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Aquila

Aquila

Titel: Aquila Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Gifford
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die Essenz jeder Art von Größe … Ich fürchte, menschliche Größe gehört der Vergangenheit an …
    Adlai Stevenson hat es einmal auf den Punkt gebracht, als er zu mir sagte: ›Unsere Viktorianischen Vorfahren hat eine 320
    niedrige Gesinnung verlegen gemacht. Wir haben dieses Gefühl, wenn uns das Noble begegnete.‹« Er seufzte und nestelte an seinem Mikrofon. »Ich erwarte nicht, dass Sie verstehen, wovon ich rede … Warum auch? Was können Sie von Größe wissen?
    Wir haben es mit einer seltsamen Konstellation zu tun, mit der Sie aufgewachsen sind: die Teilung der Welt in ›wir‹ und ›die‹
    … Und wenn man es recht betrachtet, gibt es da kaum mehr einen nennenswerten Unterschied …«
    Er verließ das Podium ohne ein weiteres Wort.

    Polly zog ihren Schal fester und sah zu Chandler auf.
    Strahlender Sonnenschein tauchte den Yard in Leben
    spendendes kaltes Licht. Sie strich sich die Haare aus dem Gesicht, die der frische Wind durcheinander gebracht hatte.
    »Wir stehen jetzt auf den gleichen Stufen«, sagte er. »Hier hast mir dein verdammtes Mikrofon vors Gesicht gehalten, als wir herauskamen. Und bevor ich bis drei zählen konnte, habe ich schon bis zum Hals in der Sache gesteckt.« Er betrachtete das Kommen und Gehen der Studenten. »Ja, inzwischen bin ich älter und weiser geworden.«
    »Colin, was, zum Kuckuck, hatte Prosser dort zu suchen? Was war das überhaupt für eine Vorlesung?«
    »Er hat drauflos schwadroniert, wie es seine Art ist. Nach dem Motto, berühmter Mann spricht mit Jungen und Mädchen. Er hat mich nur vertreten …«
    »Es klang wie eine Abschiedsrede«, meinte sie.
    »Vielleicht war er in der Stimmung.«
    »Sehr seltsam. Hier ist er, Colin.«
    Bert Prosser trat mit der Pfeife im Mund durch die Tür. Auf der obersten Stufe blieb er stehen und lächelte ihnen zu, dann presste er den Tabak mit seinem Mr.
    Pickwick in den
    Pfeifenkopf. »Ach, Sie beide. Ich bin so froh, Sie zu sehen.« Er kam die Stufen herunter, proper und klapperdürr in seinem Einreiher mit dem Samtkragen. »Meine Liebe«, sagte er zu 321
    Polly, »ich habe mir in den letzen Tagen große Sorgen um Sie gemacht.«
    Sie lachte und schüttelte den Kopf. »Ich glaube, Sie schulden uns eine Erklärung. Wir hatten riesiges Glück, dass wir überhaupt noch am Leben sind.«
    »Aha.« Er nickte. »Da hat sie Recht – stimmt’s, Colin?«
    »Stimmt.«
    »Wo sind die Aquila-Papiere?« fragte sie. Colin spürte ihre Energie und ihren Zorn.
    Prosser sah auf die Uhr. »Haben Sie Zeit für ein spätes Mittagessen im Harvard Club? Dort werden Sie alles erfahren, das verspreche ich. Aber vorher habe ich noch einen Termin.«
    »Hier wird ganz intensiv etwas vertuscht«, sagte Polly.
    »Geduld, meine Liebe.« Prosser sog an der Pfeife und setzte ein kühles Lächeln auf.
    »Was ist mit Hugh Brennan?«, wollte Chandler wissen.
    Prosser lächelte geheimnisvoll. »Sagen wir halb zwei?« Er nickte ihnen zu und ließ sie im kalten Sonnenlicht stehen.

    Vor dem Fenster des Harvard Club zeigten sich auf dem Grasstreifen, der die Tremont Street teilte, gerade die ersten grünen Halme. Ein Mann und eine Frau knieten dort neben einer altmodischen Aktentasche und hoben ein winziges schwarzes Kätzchen heraus. Dann stand die Frau lächelnd da, die Hände auf die Hüften gestützt, während der Mann das Kätzchen ins Gras setzte. Es machte ein paar vorsichtige Schritte und hob den Kopf, als erwarte es Beifall.
    Chandler sah wieder weg vom Fenster und der Szene, die ihn an irgendetwas erinnerte, das vor langer Zeit geschehen war, und ließ seinen Blick auf Prosser ruhen. Obwohl dessen Gesicht wieder eine rosige Farbe angenommen hatte, wirkte es noch genauso eingefallen und kränklich wie in Maine. Nach dem Essen trank er seinen Sherry, der braun und durchsichtig aus dem Glas rann. Der kleine Mr. Pickwick aus Messing stand 322
    neben dem Aschenbecher, in dem die frisch gestopfte glänzende Dunhill-Pfeife lag. Ein Tabaksbeutel aus Leder vervollständigte das Stillleben. Vom Fenster her drang ein kalter Luftzug ins Zimmer.
    »Nun«, sagte Prosser leise, »das nenne ich ein gepflegtes Mittagessen. Und ich weiß Ihre Geduld zu schätzen, Miss Bishop. Sie haben mir von Ihrem Ausflug nach Kap Breton erzählt, und mir scheint, Sie nehmen all die kleinen Unannehmlichkeiten ziemlich gelassen hin …«
    »Nicht mehr länger«, erwiderte sie. »Vergessen Sie nicht, dass ich Reporterin bin. Mein professioneller Instinkt lässt nicht locker. Ich habe

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