Arabellas Geheimnis
mit der anderen Frau, der dein Herz gehört?“ Seit dem letzten Mal, als er kurz nach ihrer Hochzeit dieser Frage ausgewichen war, hatte sie dieses Thema ruhen lassen. „Was ist mit Elizabeth, nach der du riefst, als du gegen das Fieber kämpftest, das du wegen deiner Verwundung hattest?“
Arabella schwankte. Die Versuchung, ihm nachzugeben, wärmte sie trotz der eisigen Luft. Sie hatte sich inzwischen an die Dunkelheit gewöhnt, und sie erblickte etwas in seinem Gesichtsausdruck, das sie besänftigte. In seinen Augen war ein Schimmer zu erkennen, der nicht vom Verlangen nach einer anderen Frau sprach.
„Ich machte ihr in meiner Jugend in Frankreich den Hof. Ihr Vater war ein ortsansässiger Baron, ein Diplomat, der sich gelegentlich mit dem Schwarzen Prinzen traf.“ Er zuckte die Achseln, unsicher, wie er die Bedeutung dieser Frau beschreiben sollte. „Sie machte mir Avancen, heute weiß ich das. Damals schätzte ich mich glücklich, ihre Aufmerksamkeit zu erregen. Doch sie benutzte mich nur, um einen anderen Mann eifersüchtig zu machen. Schließlich schloss sie eine gewinnbringende Ehe mit einem anderen Mann. Dabei wollte ich sie heiraten.“
Arabella dachte über seine Worte nach und darüber, wie eine solche Beleidigung auf einen Mann wirken mochte, der sein ganzes Leben lang um seines Stolzes und seiner Ehre willen gekämpft hatte. Sie erinnerte sich an seine Rücksichtnahme dem Boten gegenüber, den sie auf dem Weg nach Ravenmoor getroffen hatten. Wie er den Stolz des Jungen nicht verletzen wollte, während er ihm seine Hilfe anbot. Zweifellos hatte Elizabeths Zurückweisung dazu beigetragen, Tristan nicht mehr an Gefühle glauben zu lassen.
„Aber liegt dir immer noch etwas an ihr?“ Der Wind blies von der See her nach Osten, und Arabella wickelte sich fester in ihren Mantel.
„Nein. Ich kann dir nicht erklären, warum ich ihren Namen rief, als ich im Fieberwahn lag. Ihretwegen habe ich lange jede Möglichkeit zu heiraten abgelehnt, die sich mir bot.“
Oder Liebe.
„Für eine Frau, die mit vielen Präsenten und viel Reichtum aufwächst, ist Ehre vielleicht ein abgenutzter Begriff. Aber ich wurde gelehrt, dass der Name meiner Familie das wichtigste Geschenk ist, das ich erhalten kann. Und ich würde es nicht durch unrechtes Tun entehren.“ Sie wusste nicht, ob er verstand, was sie meinte, doch ihre Zeit am böhmischen Hof hatte sie begreifen lassen, dass sie den Wert der Dinge auf eine ganz andere Art schätzte als die anderen Damen im Gefolge. „Nie würde ich schlechtes Benehmen gutheißen.“
„Das erkenne ich jetzt auch. Aber mein Blick war durch unsere erste Begegnung in diesem Eichenring getrübt. Ich konnte diese Frau nicht mit der in Einklang bringen, zu der du im Gefolge der Prinzessin wurdest.“ Er hob ihre Kerze aus dem Schnee auf und führte Arabella zum Wohnturm. „Aber verrate mir, Arabella, erschien es dir nie eigenartig, dass deine Familie dich lehrte, euren Namen in Ehren zu halten, obgleich du doch den Namen deiner Mutter trägst und nicht den deines Vaters? Er ist es doch, der von einer edlen Familie abstammt, nicht wahr?“
„Ja, aber …“ Sie schlüpfte unter seinem Arm hindurch, während er die Tür zum Wohnturm für sie öffnete. Sie hatte kaum Zeit gehabt, sich über die Nachricht zu freuen, dass er ihrer Ehe eine Chance geben wollte, da lenkte er ihr Gespräch auch schon wieder zurück auf sie und ihre Herkunft. „Meine Großmutter schwört, dass die Rowans ein altes Geschlecht sind, und dass unsere Vorfahren zu den Hügeln gehören wie die königliche Familie zum Volk gehört. Ich vermute, sie sagte das, um in einem kleinen, von seinem Vater verlassenen Mädchen den Stolz zu wecken. Aber ich bin mir nicht sicher.“
Jetzt, da es nicht mehr möglich war, gab es so vieles, das sie Zaharia gerne gefragt hätte. Aber Arabella hätte auch nie geglaubt, dass sie sich so sehr verändern würde, wie sie es in den letzten paar Monaten getan hatte.
„Ich meine, du kannst dich wirklich glücklich schätzen, dass du die Unterstützung einer so weisen Ratgeberin genießen durftest.“ Bevor sie den Weg zur Küche einschlagen konnte, um Tristan die Vorratsräume zu zeigen, die er doch inspizieren wollte, schlang er den Arm um ihre Taille. „Und ich schätze mich selbst glücklich, dich zur Frau zu haben. Vielleicht können die Vorratsräume der Küche bis zur Morgendämmerung warten.“
Er zog ihr den Mantel von den Schultern und warf ihn auf eine Bank in der
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