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Aqualove

Aqualove

Titel: Aqualove Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nola Nesbit
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tut mir leid, dass ich euch den Tag und die Küche versaut habe.“
    „Ich fand es ganz unterhaltsam. Mit dir ist immer was los“, bemerkte Felix mit einem Lachen. „Komm, ich bring dich nach Hause!“
    Als ich mich umdrehte, sah ich, wie Ethan das blutige Tuch, das ich um den Finger gewickelt hatte, gerade in eine Plastiktüte steckte. Er legte sie beiläufig auf den Tisch. „Nein, ich fahre sie.“
    Venus reichte mir meine Kleider. Ich musste mir gut zureden, um die Kraft zum Anziehen aufzubringen. Automatisch. Eins nach dem anderen. Ich zog meinen Pulli unbeholfen über den Kopf und schlüpfte in meine Jeans und Sneakers. Der dicke Daumen war nicht nur ständig im Weg, jede Bewegung verstärkte den Schmerz. Endlich war es geschafft.
    „Bis nachher.“ Ethan nahm mir die Tasche aus der Hand und zog mich vom Stuhl hoch.
    Meine Hand in seiner. Schwankte ich leicht? Ich wollte nur noch nach Hause. Wir verließen die Küche durch eine Tür ins Innere des Hauses. Nur einmal wandte sich Ethan noch um: „Ach, Venus! Um die Sachen auf dem Tisch kümmere ich mich nachher.“

Warten
    Die Nacht war unruhig. Ich hatte zwar die für mich fast tödliche Dosis von zwei Schmerztabletten eingenommen, aber die hinderten meinen Daumen nicht daran, ständig durch Pochen und Druck auf sich aufmerksam zu machen. Genervt und übermüdet drehte ich mich von links nach rechts. Gegen sechs gab ich auf und machte mir eine Suppenschüssel voll mit Müsli, Joghurt und Milch. Ich hatte einen unmenschlichen Appetit. Das Streichen eines Brotes hätte mich vor fast unlösbare logistische Probleme gestellt.
    Nachdem ich alles verschlungen hatte, besserte sich meine Laune. Ich zerrte mir mein T-Shirt über den Kopf und beschloss, mir die letzten Blutflecke in der Dusche vom Leib zu waschen. Ich zog den Duschvorhang zu und hielt meine verbundene Hand wie ein nicht zu übersehender Anhalter aus der Kabine heraus. Es war auch nicht leicht, sich einhändig einzuseifen. Ich bewältigte die Aufgabe mit einer knappen Durchschnittsnote. Beim Waschen strich mir Ethans kühler Ring, den ich immer noch am Finger trug, über die Haut. Ich machte mir eine gedankliche Notiz, ihn bei nächster Gelegenheit zurückzugeben.
    Für das Anziehen der frischen Kleider nahm ich mir Zeit. Es war einer der Tage, an denen nur mein Lieblingspullover gut genug für mich war. Resigniert räumte ich die herumliegenden Kleider vom Vortag weg. Ob ich meinen neuen, mit Blut befleckten Badeanzug in die Waschmaschine stecken konnte? Wenn nicht, war er sein Geld nicht wert.
    Meine Tasche stand auf dem Stuhl, und ich suchte nach der Wäsche, die ich gestern dort verstaut hatte, um sie mit in die Maschine zu stopfen. Meine Finger berührten einen Umschlag, den ich herauszog und öffnete. Ethan hatte mir sein Foto mitgegeben. Ich hatte gestern keinen Gedanken mehr darauf verwendet.
    Zerstreut stellte ich das Bild auf meinen Schreibtisch. Dieses Foto hier war nicht unscharf. Ein typisches Schwarz-Weiß-Porträt, das Ethans ernsten Gesichtsausdruck gut einfing. Mit den abstehenden Haaren sah er eher aus wie ein Student der Philosophie als ein erfolgreicher Geschäftsmann. Er wirkte auch auf diesem Bild zu jung für das, was er bereits erreicht hatte. Ethan hatte mich gestern noch bis zur Haustür gebracht. Da er ja offensichtlich bestens über mich informiert war, verzichtete ich darauf, ihn zu meiner Wohnung zu lotsen. Es war immer noch erschreckend. Wie erwartet kannte er den Weg, obwohl er noch nie zuvor bei mir gewesen war. An der Haustür hatte er sich nochmals vergewissert, dass ich zurechtkommen würde. Ich hatte müde genickt und mich für den schönen Tag und die „gute Arbeit“ an meinem Finger bedankt. Dann hatten wir einen Moment wie ungelenke Teenager rumgestanden, und schließlich hatte er sich vorgebeugt und mich kurz auf die Wange geküsst. Ich war so erschöpft, dass ich mit einer schüchternen Liebesbezeugung gut leben konnte. Was hatte ich erwartet? Irgendetwas nagte noch an mir, aber ich war zu müde, um in meinem Hirn weiter nachzuforschen, was genau mein Unterbewusstsein beschäftigte. Ausgeschlafen würde es mir sicherlich einfallen.
    Jetzt, endlich satt und leicht angeschlagen, fragte ich mich, welchen Namen unsere Beziehung nun verdiente. Freundschaft? Gelegentlich Feindschaft? Arbeitsverhältnis? Seit gestern war es eher eine Arzt-Patientinnen-Beziehung. Gestern hatte er meine Verteidigungsstellungen überrannt. Kein Zweifel: Mich hatte es erwischt. Ich

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