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Aquila

Aquila

Titel: Aquila Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Gifford
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Leinentasche nach. »Verstauen Sie das verdammte Ding«, meinte er, »und richten Sie die Lampe landeinwärts. Landeinwärts, hab ich gesagt! Ja, so ist’s gut.«
    »Ich sehe rein gar nichts!«, brüllte Chandler, um den Wind zu übertönen. Die Wellen schienen bei jedem Schlag höher zu werden.
    »Halten Sie die Richtung, mein Junge, dann sehen Sie gleich was. Einfach geradeaus rudern!« Wie er so den Arm reckte, sah er aus wie das Standbild eines alten Matrosen, der wieder zur See fährt, von Wind und Wetter umtost. »Ich warte, bis Sie dicht vor dem Ufer sind, dann haue ich ab.«
    »Kommen Sie denn weg bei dem Wetter?«
    »Keine Sorge, Sportsfreund. Ich schlafe heute Nacht in meinem eigenen Bett!«
    »Was machen wir, wenn wir im Haus sind?«
    Kendrick lachte und schüttelte den Kopf, dass die
    Regentropfen flogen. »Warten. Sie sitzen fest. Der Boss wird sich melden. Und jetzt los.«
    Er drehte sich um und stemmte sich wieder gegen Regen und Wind, bis er sicher im Flugboot war. Bevor er die Schiebetür zuzog, sah er zu ihnen hinab und signalisierte: Daumen hoch!
    Dann war er hinter der Tür verschwunden.
    274
    DIENSTAG
    Chandler löste die Leinen des Floßes, das zu seinem Ärger ständig gegen den Ponton schlug und ihn aus dem
    Gleichgewicht brachte. Mit dem Ruder stieß er sich von dem Flugboot ab, bis das Floß widerstrebend reagierte, als müsste es sich aus einem Magnetfeld lösen. Polly ergriff das zweite Ruder und paddelte beherzt durch das schwarze Wasser. Unter seinem Pullover und dem Regenmantel fing Chandler an zu schwitzen.
    Sein Körper fühlte sich einmal heiß, dann wieder feuchtkalt an.
    Inzwischen lag das Flugboot ein gutes Stück hinter ihnen.
    Während er sich abmühte und nach Luft japste und ihm langsam alle Knochen wehtaten, hatte er den Eindruck, überhaupt nicht vorwärts zu kommen. Doch das Flugzeug wurde immer kleiner, die gelben Nebelscheinwerfer blieben immer weiter zurück.
    Polly ruderte still und stetig drauflos – eine ebenbürtige Partnerin. Allmählich spürte Chandler eine körperliche Anstrengung, wie er sie mit Footballspielen in der Sommerhitze vor vielen Jahren in Verbindung brachte. Es war, als ob er irgendwie eine Explosion in seiner Brust oder in seinem Gehirn verhindern müsse.

    »Du strengst dich zu stark an«, rief Polly ihm zu. Sie hielt inne und gab ihm ein Zeichen, das Ruder hinzulegen. »Keine Panik, Colin, wir kommen schon hin! Mach mal Pause, sonst bringst du dich um!« Um ihre Füße herum sammelte sich das Wasser.
    Chandler sah hoch. Hinter ihm schwebte der gelbliche Schein wie ein Geist über dem Meer. Schwer atmend ließ Polly den Lichtstrahl über die Küstenlinie gleiten. »He, ich sehe den Strand!« Als sie sich lächelnd zu ihm drehte, mit nassem Gesicht und angeklatschtem Haar, sah sie aus wie achtzehn.
    Nach der Verschnaufpause ruderten sie mit neuer Energie weiter und beobachteten, wie sich die Küste unter dem 275
    Lichtstrahl grau herausschälte. Chandler fror; er war durchweicht, stand bis zu den Knöcheln im Wasser und nieste.
    Aber das alles trat zurück hinter dem göttlichen Gefühl, das Floß auf dem rauen, felsigen flach ansteigenden Sandboden entlangschaben zu hören. Er sackte in seinen nassen Sachen zusammen und kam sich alt und geschrumpft vor. Sein Herz hämmerte. Ihm ging durch den Kopf, dass sein armes Herz ständig überlastet war, seitdem dieses irrwitzige Martyrium begonnen hatte. Doch wer weiß, wozu es gut war!
    »Colin, wir haben’s geschafft! Wir sind da!«
    Er nickte grinsend.
    »Liebes, du bist ein bisschen grün im Gesicht«, meinte sie, als sie auf ihn zu taumelte und dabei über die Tasche stolperte. »Ist alles in Ordnung?«
    »Ich bin topfit!« Er kletterte vom Floß und versank sofort bis zu den Knien im eisigen Wasser, das ihn wie mit tausend Glasscherben stach. Der aufgewirbelte Sand setzte sich in seinen Schuhen. Gegen besseres Wissen gelang ihm ein Grinsen: »Wie McArthur …«
    Er zerrte an der Tasche, die mit der ausgebeulten Seite in der Wasserlache unten auf dem Floß lag. Zum Glück hatte Prosser die Dokumente und das Porträt in mehrere Lagen Öltuch gewickelt. Mit einem heftigen Ruck bekam er die Tasche endgültig zu fassen und warf sie schwungvoll in den Sand.
    Nachdem Polly ihm von der Floßkante erleichtert in die Arme gesunken war, wateten sie schwankend und torkelnd aus der Brandung, das Floß im Schlepptau – wie Geschöpfe, die den Evolutionsprozess unter allen Umständen beschleunigen wollten. Er

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