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Aqualove

Aqualove

Titel: Aqualove Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nola Nesbit
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großzügig und leidenschaftlich. Ich liebte sie sehr.
    Die Tarte. Es wurde allerhöchste Zeit, sie aus dem Ofen zu nehmen. Sie war köstlich.
     
    Der Rest des Tages verging schnell. Ich fasste Pearls magere Informationen über Ethan Waterman eher pflichtbewusst in einer kleinen Datenbank zusammen. Aber kaum hatte ich damit angefangen, packte mich wieder die Neugierde. Die Aktivitäten seiner Hauptfirma mussten interessant sein. Pearl hatte – vielleicht aus Versehen – wenigstens etwas in seinen Mails gefunden: Er war häufig auf Reisen. Oft ging es um Verkäufe oder Präsentationen in diversen Krankenhäusern oder Verwaltungen. Die meisten schienen die bereits bestehende Software nur zu aktualisieren. Bei manchen Reisen war der Zweck jedoch nicht ersichtlich. Diese Flugbuchungen gingen in entlegene Regionen, zum Beispiel nach Peru, Neuseeland, sogar nach Bhutan. Dazu gab es jedoch weder Korrespondenz noch andere Schriftstücke. In den Pressearchiven fand ich keine Erwähnungen zu den entsprechenden Reisedaten. Es konnte sich also um nichts Offizielles handeln. Welchem Zweck dienten diese Reisen? Man fuhr wohl kaum zum Vergnügen für drei Tage nach Sierra Leone. Es blieben – wie immer bei meiner Beschäftigung mit Ethan – mehr Fragen als Antworten übrig. Meine Begeisterung, vielleicht eine Spur gefunden zu haben, löste sich bereits wieder in Luft auf. Nach ein paar Stunden machte ich Schluss. Die Widersprüche und Ungereimtheiten bereiteten mir Kopfzerbrechen.
    Um mich von Ethan abzulenken, las ich endlich wieder ein paar Seiten in dem Buch, das ich mir aus der Bücherei ausgeliehen hatte. Kants „Kritik der praktischen Vernunft“. Ich hatte nicht besonders viele Ideale. Ich glaubte nicht an die ewige Liebe, einen Nichtangriffspakt oder ein Leben nach dem Tod, aber ich glaubte an die Richtigkeit des kantschen Imperativs „Was du nicht willst, dass man dir tu, das füg auch keinem andern zu“. Der schulische Reim hatte sich dauerhaft in mein Gedächtnis eingeprägt. Im Studium hatte ich mir immer vorgenommen, Kant zu lesen, es aber nie getan. Jetzt wusste ich auch, warum. Seine langen Satzkonstruktionen lähmten mein Hirn, schläferten mich ein. Wie konnte ein so kluger Mensch nur so unerträglich verquast schreiben? Oder bedingte sich das gegenseitig? Am Ende jedes dritten Satzes musste ich nochmals von vorn anfangen, weil ich komplett den Faden verloren hatte.
    Nach einer halben Stunde legte ich das abgegriffene Exemplar resigniert weg. Schläfrig rollte ich mich auf meinem Sofa zusammen und dachte an Ethan, seine blauen Augen, seinen ernsten Gesichtsausdruck und die Art, wie er mit Nachdruck gesagt hatte: „Bis auf die Farbe Blau.“ Unsere einzige Gemeinsamkeit. Immerhin.
    Und dann erinnerte ich mich, wie er mich wütend angestarrt hatte, die Augen zu schmalen Schlitzen zusammengezogen. Er war gefährlich. Die anderen hatten recht. Irgendetwas stimmte nicht mit ihm. Diese Tatsache und seine Person, beides zog mich magisch an. Ich war doch hoffentlich nicht so bescheuert, mich für einen Mann zu interessieren, der zu reich, zu schön und zu gefährlich für mich war?
    Ich erinnerte mich plötzlich an die Warnung, die ich erhalten hatte, und war schlagartig wach. „Mrs. Petit, verlassen Sie sofort die Stadt!“ Der Typ im Restaurant hatte meinen Namen gekannt. Aber wie war sein Name gewesen? Ich versuchte, mich an das Namensschild zu erinnern. Dean. Vier schwarze Druckbuchstaben auf einem weißen Plastikschild. Über die sündhaft teure Auskunft ließ ich mich mit dem Lokal verbinden. Vielleicht erwischte ich noch jemanden von der Mittagsschicht.
    „Restaurant L’Age d’Or, Sie sprechen mit Tom.“
    „Ja, hi. Mein Name ist Nia, und ich wollte fragen, ob Dean da ist.“
    „Dean? Nein, der hat immer die Abendschicht. Sie können es gern ab achtzehn Uhr noch mal probieren. Ab zwanzig Uhr ist es schlecht, da ist hier meistens die Hölle los.“
    Ich erinnerte mich, dass es gestern, an einem Freitagabend, sehr ruhig gewesen war. Ein bisschen unlautere Werbung in eigener Sache war wohl erlaubt.
    „Danke, das mache ich dann.“
    „Okay, schönen Abend noch.“
    Ich zögerte. „Noch eine Frage, weil ich mir nicht sicher bin, ob wir über denselben Dean reden. Wie sieht er aus?“
    „Dean? Na, blond, etwas untersetzt, und er verliert seit ein paar Jahren zu viele Haare, wenn Sie mich fragen.“ Tom schien das lustig zu finden. „Hallo ... hallo?“
    Ich legte auf. Es war nicht Dean gewesen, der uns

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