davor fürchten oder darauf freuen, darüber verloren sie kein Wort.
    Als Daniel unter die Dusche ging, wickelte sich Christine neben Benno in die Decke und lehnte den Rücken ans geschmiedete Kopfteil des Bettes. »Entschuldige, dass wir einfach geraucht haben«, sagte er, »ohne dich zu fragen.«
    »Stört mich nicht«, sagte sie.
    Er hörte ihren Magen knurren. Sie klopfte mit der flachen Hand drauf und sagte »Warte. Gibt ja bald was.«
    Er beeilte sich mit dem Duschen, als er an der Reihe war, und sie gingen los, zu Fuß, weil der Regen sich verzogen hatte. Es war schon dunkel, aber nicht sehr kühl. Die Madame lächelte Christine zu, als sie an ihr vorbeigingen und wünschte »une bonne soirée«.
    »Die findet mich gut«, sagte Christine und hakte sich bei beiden unter, »sie glaubt, ich vernasche euch.«
    Benno und Daniel schwiegen.
    »Glaubt ihr das etwa auch?«
    Sie schwiegen.
    »Ich glaube, das trau ich mich nicht«, sagte sie dann, nachdem sie eine ziemliche Strecke schweigend gegangen waren und jeder für sich den letzten verklungenen Worten hinterhergelauscht hatte, »die Madame hält mich für mutiger, als ich bin.«
    Sie schwiegen.
    Und wieder eine Strecke später sagte sie mit noch zaghafterer Stimme als zuvor: »Würdet ihr das denn wollen?«
    Sie schwiegen. Aber dann sah Benno Daniel grinsen und musste selber lachen: »Das wissen wir nicht.«
    Und Daniel: »Muss nicht heut erforscht werden.«
    »Uff«, sagte sie und klemmte für einen Moment Daniels und Bennos Arme noch fester ein, »ich find’s toll mit euch.«
    —
    Irgendwann in der Nacht spürte Benno ihre Hand auf seinem Hintern. Die Berührung strahlte aus, sein ganzer Körper war erfasst davon. Er wagte nicht, sich zu bewegen, wusste nicht, ob das, was er da fühlte, mehr Genuss oder mehr Not war, eine Erregung, die nirgendwohin konnte, war es jedenfalls, ein Druck ohne Ventil. Sicher schlief sie. Er konnte aus diesem zufälligen Körperkontakt nicht auf ein Angebot schließen, und er konnte schon gar nicht einfach so nach ihr greifen, sie verführen, mit ihr schlafen, wenn Daniel danebenlag und vielleicht davon wach würde. Benno versuchte, sich zu entspannen, tief zu atmen, sich fließende Musik vorzustellen, aber er musste wohl verkrampft eingeschlafen sein, denn als er später wieder aufwachte, tat ihm die Schulter weh, und seine Hände waren zu Fäusten geballt. Das konnte aber auch von dem Traum kommen, in dem er Christine geschlagen hatte, weil sie nicht aufhören wollte, ihn zu verhöhnen.
    —
    Sie inszenierte sich in den nächsten Tagen immer offener als die Frau mit den zwei Geliebten. Wenn sie Schlösser besichtigten, durch Städte spazierten, wenn Christine irgendetwas kaufte, immer wandte sie sich an beide, fasste sie an, hakte sich unter und genoss das Spiel, genoss sich selbst im Spiegel fremder Augen, fremden Erstaunens und fremder Bewunderung. Benno und Daniel spielten mit, ohne sich darüber zu verständigen. Es war so, wie es war. Es gefiel ihnen.
    Sobald sie nur zu dritt waren, im Hotelzimmer, auf Spaziergängen oder am Strand, wenn niemand hersah, hielt Christine sich zurück. Sie flirtete nicht, lockte nicht mit einem Stückchen Nacktheit oder

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