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Aquila

Aquila

Titel: Aquila Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Gifford
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menschlichen Abfall dort gefunden? Wie viele Fingerabdrücke hatte er selbst in der Wohnung hinterlassen?
    Es war nicht sein Tag. Er drückte sich den schwarz-weißen Pepitahut tief in die Stirn und fluchte, weil der Pinto so lahm beschleunigte. Ein grässlicher Tag! Jemand würde dafür büßen müssen. Seine Wut und sein Frust steigerten sich, bis er es schließlich aufgab, dagegen anzukämpfen. Zum Henker mit dem Alten! Zum Henker mit Brennan und diesem verdammten Chandler und der Fernsehbraut! Arnold Thornhill hatte den Kanal voll.
    210
    Als er im Rexall Drugstore in Kennebunkport nach dem Seafoam Inn fragte, hatte er sich wieder in eine zuverlässige Tötungsmaschine verwandelt.

    »Er hat nicht gelogen, als er sagte, wir könnten es nicht verfehlen.« Polly beobachtete, wie Chandler von der Straße in Prossers Einfahrt einbog, die sanft ansteigend zu einem riesenhaften Gebäude führte, einem Landsitz, der finster vom Hügel auf sie herabzublicken schien, während sich das Tageslicht hinter die schwärzlichen Wolken im Westen zurückzog. Sie fuhren gerade durch Johnston, einem Dorf mit kaum zehn Häusern, als der mit der Tankstelle gekoppelte Lebensmittelladen dicht gemacht wurde. Polly konnte gerade noch etwas Essbares fürs Abendbrot ergattern, Chandler füllte derweil den Tank auf. In der einfallenden Dämmerung hatten sie hinter dem Dorf Prossers Sommerresidenz in ihrer distanzierten aristokratischen Pracht liegen sehen.
    Im grellen Scheinwerferlicht erkannten sie, dass das Haus zum größten Teil aus gewaltigen grauen Steinen erbaut worden war.
    Es hatte ein Schieferdach, einen dunkelgrünen Holzturm mit Spitzdach auf der rechten Seite und zur Linken einen Seitenflügel von ähnlicher Farbe. Chandler stellte den Wagen unter einem gigantischen Torbogen mit Fallgitter ab. Breite Steinstufen führten zum Eingang. In unregelmäßigen Abständen ragten Kamine aus dem Dach wie Finger, die sich durch ein Gitter in die Freiheit recken. Es erinnerte ihn an den Tod von Orson Welles als Harry Lime in Der dritte Mann.
    Im Scheinwerferlicht joggte Chandler am Haus entlang zum Holzstapel am Schuppen, den Prosser beschrieben hatte. Auf Knien suchte er unter den Scheiten, ertastete zuerst eine Spinne und dann die Schlüssel, die er am Finger baumeln ließ, während er außer Atem zurückrannte. Er schnappte sich die Taschen vom Rücksitz, Polly die Einkäufe. Die Schlüssel fielen ihm nur einmal aus der Hand, bevor die schwere Eichentür aufging.
    211
    »Hier ist es noch kälter als draußen«, bemerkte Polly schnüffelnd. Die Luft in der Diele roch muffig und abgestanden, und es war frostig kalt, weil das Haus schon für den Winter eingemottet war. Chandler sah Pollys Atemwölkchen in der Luft. Er knipste das gräulich düstere Licht an. »Ritter Blaubart und das Geheimnis der sieben Türen«, scherzte sie. »Kommen Sie, peilen wir die Lage.« Schon war sie auf dem Weg zum nächsten Raum, einer riesigen, kalten, hallenden Küche, die anscheinend nur von Vierzig-Watt-Birnen erleuchtet wurde.
    Sicher verbargen sich Monster in den Schatten, zumindest aber Geister. »Was für ein heiteres, gemütliches Fleckchen«, bemerkte sie. »Prosser muss ein heiterer, gemütlicher Mensch sein. Was machen Sie, wenn er Sie übers Wochenende einlädt?«
    »Es ist ein Sommerhaus, unbezahlbar …«
    »Wenn es bloß Sommer wäre!« Sie packte die Lebensmittel aus und machte sich am Herd zu schaffen. Kein Gas. Der Kühlschrank war nicht angeschlossen, doch die Kaffeemaschine funktionierte. Rasch fand sie einen Dosenöffner und setzte Kaffee auf »Zum Glück läuft wenigstens das Wasser. Er muss jemanden haben, der sich um das Haus kümmert.«
    Von Kaffee und Twinkies gestärkt, saßen sie eine
    Viertelstunde später auf dem Boden des Zimmers unterhalb des runden Turms, einer gemütlichen altmodischen Bibliothek mit Bücherregalen an allen Wänden, etlichen niedrigen Tischchen und dick gepolsterten Sesseln. Chandler holte Holz herein, und das Kaminfeuer taute sie auf, machte sie müde und gab ihnen zum ersten Mal seit Tagen ein Gefühl von Geborgenheit.
    Chandler sah von den züngelnden Flammen hoch, weil er ihren Blick spürte. Sie hatte ihren dicken Pullover ausgezogen und die Ärmel der karierten Bluse hochgerollt. Träge lächelnd sagte sie:
    »Jetzt wäre doch der richtige Moment – oder? Es sei denn, Sie hassen mich immer noch, mich und meinen Beruf und meine Ansicht über die Geschichte …« Sie schob ihr dichtes Haar hinter die Ohren

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