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Aquila

Aquila

Titel: Aquila Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Gifford
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er seinen Haushaltspflichten nachkam, plauderte er zerstreut mit der George-Washington-Büste. George war der perfekte Gesellschafter: Er brauchte nichts zu essen und keine umständlichen Verrichtungen vor dem Schlafengehen, er bewohnte keine Kiste, die sauber gemacht und desinfiziert werden musste, bei ihm lag keine dreckige Zeitung auf dem Käfigboden. Er gab keine störenden Geräusche von sich, hörte aufmerksam zu, diente als gutes Vorbild und war unzweifelhaft das Größte, was Amerika je hervorgebracht hatte. Was hätte George von Polizisten gehalten, die Wanzen in Tabaksdosen schmuggelten?
    Er kaute sich durch sein Chow Mien, das er mit einem Schuss Sojasoße verfeinert hatte. Es wurde Zeit für die ersten Nachrichten. Kein Grund, McGonigles Hinweis zu ignorieren.
    Er steckte sich den letzten Bissen Frühlingsrolle in den Mund und schaltete den Fernseher ein. Fast umgehend erhielt der Rat des Polizisten einen gespenstischen Sinn: »Leider müssen wir von einem neuen Mord berichten«, verkündete der Sprecher.
    »Wir übergeben an Polly Bishop von Kanal 3 auf Beacon Hill
    …«
    Chandler wurde plötzlich flau im Magen. Er lehnte sich vor und spürte die Spannung in seinem Körper. Die Kamera schwenkte von der glänzenden Kuppel des Parlaments mit dem leuchtend klaren Himmel herab. Sie blieb an Polly Bishop haften und begleitete sie, als sie langsam eine der Seitenstraßen der Park Street entlangging.
    »Heute Nachmittag gab es eine neue tragische Entwicklung im Mordfall Bill Davis, der sich vor 72 Stunden ereignete.«
    Chandler sah am Licht, dass die Sendung früher aufgezeichnet worden war. Sie hatte die Zeitspanne ungefähr auf den Termin der Ausstrahlung abgestimmt. Wann genau hatten McGonigle und Fennerty davon gehört? Sie waren am Vormittag bei ihm aufgekreuzt …
    Pollys sanfte Rehaugen blickten direkt in die Kamera. Ihre 80
    Stimme war fest und sicher. Unter den Backenknochen lagen Schatten, ebenso wie in den Grübchen ihres blassen, eleganten Gesichts. Zum Schutz gegen die Windböen hatte sie ihr Haar mit einem breiten Band zusammengehalten. »Wir haben einen zweiten brutalen Mord zu beklagen: den Mord an einem Antiquar, dem neunundsiebzigjährigen Nat Underhill.
    Mr. Underhill handelte mit seltenen Büchern und galt weltweit als Experte auf seinem Gebiet. Er wurde im Büro hinter seinem Laden in der Beacon Street erschossen aufgefunden, dort, wo seine illustren Kunden seit dreißig Jahren sowohl seltene Bücher und Dokumente als auch seine einzigartige Expertise gesucht hatten.«
    Chandler kannte den Namen: Underhill war vielleicht kein Antiquar von Weltklasse, aber ein geachteter Mann. Chandler war ihm ein- oder zweimal begegnet. Was hatte er mit Bill Davis zu tun? Das Wort »Verifizierung« hing in der Luft, fügte sich in das Mosaik ein. Polly Bishop war stehen geblieben und sah nun den Zuschauern entgegen. Ihr Mantelkragen war hochgeschlagen. Ihre Hände in den engen Handschuhen umfassten das Mikrofon.
    »Anscheinend besuchten die unbekannten Mörder
    Mr. Underhill während der Nacht oder heute früh in seinem Büro. Zur Zeitfrage müssen wir den Bericht des
    Gerichtsmediziners abwarten. Mr. Underhill wurde von zwei Kugeln tödlich getroffen. Lieutenant Anthony Lascalle erklärte, dass Underhills Sekretärin Nora Thompson das Verbrechen entdeckte, als sie mittags den Laden öffnen wollte. Zum Zeitpunkt seines Todes katalogisierte Underhill
    Neuerwerbungen.«
    Nora Thompson entdeckte das Verbrechen am Mittag!
    Mein Gott … McGonigle und Fennerty hatten schon vorher davon gewusst!
    »Kanal 3 hat von der Bostoner Mordkommission erfahren, dass der Name Bill Davis in Underhills Handschrift auf einem 81
    Block stand, der auf seinem Schreibtisch gefunden wurde.« Sie machte eine Kunstpause. »In diesem seltsamen Fall sind nun drei Namen im Gespräch: Bill Davis, sein Studienberater an der Harvard-Universität, Professor Colin Chandler, und Nat Underhill … Was verbindet sie? Wurde Davis mit der gleichen Waffe getötet wie Underhill?« Sie ging mit Hunderttausenden in Blickkontakt.
    »Diese Fragen stellt sich die Bostoner Polizei heute Abend …
    Bis jetzt zeichnet sich noch keine Lösung ab. Vom Ort des Verbrechens auf dem Beacon Hill sahen Sie Polly Bishop von 3
    Aktuell.«
    Die Kamera schwenkte von ihrem Gesicht zu dem eleganten Firmennamen auf Underhills Schaufenster und verweilte dort bis zur Werbung.
    Chandler zitterten die Knie. Ihm blieb fast die Luft weg. Wie zum Teufel konnten die beiden

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