Arabellas Geheimnis
ihr eigenes kleines Gebet. Sie betete darum zu lernen, eine gute Ehe mit Tristan zu führen, ganz gleich, ob er vielleicht eine andere Frau liebte oder dass er Arabella nicht freiwillig zur Gattin gewählt hatte. Sie wollte ihm eine gute Frau sein. Vielleicht würde er ihr dann eines Tages erlauben, nach Böhmen zu reisen und wenn auch nur für eine kurze Zeit.
Bald legte sich ihr die welke Hand des Priesters auf die Schulter und ermunterte sie, Tristan anzublicken. Im Schimmer des Kerzenlichts waren seine Augen unergründlich.
Tristan griff nach Arabellas Händen und hielt sie in seinen eigenen, obwohl sie sich nicht erinnerte, dass der Priester ihn dazu aufgefordert hätte. Seine Hände fühlten sich warm an und ein wenig rau, als seine Daumen jetzt zart über Arabellas Handflächen streichelten. Die Geste ließ ihr einen Schauer über den Rücken laufen, und sie erinnerte sich lebhaft daran, wie empfänglich sie für seine Berührungen war. Der Himmel möge ihr helfen. Wenn dieser Mann so leicht tief in ihrem Innern eine Saite zum Klingen bringen konnte, musste sie sehr auf ihr Herz aufpassen. Mit ihrer Leidenschaft, die so dicht unter der Oberfläche loderte, würde es nur zu einfach sein, sich in seinen Berührungen zu verlieren, zu glauben, dass er eines Tag doch etwas für sie empfinden könnte.
Und jetzt sah der Priester sie an, und Tristan ebenfalls, als würden sie eine Antwort erwarten …
„Ich will“, gelang es ihr zu flüstern, und sie glaubte zu fühlen, wie Tristan ihre Hände drückte.
Arabella nahm nichts mehr von der Feierlichkeit wahr. Sie konnte nur noch an Tristans Hände denken und an den Kampf, den sie in seinem Bett würde führen müssen, um nicht ihre Beherrschung zu verlieren.
Nachdem die kurze Messe vorüber war, bat der Priester das Paar sich umzudrehen, damit es seine Gäste begrüßte.
„Der Earl und die Countess of Ravenmoor.“ Seine Worte bewegten Arabella.
Jetzt war ihr Leben unwiderruflich mit dem Tristans verbunden.
Während die kleine Gesellschaft applaudierte, versuchte Arabella Tristan ihre Hand zu entziehen. Aber anstatt sie loszulassen, drückte er Arabella fest an sich. Die plötzliche Nähe seines Körpers ließ sie alles um sich herum vergessen. Er senkte seinen Mund auf den ihren, nutzte den Vorteil ihrer geöffneten Lippen und küsste sie leidenschaftlich.
Arabella wurden die Knie weich, sie schwankte und klammerte sich an seine Houppelande, um das Gleichgewicht zu halten. Doch der Kuss endete genauso plötzlich, wie er begonnen hatte.
Blinzelnd versuchte sie wieder einen klaren Kopf zu bekommen, während Tristan ging, um den König zu begrüßen.
Maria und die Prinzessin griffen gleichzeitig nach Arabella und begleiteten sie lachend von der Privatkapelle in den Wohnturm.
Die Prinzessin umarmte Arabella und schluchzte ein wenig vor Rührung. „Ihr seid ein so schönes Paar.“
„Und Tristan ist so galant, Arabella. Er nahm deine Hand so zärtlich …“
„Zu Tisch!“, rief der König aus und winkte die Gesellschaft zu einem kleineren Saal, wo sich die Schragentische unter der Last von kaltem Fleisch, Käse, getrockneten Früchte und Bier bogen.
Arabella versuchte mehrere Male mit Maria über ihre Befürchtungen hinsichtlich Simon Percivals zu sprechen, doch ein Gratulant nach dem anderen unterbrach ihre Bemühungen. Die Gesellschaft hielt sich zwischen der Kapelle und dem Empfangssaal auf, als Rosalyn de Clair und ihr Gatte Sir Henry zusammen mit Gästen ihrer eigenen Hochzeitsgesellschaft zu ihr stieß. Und Arabella hieß nun an die hundert Personen willkommen.
Gelegentlich warf sie Tristan einen Blick zu. Für einen Mann, der gerade zur Ehe gezwungen worden war, schien er guter Laune zu sein. Aber Arabella vermutete, dass er eher seinen neuen Reichtum feierte als die ihm aufgebürdete Ehefrau. Vielleicht nahm er ja die Hochzeit auch nicht so schwer, denn er würde so viel Freiheit besitzen wie eh und je. Außerdem waren die Gesetze seines Landes – und auch die des ihren – so sehr zugunsten der Männer abgefasst, dass sie würde bei ihm bleiben müssen, ganz gleich, wie er sie behandelte.
Ihre Gedanken nahmen eine unglückliche Richtung. Arabella zog sich von der Gesellschaft zurück, um etwas frische Luft zu schnappen. Sie schlüpfte hinter einer Gruppe von Gästen vorbei, die erstaunlicherweise bereits betrunken zu sein schienen. Dabei hatte das Fest doch gerade erst begonnen. Unbemerkt huschte sie in den von einem niedrigen Gewölbe
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