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Aqua

Aqua

Titel: Aqua Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martini
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bei der Geschwindigkeit zurück.
    »Heute haben wohl alle Blaulicht«, bemerkte Grabbe, als könne er Gedanken lesen.
    Decker hatte das Gefühl, sein Kollege würde jedem Rettungsfahrzeug den Vorrang einräumen. Egal, ob es sich um Feuerwehr, Katastrophenschutz, Malteser Hilfsdienst, Rotes Kreuz oder die Heilsarmee handelte und wer sonst noch mobilisiert worden war – Grabbe bremste ab. Es bedurfte hin und wieder sogar Handzeichen, bis sein zögerlicher Kollege endlich weiterfuhr.
    Zu Beginn der Feldstraße herrschte vor einer Straßensperre ein heilloses Chaos. Einfahrende Wagen versuchten zurücksetzenden auszuweichen. Dazwischen versuchte ein wild gestikulierender Mann, den Verkehr zu regeln. Vergeblich! Kaum fünfzig Meter weiter gab es an der Zufahrt zu einem Parkdeck weder ein Vor noch ein Zurück.
    »Wo liegt die Krahnenstraße?«, fragte Burkhard.
    »Die erste hinter dem Krankenhaus links.«
    »Bis gleich«, rief Burkhard, bevor er die Autotür mit Schwung zuwarf.
    Mit dem Rad schaffte er locker hundert Kilometer am Stück, und wenn es nicht zu hügelig war, in unter fünf Stunden. Aber schon die läppischen paar Meter im Laufschritt an der Schwesterklinik vorbei ließen ihn schmerzhaft sein rechtes Knie spüren. Laufen und Rad fahren beanspruchten einfach verschiedene Muskelgruppen. Vor dem Haupteingang des Krankenhauses wurde schweres Gerät von Lastwagen des Katastrophenschutzes abgeladen. Endlich erreichte Burkhard die Abzweigung und kam in der leicht abschüssigen Straße wieder schneller voran, bis er zu dem Hochwassersteg gelangte. Ab hier ging er im Schritttempo weiter. Von der letzten erkennbaren Hausnummer zog er bei jedem Haus zwei Zahlen ab. Ein paar Häuser weiter war er sich nicht mehr sicher, ob er ein breiteres Haus womöglich doppelt gezählt hatte. Weiter vorn, oberhalb eines Walls aus Sandsäcken, spuckte ein Schlauch im Rhythmus einer von einem lauten Generator angetriebenen Pumpe Wasser in die überschwemmte Straße zurück. Noch während Decker überlegte zurückzugehen, entdeckte er die Blutspuren am Fensterrahmen. Es war eher eine Fenstertür, die nur angelehnt war. Drinnen stand er nur wenige Meter von einer Wohnungstür entfernt, links führte eine Treppe hinunter.
    Das Holster der Pistole hatte er geöffnet, als er sich zu dem glänzenden Punkt auf den dunklen Dielen bückte und mit der Spitze des Mittelfingers hineintippte. Es schien frisches Blut zu sein. Auch der Griff der Wohnungstür war blutverschmiert. Erst klopfte er an das Holz, dann an das kleine Glasfenster in Kopfhöhe. Der Kompressor dröhnte so laut, dass er eine Antwort wahrscheinlich nicht hören würde.
    »Polizei!« Mit der entsicherten Waffe in der Hand betrat er die Wohnung.
    Das Wasser spritzte rundum aus seinen Haaren, als Walde nach dem Auftauchen den Kopf ruckartig nach links und rechts wendete. Er hustete, spuckte aus und schnauzte die Nase. Seine Beine waren noch im Wasser, während er auf der Kellertreppe saß und sich aus der nassen Jacke schälte. Zu dem Geschmack nach abgestandenem Spülwasser in seinem Mund kam noch Sand, der zwischen seinen Zähnen knirschte. Während er den Kopf schräg hielt, um Wasser aus einem Ohr laufen zu lassen, sah er im Dämmerlicht, wie das sich beruhigende Wasser einen knappen Spalt unter dem oberen Rahmen der offenen Metalltür freiließ. Über das Knattern des Kompressors, dem Gluckern in seinen Ohren und dem Rauschen des weiter eindringenden Wassers hörte er nun deutlich eine heisere Frauenstimme um Hilfe rufen.
    »Ich komme …« Seine Antwort ging in einem Hustenanfall unter. Er streifte die Schuhe ab. Barfuß tastete er sich die Treppe hinunter. Es kostete keine Überwindung, in das kalte Wasser einzutauchen. Ihm war bereits am ganzen Körper kalt. Vor der Tür atmete er tief ein, musste aber gleich wieder husten. Beim zweiten Versuch behielt er etwas Atem in den Lungen und tauchte unter dem Türrahmen hindurch.
    Auf der anderen Seite war es dunkel. Der gerade Flur war so schmal, dass er sich links und rechts an den Wänden abstützen konnte. Beim Wassertreten stieß sein Fuß gegen einen Widerstand. Als er sich darauf stellen wollte, gab dieser nach. Ein Stück weiter war es ein festerer Gegenstand, auf dem sein Fuß Halt fand.
    »Frau Helmes?«
    »Ja, hier bin ich.« Die schwache Stimme schien von links aus einem der Verschläge zu kommen. »Die Tür … sie geht nicht mehr auf.«
    Erst sah er die um das Lattengerüst unterhalb der Decke geklammerten Hände, dann

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