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Aquila

Aquila

Titel: Aquila Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Gifford
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komischen Hüten. Der Große fing diesmal seinen Blick auf, sah rasch weg, gähnte nervös und hielt sich die Hand vor den riesigen Mund.
    David zuckte die Achseln. Er rannte über die regennasse Straße zum Kiosk in Richtung Yard, vorbei an schmutzigen Schneehaufen, die sich am Straßenrand türmten wie Abfall.

    Hinter der Milchglastür war Professor Chandlers Büro dunkel.
    Die Bürostunden auf dem Schild wurden strikt eingehalten: Er war zwei Minuten zu spät dran. Mist … Wütend stand er an der Tür und überlegte, ob er nicht einen Kraftausdruck auf das oft befingerte Schild schreiben sollte. Dann ging er durch den muffig riechenden, überheizten Korridor zurück zum Büro der Sekretärin. Sie saß an ihrem Holzschreibtisch, kaute an einem blauen Stift und kopierte dabei ein getipptes Manuskript.
    »Chandler ist nicht mehr da?«, sagte er.
    »Richtig«, meinte sie, ohne aufzublicken.
    »Kann ich für ihn eine Nachricht hinterlassen?«
    »Warum rufen Sie ihn morgen nicht einfach an?« Sie sah ihm fragend ins Gesicht. »Er fragt hier vielleicht nicht nach.«
    »Es ist wichtig, wissen Sie. Haben Sie mal ’n Kuli?«
    Sie verzog das Gesicht wegen seines Ansinnens, gab ihm aber ihren Stift. Er schrieb: Prof. Chandler, bitte rufen Sie mich so 38
    bald wie möglich unter KL-5-8786 an. Riesensache! Bill Davis.
    Er reichte dem Mädchen den Zettel.
    »Falls er vorbeischaut«, meinte er.
    Sie las die Nachricht. »Riesensache für Sie, nicht für ihn«, erklärte sie und schüttelte den Kopf.
    »Keine Werturteile, okay? Kämpfe wacker, Harvard!«
    »Was Sie nicht sagen.« Sie befasste sich schon wieder mit ihrem Manuskript.
    Er verließ sie kopfschüttelnd. Der Winter hatte viel zu lange gedauert, und alle litten unter Kabinenkoller. Fehlte bloß noch, dass er sich auch so ein flottes Pepitahütchen aufsetzte.

    Von dem Gebäude aus lief er durch den dünner werdenden Nieselregen in Richtung Harvard Square, vorbei an Matthews Hall, und kam noch vor Rot über die Ampel. Dabei bemerkte er nicht den Mann mit dem Pepitahut und den anderen mit dem Regenkäppi, die vom Verkehr auf der anderen Seite aufgehalten wurden. Am Kiosk kaufte er sich den Christian Science Monitor, dann sprang er die Treppe hinunter. Die Büchertasche schlug gegen seinen Rücken. Als er durch das Drehkreuz hastete, stand der Zug Richtung Park Street schon da. Er sprang auf, während sich die Türen schlossen, und als er sich umdrehte, sah er sie. Der Pepitahut fiel auf in der Menge. Sie standen in der Schlange vor dem Fahrkartenschalter. Bill Davis rieselte es unangenehm kalt den Rücken hinunter.
    Pepitahut wandte sich Regenkäppi zu, als sie vom Schalter zurücktraten. Regenkäppi zog eine Tiparillo mit Kirscharoma aus der Pappschachtel, schnupperte daran und zündete sie mit einem Streichholz an, das er an seinem Daumennagel
    angestrichen hatte. Hustend wedelte Pepitahut den Rauch weg.
    »Brookline«, sagte er. Auf den Gläsern der schwarzen Hornbrille, die er jetzt trug, perlten Regentropfen. Er blickte zu seinem Begleiter auf. »Wir können in Brookline auf den Jungen warten … Das Ding ist in der verdammten Büchertasche, das 39
    weiß ich. Deshalb hat er seinen Professor bei den Historikern aufgesucht, diesen Chandler.«
    »Du weißt überhaupt nichts.« Die Stimme des Großen war tiefer als Ivan Rebroffs. Er hatte ein ständig gerötetes rundes Gesicht mit fettem Kinn, und unter dem kleinen Hut sah er aus wie ein x-beliebiger Golfer an einem bewölkten und
    regnerischen Nachmittag. Doch während Thorny den
    Rauchkringeln nachsah, bemerkte er mit einem Fünkchen Sorge, dass die Lippen des Großen zitterten, und auch seine Hände.
    Thorny hatte so etwas bei Leuten in diesem Geschäft schon vorher beobachtet. Schwache Nerven, das Alter, der Alk, eine zerbrochene Ehe: Ozzies Zukunft sah alles andere als rosig aus.
    Aber er musste einen Dreh finden, sein gereiztes Wesen unter Kontrolle zu halten, damit er diesen einen Auftrag noch durchstand …
    »Glaub mir, Ozzie, es ist in der Büchertasche.«
    »Ich hab zu viel Kohldampf, um dir zu glauben.«
    »Das ergibt keinen Sinn.«
    »Eben. Ich bin wahnsinnig hungrig.«
    »Wir machen einen Stopp bei McDonalds. Auf dem Weg nach Brookline. Er fährt dienstagabends immer zu seinen Eltern. Jede Woche.«
    Durch den Nieselregen liefen sie zur Brattle Street. Zu ihrer Überraschung hatten sie in der Nähe vom Institut für Designforschung einen Parkplatz gefunden. Nun steckte ein aufgeweichter Strafzettel unter

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