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Aqualove

Aqualove

Titel: Aqualove Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nola Nesbit
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blaffte ich unehrlich zurück.
    „Warum bist du noch hier?“ Ohne mich anzusehen, betupfte sie ein-, zweimal ihre Unterlippe. Hatte ich richtig gehört?
    „Hier wie in ‚hier im Club‘ oder hier wie in ‚hier in der Stadt‘?“
    Sie sah mich nur abwartend an.
    „Venus. Was willst du? Wenn du mich von Ethan fernhalten willst, stell dich einfach hinten an. Und falls du eine Interessenkollision befürchtest: Noch hege ich keinerlei Heiratsabsichten.“
    Meine Boshaftigkeit perlte an ihr ab wie an einer Teflonbeschichtung. Ihr Blick war unergründlich und gelangweilt. „Ich wusste, dass du stur bist. Dir ist nicht zu helfen.“
    „Ich wusste nicht, dass ich Hilfe benötige. Nur zur Klarstellung: Nein, danke!“ Noch einen letzten wütenden Blick auf ihr perfektes Gesicht werfend, drehte ich mich um und stieß gegen die mir nächste Toilettentür, die mit einem ungesunden Scheppern an die Wand knallte. Noch während ich auf den Fußboden vor der Kloschüssel starrte, hörte ich, wie sich ihre Schritte entfernten, eine Tür sich öffnete und wieder schloss. Stille. Ich sah mich vorsichtig um. Venus war weg.
    Erst als ich meine Hände unter den vibrierenden Ultraschallreiniger hielt, blieb mein Blick am Spiegel haften. In großen Drucklettern stand da mit rotem Lippenstift geschrieben: LASS ES! BITTE! Wenigstens höflich war sie. Ich war vielleicht paranoid, aber alle um mich herum waren offensichtlich Teil einer Verschwörung. Entnervt flüchtete ich nach draußen. Eilig durch die Menge drängend, spürte ich plötzlich eine Hand auf meiner Schulter.
    „Hi, Nia!“
    Felix. Der hatte mir gerade noch gefehlt.
    „Hast du Venus gesehen?“
    „Und wie, Felix!“
    „Hier. Nimm! Habe ich für Venus geholt, aber ich kann sie nicht finden.“ Aufmunternd hielt er mir einen rot eingefärbten, wässrigen Cocktail hin. Ursprünglich hatte er wahrscheinlich Eiswürfel enthalten. Ich verzog das Gesicht. Als hätte er meine Gedanken gelesen, beeilte er sich hinzuzufügen: „Keine K.-o.-Tropfen, kein Abführmittel, ehrlich!“
    Ich musste wider Willen lachen. „Okay, danke! Sehr freundlich.“
    „Was ist los? So schlecht spielen die doch gar nicht.“
    „Es ist nicht die Band.“
    „Sondern?“ Er klang ehrlich interessiert.
    „Warum wollen mich alle vor deinem Bruder warnen?“, platzte ich heraus. Ich war völlig entnervt.
    „Keine Ahnung. Weil er gefährlich ist?“
    „Ach, leck mich, Felix! Du bist auch nicht besser.“
    „Hey, warte, das war nur ein Scherz. Ich sollte dich vielleicht warnen, aber ich will es gar nicht. Ich mag meinen Bruder. Er ist schwer in Ordnung. Arbeitswütig, größenwahnsinnig, schwermütig, aber ansonsten wirklich okay.“
    Ich schaute ihn skeptisch an. Wollte er mich verschaukeln?
    „Ich mag dich, Nia. Und ich mag meinen Bruder – meistens zumindest. Es ist einfach nur ein bisschen kompliziert. Alles um uns herum. Aber du bist erwachsen, und hey, heute Abend spielen sie gute Musik. Komm, lass uns tanzen!“
    So war das also. Es hatte ein entspannter Abend werden sollen. Vielleicht würde es das jetzt wieder werden. Felix zog mich bereits durch die zuckenden Leiber auf die Tanzfläche. Ich folgte ihm eher widerwillig. Seine riesige Gestalt teilte die Menge wie Moses das Rote Meer. Cola sah mir überrascht nach, als mein neuer Begleiter mich an ihm vorüberzog. Ich lächelte entschuldigend. Pearl hatte meine Abwesenheit wie vermutet nicht einmal bemerkt. Ich tanzte mit Ethans Bruder. Er war eine wirklich nette Ersatzbefriedigung. Mit dem neuen Glas in der Hand versuchte ich, mich auf den Rhythmus der Musik einzulassen und nicht mehr nachzudenken. Felix hatte recht: Ich war erwachsen. Was auch immer das bedeutete. Es war Zeit, loszulassen.

Tauchen
    Noch den Geruch von sonnenerwärmter frischer Luft in der Nase, einen schalen Geschmack auf der Zunge, lauschte ich der typisch sonntäglichen tiefen Stille, die vor vielen Jahren nur vom Gurren der Tauben unterbrochen worden war. Es musste schon auf elf Uhr morgens zugehen. Ich hatte wunderbar geschlafen. Cola und Pearl hatten mich um zwei Uhr nachts nach Hause gebracht. Wir hatten gelacht, gequatscht, getanzt und – zumindest Felix und ich – einen Cocktail zu viel getrunken. Es war wie zu Studienzeiten gewesen: albern, ausgelassen und ein bisschen kindisch. Jetzt lag ich im Bett und überlegte, ob ich die Augen noch einmal zumachen sollte, als das Mob klingelte. Ein altmodischer Ton. Einmal, zweimal, wenn es nach dem vierten Mal nicht

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