Arabellas Geheimnis
nicht wärmen können. In der Hoffnung, einen Beschützer zu finden, hatte sie drei Monate lang das Wachstum ihres Kindes gefährdet, weil sie ihre fülliger werdende Taille geschnürt hatte. Zumindest hatte diese Rowan ihr das gesagt. Es war nicht Rosalyns Absicht gewesen, einem unschuldigen Baby etwas anzutun, und sie würde ihr Kind sicher nicht der Wut Ivans aussetzen.
Sie nickte und schlang die Arme um sich, um sich vor der Kälte zu schützen. Ihre mit Juwelen besetzten Ärmel drückten sich in ihre Handflächen.
„Ich werde dafür sorgen, dass niemand etwas von unserer Verbindung erfährt.“
„Ausgezeichnet. In London können wir nicht zuschlagen. Das ist zu gefährlich. Aber wir haben vernommen, das Rowan-Mädchen wird nach Norden reiten.“
„Das ist wohl richtig.“ Obwohl sie voller Neid auf Arabella war, fühlte Rosalyn sich nicht wohl bei dem Gedanken, ihr könnte etwas zustoßen. Arabella hatte ihr Kräuter gegen ihre Übelkeit gegeben, und noch nicht einmal etwas dafür verlangt. Die Geste erschien ihr ungewohnt freundlich. Rosalyn hätte nie geglaubt, dass sie einmal so ein weiches Herz haben könnte, doch etwas, das mit dem wachsenden Leben in ihr zusammenhing, hatte ihre Ansichten verändert.
„Wir warten ab und werden dort zuschlagen.“ Ivan zog sich die Kapuze tiefer ins Gesicht, als ein Händler sich näherte. Er griff in seinen Karren, gab Rosalyn aus seinem Warenangebot ein Stück Spitze und hob die Stimme, sodass jeder, der vorbeikam, ihn hören konnte. „Bis zum nächsten Mal. Gott schütze Eure Ladyschaft an Eurem Hochzeitstag.“
Dankbar, dass das unerfreuliche Treffen ein Ende hatte, entriss Rosalyn ihm die Spitze. Ihr neuer Ehemann würde sich sicher schon wundern, wo sie blieb. Obwohl es ihm an feinen Manieren fehlte und trotz seines rauen Akzents fürchtete sie, bereits so etwas wie ein zärtliches Gefühl für diesen Mann zu hegen, der sie als Gattin akzeptierte, was nur wenige getan hätten. Mit ihrem endgültigen Urteil wollte sie noch warten, bis sie herausgefunden hatte, ob er sie schlagen oder ihr das Leben auf andere Weise schwer machen würde. Aber als sie jetzt den Wohnturm betrat, erwachte in ihr zum ersten Mal seit vielen Jahren ein klein wenig Hoffnung auf eine bessere Zukunft.
So lange sie nur fortfuhr, Ivan Litsen mit den Antworten zu füttern, nach denen er verlangte, würde sie doch noch das Glück kennenlernen. Sie betete nur, Tristan möge nie das Ausmaß ihres Verrats Arabella gegenüber erfahren.
In dem Dorf, in dessen Nähe Arabella aufgewachsen war, wurden die Hochzeiten in Gegenwart beider Familien gefeiert. Geschenke wurden ausgetauscht. Eine Ziege vom Brautvater oder ein in Ehren gehaltener Krug vom Onkel des Bräutigams wechselte begleitet von vielen guten Wünschen den Besitzer. Nachdem sie solche einfachen, aber herzlichen Zeremonien mit geliebten Mitmenschen erlebt hatte, fiel es Arabella nicht leicht, sich über eine Hochzeit zu freuen, von der ihre Familie noch nicht einmal etwas wusste.
Die kleine Privatkapelle von Windsor wurde vom warmen, flackernden Licht Hunderter Kerzen erhellt, und der schlichte Altar war mit glänzendem grünem Efeu geschmückt. Wenn Arabella bereit gewesen wäre für die Ehe, hätte sie diesen Platz für einen schönen Ort zum Heiraten gehalten. Sicher war er der hoch aufragenden Westminster Abbey vorzuziehen, wo der König und Prinzessin Anne einander ehelichen würden.
Doch die ihr bevorstehende Feierlichkeit war ihr nicht willkommen. Oh, sie wusste es zu schätzen, dass Tristan aus Ritterlichkeit seinem König gegenüber versicherte, Arabella würde dem Volk von Britannien nicht durch böse Zauberkünste schaden. Er hatte noble Worte über ihre Heilkunst gesagt. Feinfühlige Worte. Doch von Liebe zwischen ihnen war nicht die Rede gewesen. Es hatte keine Erklärung darüber gegeben, was Elizabeth ihm bedeutete, kein Wort darüber, ob er immer noch mit Simon in stillen Ecken Pläne darüber schmiedete, welche Frauen sie in ihre Betten locken wollten.
Arabella hatte immer gedacht, sie würde einen Mann heiraten, der nur ihr zugetan wäre. Einen Mann, der glaubte, dass Ehe und Liebe sich nicht ausschlossen. Ihre Erziehung mochte unkonventionell gewesen sein, doch die Frauen der Rowans heirateten nur aus Liebe. Sie erwählten sich die Männer. Noch nie hatten andere die Ehepartner für sie bestimmt.
„Du musst nicht aufgeregt sein, Arabella.“ Maria wich nicht von ihrer Seite und zupfte an der cremefarbenen
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