Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Aquila

Aquila

Titel: Aquila Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Gifford
Vom Netzwerk:
kämpfen mit harten Bandagen, verstehen Sie? Ich weiß auch nur von Hugh Brennan, dass er hier war. Ja, Hugh ist ein toller Kerl, ein richtiger Freund. Er tut alles, um Chandler zu helfen …«
    »Kann ich etwas für Sie tun?« Percy Davis betrachtete den Mann ruhig und versuchte sich zu besinnen, was Chandler ihm während der langen, ereignisreichen Nacht erzählt hatte. Es war eine Menge … George Washington trübte sein Gedächtnis.
    »Was heißt können? Sie müssen für mich etwas tun, 217
    Mr. Davis.«
    Er breitete die Arme aus – ganz unterwürfiger Bittsteller. »Sie müssen mir sagen, wohin er von hier aus gefahren ist.« Er blickte düster drein und rieb sich die Augen. »Die Gangster, die gestern Nacht ihr schmutziges Werk getan haben, sind hinter ihm her, und ich muss vor diesen Scheißkerlen bei Chandler sein.« Er seufzte tief unter dem Gewicht der gesamten Welt. In seiner Tasche spürte er den harten Griff des Revolvers und fragte sich, ob er diesem dürren alten Knochen wohl etwas Übles antun müsse. »Hat er’s Ihnen gesagt? Wissen Sie, wo er ist?«
    Percy Davis überlegte.
    »Ja, Mr. Terwilliger«, sagte er schließlich, »ich weiß, wo er ist.« Er machte sich auf den Weg in den Empfangsraum. »Am besten, ich zeige es Ihnen auf der Straßenkarte.«
    Im Pinto holte Thorny eine Flasche Gin aus dem
    Handschuhfach. Er pfiff »Hello, Dolly«, bis er den
    Schraubverschluss offen hatte. Zur Abwechslung lief mal etwas.
    Mist, dass Ozzie nicht dabei sein konnte. Er ließ den Wagen an und drückte seinen Hut beim Zurücksetzen in den Matsch. Auf der Fahrt durch Kennebunkport nahm er noch einen Schluck aus der Flasche und schaltete die Scheinwerfer ein. Er fühlte sich einsam, aber geborgen in der beginnenden Dunkelheit.

    Vor sich hin dösend, hielt Chandler Polly umschlungen und sah zu, wie das Feuer herabbrannte. Er hatte keine Lust, sich zu bewegen oder richtig munter zu werden. Plötzlich durchschnitt Scheinwerferlicht die Nacht. »Er ist da. Prosser ist hier, mein Schatz. Hoch mit dir! Der alte Herr ist im Anmarsch!«
    Er ging hinaus und winkte ihm von der Verandabrüstung zu.
    Der schwarze Rolls-Royce blieb vor ihm stehen, und Prosser lehnte sich lächelnd aus dem geöffneten Seitenfenster. Schon sein Anblick tat Chandler gut.
    »Bert«, rief er, und war schon auf dem Weg zu ihm. Der 218
    Vorname kam ein wenig ungewohnt über seine Lippen. »Bert, ich bin richtig froh, Sie zu sehen …«
    Der alte Herr nickte. »Wir kriegen das schon auf die Reihe, mein Junge, wir tüfteln etwas aus. Ich lege rasch den altehrwürdigen Rolls schlafen, das dauert nur ein paar Minuten.
    Dann legen wir los.« Das Seitenfenster glitt wieder nach oben, und der Wagen rollte langsam in Richtung Garage durch den Torbogen zurück. Chandler hörte, wie sich das ferngesteuerte Tor öffnete. Er stand allein an der Brüstung, und sog die Nachtluft in seine Lungen und dachte abwechselnd an Polly und an Bert Prosser. Für einen so wankelmütigen Mann war er maßlos glücklich.
    Chandler beobachtete, wie Prosser im Umgang mit Polly seine Gewandtheit und seinen Charme spielen ließ. Seit Jahren ging das Gerücht, dass es mit seiner Gesundheit nicht zum Besten stand. Als er nun Pollys Hand hielt, sah man ihm sein Alter an –
    das Gerücht schien der Wahrheit zu entsprechen. Seine Tränensäcke waren schwerer und dunkler geworden; in der rustikalen Kleidung wirkte er zerbrechlicher als je zuvor. Auch der Rollkragenpullover konnte die schlaffe, faltige Haut an seinem Hals nicht verbergen. Als er seine Dunhill-Pfeife stopfte und anzündete, zitterten die blau geäderten Hände beim Hantieren mit dem Tabakbeutel und dem Streichholz. Aber seine Stimme war so kräftig wie immer. Sie tönte mit metallischer Härte, wenn er seinen Standpunkt vertrat, konnte jedoch sanft und sonor werden, wenn er das wünschte.
    Nachdem er genug Charme versprüht hatte, schützte er den Pfeifenkopf mit der hohlen Hand und sog in tiefen Zügen, bis grauer Rauch seinen kleinen Kopf mit der durchsichtigen Haut umhüllte. »Nun, mein Lieber«, sagte er mit seiner vollen Stimme, »sehen wir uns mal Beweisstück A an und arbeiten uns bis ins Herz der Dinge vor. Ich halte mich für einen nüchternen und disziplinierten Menschen, aber was Sie mir heute früh erzählt haben … Na, legen wir los.« Er setzte sich an den Tisch 219
    in der Bibliothek und rückte den Schirm der alten Tischlampe mit dem Messingfuß zurecht, damit er das Dokument im besten Licht

Weitere Kostenlose Bücher