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Aqua

Aqua

Titel: Aqua Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martini
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Beat setzte abrupt ein, schien auf einmal seine Gefühlswelt mitzureißen und verlieh ihm ein Gefühl von Herausgehobensein aus dem Alltag und von unsichtbaren Kräften getragen zu werden. Die hämmernden Gitarren im Gleichklang mit dem irrsinnigen Wirbel des Schlagzeugs rissen ihn auf einer Klangwelle mit.
    Erst an dem Kopfschütteln der beiden Männer, die einen voll beladenen Leiterwagen am Straßenrand entlang schoben, bemerkte Walde, dass er zu heftig aufs Gaspedal getreten hatte. In dem Maße, in dem er die Lautstärke drosselte, nahm die Geschwindigkeit des Wagens ab. Er hatte den Weg über die Ostallee gewählt.
    Inzwischen waren mehr Einsatzfahrzeuge als zivile unterwegs. Die meisten Straßen in Richtung Moselufer waren gesperrt. Unterhalb des Pferdemarktes waren Sandberge abgekippt worden, die von zahlreichen Helfern in Sandsäcke gefüllt und auf Transporter verladen wurden.
    Am unteren Ende der Bruchhausenstraße staute sich der Verkehr. Walde entschied sich, nach rechts in die Straße einzubiegen. Gleich hinter dem Durchfahrtsverbotsschild, das er langsam passierte, sah er das rote Plakat am Haus.
    Die normalerweise lückenlos zugeparkten Straßenränder waren verwaist. Vor den schmalen Öffnungen der Kellerfenster lagen Sandsäcke. Weiter oben parkte ein Bus nah an den Hecken zur Allee.
    Walde entsann sich, dass er hier beim Radfahren kräftiger in die Pedale treten musste, weil dieser Teil der Straße etwas höher lag. SONDERFAHRT stand auf der Anzeigetafel des etwas herunter gekommen wirkenden Busses. Ein Mann stand rauchend davor. Ihm schien es einerlei zu sein, dass Walde in entgegengesetzter Richtung zur Einbahnstraße unterwegs war. Auf einem an die Frontscheibe gelehnten Schild stand SAMMELSTELLE PETRISBERG. Beim Vorbeifahren sah Walde stoisch wartende Menschen hinter den Scheiben. Er verlangsamte weiter das Tempo und schaute, ob Doris, Marie und die Kinder im Bus saßen. Dabei entging ihm das ältere Ehepaar, das, zwei Koffer hinter sich herziehend, die Schirme ihm entgegengerichtet, die Straße überquerte. Als Walde mit Wucht auf die Bremse trat, kullerte etwas vom Rücksitz, die Reifen blockierten, der Wagen kam ins Rutschen, wobei die Hinterräder leicht in Richtung des rechten Bordsteins ausbrachen. Die beiden Fußgänger hoben ihre Schirme und wichen erschrocken vor dem Geisterfahrer zurück, der sie um ein Haar noch vor dem Hochwasser erwischt hätte.
    Das Foyer des alten Präsidiums war erfüllt von Stimmengewirr, dem Quietschen von schlecht geölten Rollen, dem Piepsen und Rauschen, das die Meldungen aus den Funkgeräten überlagerte. Vor den beiden Aufzügen hatte sich ein Stau gebildet, der bis fast zum Eingang zurück reichte, wo immer mehr Leute in das Gebäude drängten.
    Grabbe und Burkhard Decker schoben ihren Rollwagen an das vermeintlich kürzere Ende.
    »Hier war ich mehr als zehn Jahre, bevor wir ins neue Präsidium umgezogen sind.«
    Grabbe atmete tief ein. Es roch noch genau so wie damals. Während er sich fragte, ob es noch an den gleichen Putzmitteln liegen könnte oder ob die Baumaterialien den Geruch erzeugten, sah er einem Trupp Feuerwehrleute hinterher, die zur Tür hereingekommen waren und, nasse Abdrücke ihrer Stiefel hinterlassend, mit schnellen Schritten im Treppenhaus verschwanden.
    »Und warum seid ihr umgezogen?«
    »Das ist eine längere Geschichte, da gab es Probleme mit irgendwelchen Baugiften in den Fußböden oder so.«
    »Und warum wurde nicht renoviert?«, fragte Burkhard.
    »Das wurde gemacht, Sattler hat bei der Gelegenheit auch gleich ein hypermodernes neues Labor bekommen. Eigentlich sogar zwei, eins für Täter, eins für Opfer, du verstehst?« Sie rückten wieder einen Meter näher an den Aufzug. »Damals ist mit allem Drum und Dran renoviert worden, separate Lüftungen, Klimaanlagen, das ganze Pipapo.«
    »Und dann seid ihr trotzdem woanders hin?«
    »Hmh.« Grabbe bückte sich nach einem Kabel, das vom Wagen gerutscht war. »Auch nach der Renovierung hatten wir im Kollegium die gleichen Schwierigkeiten: Unwohlsein mit Kreislaufproblemen, Müdigkeit, Nasenbluten et cetera.«
    »Das geht mir jetzt nicht in den Kopf. Und dann zieht ihr aus einem Hochhaus, das obendrein hochwassersicher liegt, da herunter an die Mosel?«
    »Die Kantine im siebten und das Labor im fünften Stock sind geblieben.« Grabbe hatte eigentlich nicht vor, den Umzug zu rechtfertigen. »Sollen wir es etwa besser machen als die Feuerwehr? Die steht jetzt schon unter Wasser. Und

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