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Aqualove

Aqualove

Titel: Aqualove Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nola Nesbit
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und desinfizierte zwei Tupfer mit einer Sprühflasche. Der Geruch hatte etwas Beruhigendes. Ich erinnerte mich an die Nähversuche meiner Mutter und meine Überraschung, als die Nadel in mein Fleisch stach. Trotzdem hatte ich mir unsere erste körperliche Begegnung anders vorgestellt. Ich wollte mein letztes bisschen Haltung dazu nutzen, nicht wegzuzucken.
    „So. Ich mache jetzt das Tuch ab. Schau mal zum Fenster raus und denk an was Schönes!“ Ich drehte den Kopf weg und wartete. Ich spürte, wie Ethan an dem Finger und meiner Hand herumwischte. Der Geruch des Desinfektionsmittels verbreitete sich im Raum. War da auch der metallische Geruch von Blut? Nicht zu wissen, was er tat, machte mich nervös. Aus dem Augenwinkel heraus sah ich, wie Ethan einen blinkenden Gegenstand hochhielt. Mein Atem ging schneller.
    „Ich sage dir, wenn es losgeht“, hörte ich seine konzentrierte Stimme.
    Ich konnte nicht anders, als ihn anzusehen. Er hatte gerade den Faden zurechtgeschnitten.
    Mein Daumen musste furchtbar aussehen.
    „Kannst du jetzt bitte woanders hinsehen? Ich würde gern anfangen.“
    „Nein. Mach jetzt. Ich halte still.“
    Ethan sah mich mit einem Seufzer an. Felix und Venus standen unbeweglich seitlich von uns. Ich hatte nicht mal bemerkt, dass Venus zurückgekommen war. Sogar meine Tasche und meine Kleidung hatte sie mitgebracht.
    Der erste Stich war der schlimmste.
    „Oh, verdammt!“ Mir stiegen Tränen in die Augen. Fingerkuppen waren empfindlich.
    „Warum möchtest du nicht zum Arzt?“, versuchte Ethan Konversation zu machen, während er den Faden durchzog.
    „Ich war noch nie beim Arzt. Warum sollte ich heute damit anfangen?“
    „Was?“ Ethans Stimme war ungläubig. „Noch nicht mal bei der Geburt?“
    „Noch nicht mal da. Hausgeburt. Autsch!“
    „Keine Impfung? Keine Blutabnahme? Nichts?“
    „Nicht ein einziges Mal, wie gesagt.“ Ich leckte mir eine salzige Träne von der Oberlippe und wappnete mich für den nächsten Stich.
    „Warum nicht?“
    „Glücklicherweise bin ich kerngesund. Der eigentliche Grund ist aber: Meine Mutter wollte nicht, dass wir aktenkundig werden – in keinerlei Hinsicht.“
    „Das gibt’s doch nicht.“ Ethan schaute mich fassungslos an.
    „O doch. Mittlerweile ist eine Art Sport für mich daraus geworden. Aber heute macht es irgendwie keinen Spaß. O Gott!“
    „Sorry, ich hab es gleich. Du machst das sehr gut.“
    „Das ist die Übung. Meine Mutter hat mir schon mal den gleichen Dienst erwiesen.“
    „Und ich dachte, wir Watermans hätten schwierige Familienverhältnisse.“ Felix’ Bemerkung triefte vor Sarkasmus.
    „Das klingt vielleicht komisch, aber ich kann mich über meine Familie nicht beschweren.
    Tatsächlich habe ich heute sogar noch mit meiner Mutter telefoniert. Sie ist toll. Sie ist eben etwas anders als andere.“
    „Petit – ein französischer Name. Wie kommt das?“
    „Die Eltern meines Vaters stammen aus Frankreich. Mein Vater wollte immer weg. Er hat in der jährlichen Lotterie eine Greencard gewonnen.“
    „So, fertig.“
    Die schwarze Naht auf meinem Finger sah ordentlich aus. Der kleine schwarze Knoten glänzte im schwächer werdenden Licht. Ich atmete hörbar aus und löste die Faust, zu der ich meine rechte Hand geballt hatte.
    „Ich verbinde das jetzt noch, dann musst du ein paar Tage Geduld haben, bis ich die Fäden ziehen kann. Du brauchst noch eine Tetanusspritze. Den Impfstoff muss ich allerdings erst noch besorgen.“
    „Danke, aber spar dir die Mühe. Bisher ging es auch ohne.“
    „Dein Verhalten ist nicht nur völlig unglaublich, sondern auch extrem unverantwortlich und leichtsinnig.“
    „Wenn ich Schaum vor dem Mund bekomme, bist du der Erste, der eine Spritze in mich hineinstechen darf.“
    Ethan warf mir einen Blick zu, der erahnen ließ, dass er mich nicht für ganz zurechnungsfähig hielt. Mein Daumen sah aus wie eine weiße Wasserbombe, die an meinem Handgelenk festgebunden war. Ethan schob mir über den Tisch ein Päckchen Tabletten zu.
    „Ich hoffe, du bist Schmerzmitteln gegenüber nicht ebenso negativ eingestellt, sonst erwartet dich mindestens eine schlaflose Nacht.“
    Ich lächelte ihn an. „Danke! Vielen Dank.“ Nur drei Worte für viel mehr, das ich zu sagen gehabt hätte.
    „Immer wieder gern“, gab er lächelnd zurück. Es wirkte warm und echt.
    Venus packte die Überbleibsel der Operation zusammen und bemerkte säuerlich: „Ich widme mich dann mal dem Aufräumen des Tatortes.“
    „Es

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